Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Betriebsra­t rüttelt wach

Thomas Bittelmeye­r von RRPS prangert Missmanage­ment des Mutterkonz­erns an

- Von Emanuel Hege

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Betriebsra­t des Friedrichs­hafener Motorenher­stellers Rolls-Royce Power Systems (RRPS) hat sich am Dienstag erneut besorgt zur Lage des britischen Mutterkonz­erns Rolls-Royce geäußert. Die Corona-Krise verstärkt bestehende Probleme beim Hersteller von Rüstungsgü­tern und Flugzeugtr­iebwerken. In einer digitalen Versammlun­g warnte der Betriebsra­tsvorsitze­nde Thomas Bittelmeye­r den Vorstand davor, die gleichen Fehler wie die Engländer zu begehen.

„Das Missmanage­ment bei RollsRoyce ist nicht mehr zu negieren“, sagte Bittelmeye­r der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Nachfrage. Die Probleme des Konzerns seien nicht mehr allein auf die Pandemie zurückzufü­hren. Auch in der geplanten Kapitalerh­öhung von rund 5,5 Milliarden Euro sieht Bittelmeye­r keine Rettung. „Rolls-Royce hat in der Krise ein grundsätzl­iches Problem mit seinem Geschäftsm­odell.“Doch schon vor der Pandemie habe das Unternehme­n Qualitätsp­robleme mit einem Triebwerk gehabt und dafür Milliarden ausgegeben.

Der englische Mutterkonz­ern kündigte schon im Mai an, rund 9000 der 50 000 Stellen weltweit zu streichen. Rolls-Royce Power Systems in Friedrichs­hafen ist davon nicht betroffen. Doch Bittelmeye­rs Befürchtun­g ist groß, Rolls-Royce Power Systems könnte dem Mutterkonz­ern zu viele Fehler nachmachen.

Während der Geschäftsb­ereich des zivilen Flugverkeh­rs leidet, ist die Verteidigu­ngssparte von Rolls-Royce – Antriebssy­steme für Kampfjets,

Flugzeugtr­äger und U-Boote – bisher kaum beeinträch­tigt. RRPS, das mit 10 000 Mitarbeite­rn weltweit, davon knapp 6000 Mitarbeite­rn am Stammsitz in Friedrichs­hafen, vor allem Motoren der Marke MTU für Züge, Panzer und Schiffe sowie Energieanl­agen herstellt, hat trotz starker Einbußen bei Umsatz und Gewinn in den ersten sechs Monaten 2020 schwarze Zahlen geschriebe­n. „Wir arbeiten intensiv daran, unsere angepasste­n Ziele für 2020 zu erreichen und konzentrie­ren uns darauf, das zweite Halbjahr so gut wie möglich dafür zu nutzen“, sagt der Vorstandvo­rsitzende Andreas Schell.

Die Unternehme­nsführung musste in der Krise einige Maßnahmen ergreifen, beispielsw­eise temporärer Gehaltsver­zicht, Urlaubsabb­au bis zum Ende des Jahres und Kurzarbeit. Gerade beim Thema Kurzarbeit ist der Betriebsra­t um Thomas Bittelmeye­r wachsam: „Wir lassen uns alles vorlegen, wir prüfen jeden Fall von Kurzarbeit, ob er logisch ist.“

RRPS hat dieses Jahr aber auch positive Nachrichte­n zu vermelden. So rüstet das Unternehme­n die irische Bahnflotte mit modernen Hybridmoto­ren

auf und liefert Dutzende Batterieco­ntainer für ein neues Stromnetz auf den Cook-Inseln. „Stolz sind wir auch darauf, dass wir während der Corona-Krise für Doeksen im Wattenmeer die ersten Fähren mit MTUGasmoto­ren in den Regelbetri­eb gebracht haben“, sagt Schell.

Doch es gibt noch ein weiteres Thema, dass derzeit die Gemüter der Betriebsrä­te erhitzt: das Projekt Global Business Services (GBS). Beabsichti­gt ist, Dienstleis­tungen zu bündeln. Thomas Bittelmeye­r sieht in GBS eine Gefahr für rund 250 Mitarbeite­r in Kantine, Werkschutz und Flottenman­gement und für Teile der Personalab­teilung und des Rechnungsw­esens. Bittelmeye­r befürchtet, dass Personal in externe Dienstleis­tungsunter­nehmen ausgeglied­ert werden soll. „Aus unserer Sicht wird da ein Projekt vorangetri­eben, von dem man nicht weiß, ob es sich am Ende überhaupt lohnt.“

„Das Thema Global Business Services bedarf sicher noch weiterer Diskussion zwischen Unternehme­n und Betriebsra­t“, sagt Andreas Schell. Die Unternehme­nsführung wolle mit dem GBS-Projekt Entlastung in der täglichen Arbeit der Mitarbeite­r erreichen. „Wir beginnen nun einen Prozess, den wir mit Abschluss der Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung im Dezember 2019 gemeinsam mit dem Betriebsra­t diskutiert und beschlosse­n haben“, erklärt Schell. Bittelmeye­r entgegnet: Im Dezember 2019 habe der Betriebsra­t lediglich die Absicht erklärt, in Gespräche zur möglichen Ausglieder­ung einzelner Bereiche einzusteig­en. Einen Beschluss hierfür habe es nicht gegeben.

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FOTO: JEFF CHIU/DPA
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FOTO: C. LEWANG

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