Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Seehofer gibt den Widerstand auf
Innenminister stimmt Studie zu Rassismus bei der Polizei nun doch zu – Allerdings zu seinen Bedingungen
BERLIN (dpa) - Nach monatelangem Streit in der Koalition ist Bundesinnenminister Horst Seehofer jetzt doch bereit, eine Studie zu Rassismus in der Polizei in Auftrag zu geben. Allerdings zu seinen Bedingungen: Der CSU-Politiker besteht darauf, dass die Forscher gleichzeitig auch Schwierigkeiten und Frust im Alltag der Sicherheitsbeamten in den Blick nehmen. Damit da eine „vernünftige Balance“herrsche, sagte Seehofer.
Nachdem rechtsextreme Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern aufgedeckt wurden, hatte vor allem die SPD bereits eine umfassende Rassismusstudie bei der
Polizei gefordert. Mehrere Landesinnenminister kündigten eigene Untersuchungen an. Nur die AfD, einige Unionspolitiker und Seehofer waren dagegen. Der Minister argumentierte, es sei falsch, sich bei der Untersuchung dieses Phänomens allein auf die Sicherheitsbehörden zu konzentrieren. Damit würde man die Polizei unter Generalverdacht stellen.
Dass die Fronten so verhärtet waren, lag auch daran, dass man sich im Bundesinnenministerium und auch bei den Polizeibehörden über eine Interview-Äußerung der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken geärgert hatte. Esken hatte Anfang Juni nach den Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA gesagt:
„Auch in Deutschland gibt es latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte, die durch Maßnahmen der Inneren Führung erkannt und bekämpft werden müssen.“
Damit es jetzt nicht so aussieht, als sei er in der Frage der Studie eingeknickt, wie ihm die AfD jetzt vorwirft, betont Seehofer: „Es hat sich an meiner Position nichts geändert.“Sein Vertrauen in die Polizei sei nach wie vor hoch. Polizisten „halten ja für uns den Kopf hin“, sagt er. Dafür würden sie oft „nicht besonders gut bezahlt“. In einer Stadt wie München müssten Polizisten zum Teil in Wohngemeinschaften wohnen, weil sie sich eine eigene Bleibe nicht leisten könnten. Die Polizeibeamten wiesen zudem zu
Recht darauf hin, „wie aggressiv der Ton inzwischen geworden ist“, sagt der Minister.
In einem internen Papier zur geplanten Polizei-Studie heißt es: „Unsere Polizistinnen und Polizisten dürfen mit ihren Erfahrungen nicht alleinegelassen werden. Für Extremismus, Rassismus und Antisemitismus gibt es keine Toleranz.“. Die geplante Studie solle daher untersuchen, „wie dieser Anspruch auch künftig gelebt werden kann“. Gleichzeitig solle das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Polizei genauer analysiert und die „veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen“miteinbezogen werden. Dazu gehörten auch Gewalt und Hass gegen Polizeibeamte.