Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Hosen verboten
Vor 14 Jahren machte sich die Welt über ein unschuldiges Maskottchen namens Goleo lustig, weil es keine Hose trug. Heute weiß man: Der DFB konnte sich eben keine leisten für den Löwen, er musste alles Geld für seine Fußball-WM nach Katar überweisen. Und doch zeigt das Beispiel: Ohne Hose wird man nicht für voll genommen, Politikerinnen, die schon mal im Latexkleid zur Arbeit gingen, wissen: Sie müssen (die) Hosen anhaben, um für voll genommen zu werden.
Vor 50 Jahren war das anders, da sorgte Lenelotte von Bothmer (SPD) für einen enormen Skandal im Bundestag. Die 54-jährige Mutter von sechs Kindern, eine frühere Lehrerin, hatte sich doch tatsächlich getraut, im Hosenanzug ans Pult zu treten – auch, um Bundestags-Vize Richard Jaeger zu provozieren, der gewarnt hatte, er werde nie erlauben, dass eine Frau in Hose im Plenum spreche. Nun: Die Zeit war offenbar nicht reif für Frauen in Hosen. In Schmähbriefen und von Kollegen wurde von Bothmer, eine von 34 Frauen im 518er-Parlament, als „würdeloses Weib“und als Hexe bezeichnet, und hätte es in Bonn einen Scheiterhaufen
gegeben, man(n) hätte an der Friedenspolitikerin wohl in schlechter mittelalterlicher Manier ein feuriges Exempel statuiert. „Dabei konnte ich doch angezogener gar nicht sein“, sagte von Bothmer.
Es war eine andere Zeit. Heute sind Minister in Turnschuhen Usus, der Mann von Welt trägt Rock, und bei manch einer Influencerin wäre man schon froh, sie trüge überhaupt etwas unter ihrem Mundschutz. Und Goleo? Der würde 2020 als Bote für den Klimawandel werben. (zak)
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