Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ritt auf der Rasierklinge
Die Furcht vor zu hoher Belastung eint den Handball
KIEL (SID) - Der Hilferuf Filip Jichas angesichts des waghalsigen Pensums in seiner Sportart war nicht zu überhören. „Wir brauchen das, damit der Handball überlebt“, sagte der Trainer des THW Kiel am Rande des Derbys gegen die SG Flensburg-Handewitt im NDR-Fernsehen: „Aber wir müssen auf der anderen Seite schauen, dass unsere Spieler überleben.“Gerade einmal drei Wochen ist die neue Saison alt, da schrillen im Handball schon die Alarmglocken. Selbst das filmreife Comeback von Kiels Torhüter Niklas Landin (18 Paraden nach Meniskusoperation) beim 29:21-Erfolg am Sonntag gegen Flensburg kann das Problem nicht verschleiern: Die Liga geht mit ihren vielen verletzten und angeschlagenen Spielern am Stock, die Clubs ächzen unter der immensen Belastung.
„Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge, das wissen wir auch“, sagte Flensburgs Trainer Maik Machulla. Es gebe schon jetzt einige Spieler, schob der Meistercoach von 2018 und 2019 nach, bei denen „die Belastung schon wieder extrem ist.“Machulla weiß genau: Die selbst für den Handball beispiellose Terminhatz hat gerade erst begonnen. Allein bis Ende Januar drohen den Topspielern bis zu 40 Spiele.
Fast zwangsläufig gerät bei dieser Diskussion auch die Nationalmannschaft mit Bundestrainer Alfred Gislason ins Blickfeld. Anfang November stehen zwei Spiele in der EM-Qualifikation gegen Bosnien und in Estland auf dem Plan, im Januar soll die WM in Ägypten mit bis zu neun Spielen in 16 Tagen folgen. „Wir wussten nach dieser langen Pause, dass es knüppelhart wird, wenn es losgeht“, sagte Gislason. Es dürfe auf einigen Positionen, etwa dem Kreis, wo momentan zwei seiner vier Stammspieler verletzt ausfallen, nicht mehr viel passieren.
Neben dem Verletzungsrisiko bereitet die weltweit alarmierende Corona-Situation Kopfschmerzen. Wie im Fußball werden seitens der Clubs Stimmen laut, die nach Abstellung ihrer Nationalspieler Quarantänezeiten befürchten. „Wir haben vier Tage später das nächste Bundesligaspiel. Da muss klar sein, dass unsere Spieler nicht in Quarantäne müssen“, sagte THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi. Wenn die Voraussetzungen stimmen, werde man die Spieler abstellen, so der Österreicher: „Wenn nicht, dann werden wir alles, was in unserer Macht steht, dafür tun, dass wir unsere Spieler nicht in eine gefährliche Situation bringen.“Schwierige Zeiten ...