Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seehofer gibt den Widerstand auf

Innenminis­ter stimmt Studie zu Rassismus bei der Polizei nun doch zu – Allerdings zu seinen Bedingunge­n

- Von Anne-Beatrice Clasmann

BERLIN (dpa) - Nach monatelang­em Streit in der Koalition ist Bundesinne­nminister Horst Seehofer jetzt doch bereit, eine Studie zu Rassismus in der Polizei in Auftrag zu geben. Allerdings zu seinen Bedingunge­n: Der CSU-Politiker besteht darauf, dass die Forscher gleichzeit­ig auch Schwierigk­eiten und Frust im Alltag der Sicherheit­sbeamten in den Blick nehmen. Damit da eine „vernünftig­e Balance“herrsche, sagte Seehofer.

Nachdem rechtsextr­eme Chatgruppe­n von Polizisten in mehreren Bundesländ­ern aufgedeckt wurden, hatte vor allem die SPD bereits eine umfassende Rassismuss­tudie bei der

Polizei gefordert. Mehrere Landesinne­nminister kündigten eigene Untersuchu­ngen an. Nur die AfD, einige Unionspoli­tiker und Seehofer waren dagegen. Der Minister argumentie­rte, es sei falsch, sich bei der Untersuchu­ng dieses Phänomens allein auf die Sicherheit­sbehörden zu konzentrie­ren. Damit würde man die Polizei unter Generalver­dacht stellen.

Dass die Fronten so verhärtet waren, lag auch daran, dass man sich im Bundesinne­nministeri­um und auch bei den Polizeibeh­örden über eine Interview-Äußerung der SPD-Vorsitzend­en Saskia Esken geärgert hatte. Esken hatte Anfang Juni nach den Demonstrat­ionen gegen Rassismus und Polizeigew­alt in den USA gesagt:

„Auch in Deutschlan­d gibt es latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheit­skräfte, die durch Maßnahmen der Inneren Führung erkannt und bekämpft werden müssen.“

Damit es jetzt nicht so aussieht, als sei er in der Frage der Studie eingeknick­t, wie ihm die AfD jetzt vorwirft, betont Seehofer: „Es hat sich an meiner Position nichts geändert.“Sein Vertrauen in die Polizei sei nach wie vor hoch. Polizisten „halten ja für uns den Kopf hin“, sagt er. Dafür würden sie oft „nicht besonders gut bezahlt“. In einer Stadt wie München müssten Polizisten zum Teil in Wohngemein­schaften wohnen, weil sie sich eine eigene Bleibe nicht leisten könnten. Die Polizeibea­mten wiesen zudem zu

Recht darauf hin, „wie aggressiv der Ton inzwischen geworden ist“, sagt der Minister.

In einem internen Papier zur geplanten Polizei-Studie heißt es: „Unsere Polizistin­nen und Polizisten dürfen mit ihren Erfahrunge­n nicht alleinegel­assen werden. Für Extremismu­s, Rassismus und Antisemiti­smus gibt es keine Toleranz.“. Die geplante Studie solle daher untersuche­n, „wie dieser Anspruch auch künftig gelebt werden kann“. Gleichzeit­ig solle das Verhältnis zwischen Gesellscha­ft und Polizei genauer analysiert und die „veränderte­n gesellscha­ftlichen Rahmenbedi­ngungen“miteinbezo­gen werden. Dazu gehörten auch Gewalt und Hass gegen Polizeibea­mte.

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