Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Landkreis bittet Bundeswehr um Hilfe
Corona-Ausbruch in Ehinger Flüchtlingsheime – ADK Klinikum in Wartestellung
EHINGEN (tg/rau) - Wegen immer mehr Corona-Fällen ist die Region immer mehr in Alarmbereitschaft. Hinzu kommen seit Montag neue Regelungen, die das Land verhängt hat. Das zieht Veränderungen etwa beim Alb-Donau-Klinikum in Ehingen mit sich, auch die Stadt Ehingen bereitet sich auf die neuen Regelungen vor. Nicht anders sieht es im Landratsamt aus. Dort hat sich der Arbeitsaufwand aufgrund der steigenden Zahlen stark erhöht. Aus diesem Grund hat der Landrat des Alb-Donau-Kreises Heiner Scheffold am vergangenen Freitag die Ausrufung der höchsten Stufe des Landratsamt-internen Personalstufenkonzepts angeordnet (die SZ berichtete). Auch die Bundeswehr soll jetzt helfen, außerdem denkbar: Sperrstunden.
Da sich die Kontaktpersonennachverfolgung immer aufwändiger gestaltet, reicht diese Maßnahme nicht aus, um den aktuellen Personalbedarf des Gesundheitsamtes zu decken. Um die Nachverfolgung und die frühzeitige Unterbrechung von Infektionsketten im Alb-DonauKreis und im Stadtkreis Ulm weiterhin sicherzustellen, hat der Erste Landesbeamte Markus Möller am Montag einen Antrag auf Hilfeleistung
durch die Bundeswehr für das Gebiet des Alb-Donau-Kreises und die Stadt Ulm gestellt.
Möller erklärt: „Ich erhoffe mir durch die Unterstützung der Bundeswehr eine spürbare Entlastung unserer personellen Ressourcen. Gleichzeitig sollen die zusätzlichen Kräfte gewährleisten, dass wir das Infektionsgeschehen trotz seiner hohen Dynamik präzise nachvollziehen und der Ausbreitung des Coronavirus effizient entgegenwirken können.“Er veranschaulichte: Oftmals müssten im Falle einer infizierten Person bis zu 100 Kontaktpersonen angerufen werden. Ein einziger solcher Anruf dauere zwischen 30 und 60 Minuten. Dieser Aufwand sei ohne personelle Unterstützung, wie man sie sich nun von der Bundeswehr erhofft, nicht mehr allein zu bewältigen.
Der Antrag auf Hilfeleistung wurde an das Regierungspräsidium Tübingen weitergeleitet. Von dort geht er über das Landesinnenministerium an die Bundeswehr.
Auf diese Weise soll der Fachdienst Gesundheit durch Soldatinnen und Soldaten insbesondere bei der Kontaktpersonennachverfolgung sowie weiteren Aufgaben in der Identifizierung von und Kommunikation mit Verdachts- und Indexfällen unterstützt werden.
Situation am Alb-Donau-Klinikum: Nach der dritten Pandemiestufe sind die Kliniken angehalten, nun wieder planbare Operationen stufenweise zurückzustellen. Für das AlbDonau-Klinikum sind hier aktuell viele Punkte noch nicht klar genug kommuniziert. „In der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg selbst steht dazu kein einziger Satz. Wir warten daher ab, was uns unser Trägerverbund mitteilt und verfolgen gleichzeitig auch mögliche Änderungen der speziellen Corona-Verordnung für die Krankenhäuser. In den nächsten Tagen wird hoffentlich klarer, wie das Land sich das konkret vorstellt“, erklärt Pressesprecherin Daniela Rieker.
Es gibt aber die Bitte des Sozialministeriums, in Anbetracht der jeweiligen Infektionslage bedarfsgerecht mit Blick auf die freigehaltenen Intensivund Beatmungskapazitäten zu reagieren. „Das machen wir ohnehin schon die ganze Zeit. Wir beobachten die Entwicklung der Fallzahlen unserer Region seit Monaten genau. Da Krankenhauseinweisungen oder die Notwendigkeit einer Intensivbehandlung mit einer zeitlichen Verzögerung kommen, haben wir bei einem deutlichen Anstieg an Fällen noch genug Reaktionszeit. Wir können innerhalb weniger Stunden bei Bedarf die zusätzlichen Intensivbetten
in Betrieb nehmen oder eine Isolierstation aufbauen, wenn die Infektionslage sich entsprechend entwickelt. Aktuell haben wir keinen Covid-19-Patienten auf der Intensivstation“, so Rieker.
Wie es aktuell bei den kreiseigenen Fitnessstudios aussieht, beantwortet die Sprecherin so: „ In der geltenden Corona-Verordnung gibt es dazu noch keine Neuregelungen. Die spezielle Verordnung des Kultusministeriums und des Sozialministeriums über die Sportausübung (Coronaverordnung Sport) wurde noch nicht aktualisiert. Daher beraten wir derzeit gemeinsam mit unserem Hygienearzt das weitere Vorgehen.“Aktuell, so Rieker, gebe es weiterhin im Ehinger Alb-Donau-Klinikum keinen an Covid-19 erkrankten Patienten auf der Intensivstation. Laut der Übersicht der Internetseite Intensivregister, sind zudem im Gebiet der Stadt Ulm drei an Covid-19 erkrankten Patienten auf einer Intensivstation, zwei davon müssen invasiv beatmet werden.
Was der Kreis plant: Markus Möller, der Stellvertreter von Landrat Heiner Scheffold, bezeichnete die Entwicklung der Corona-Zahlen als „wirkliches Problem“. Am Montag seien 42 „Ausbruchsgeschehen“im Alb-Donau-Kreis bekannt gewesen. Von Ausbruchsgeschehen wird gesprochen, sobald in einer Einrichtung mehr als zwei Fälle registriert werden. Das Virus sei in der Breite der Bevölkerung angekommen und die Situation „ernst“, so Möller. Eine Priorität müsse nun darauf liegen, zu verhindern, dass sich weitere Menschen anstecken, die zur besonders gefährdeten Risikogruppe gehören; Bewohner in Pflegeheimen zum Beispiel. Mittlerweile liegt der Inzidenzwert – die Zahl der Ansteckungen an den zurückliegenden sieben Tagen auf umgerechnet 100 000 Bürger – im Alb-Donau-Kreis bei über 70. Dies sei ein „hoher“Wert, so Möller. Zuständig ist das unterm Dach des Landratsamtes angesiedelte Gesundheitsamt auch für die Stadt Ulm. Der Inzidenzwert dort liegt unter dem im Alb-Donau-Kreis. Um neue Ansteckungen zu verhindern, könnte auch eine Sperrstunde ausgerufen werden, so Möller, der sich darüber aber noch mit der Stadt Ulm beraten will. Woher die neuen Ansteckungen zurückzuführen sind? Laut Möller vor allem auf „private Feiern“. Diese seien oft der Ausgangspunkt neuer Infektionsketten.