Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ulmer Forscher finden heraus, wie der Körper gegen Corona kämpft
(heo/sz) Eine Zelle ist dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) nicht völlig schutzlos ausgeliefert. Um sich gegen den Erreger zu wehren, stellt sie antivirale Faktoren her, die sich zum Beispiel an das Erbgut des Virus anheften und es zerschneiden. Solche Verteidigungsmechanismen könnten nach Einschätzung des Ulmer Universitätsklinikums eine Rolle bei neuen Covid-19-Therapien spielen. Derzeit werden in der Uniklinik elf Menschen wegen Covid-19 behandelt, im Bundeswehrkrankenhaus nur einer. Davon drei auf der Intensivstation, künstlich beamtet werden müsse derzeit nur einer. Jetzt haben Forschende aus Virologie und Mikrobiologie der Ulmer Universitätsmedizin um Professor Frank Kirchhoff „einen vielversprechenden zellulären Faktor“charakterisiert. Gemeinsam mit Kollegen des Londoner King’s College beschreiben sie die Effekte der Verteidigungsstrategie (ZAP) im Fachjournal M-Bio. Mit einer derartigen antiviralen Wirkung hatte die Erstautorin der Studie, Rayhane Nchioua, nicht gerechnet: „Wir waren schon überrascht, wie effektiv dieser zelluläre Faktor SARS-CoV-2 hemmt und hoffen, dass unsere Ergebnisse helfen, Immuntherapien gegen dieses Virus zu verbessern“, sagt die Doktorandin am Institut für Molekulare Virologie der Ulmer
Uniklinik. „Viren versuchen, ihre Wirte nachzuahmen“, erklärt Kirchhoff, Seniorautor der Studie. So laufen sie weniger Gefahr, von den Waffen des Immunsystems – etwa den molekularen Scheren der Zelle – angegriffen zu werden. Das gelingt ihnen aber nicht vollständig. In Experimenten konnten die Forschenden zeigen, dass ein bestimmtes Protein ZAP (Zinc Finger Antiviral Protein) die Vermehrung von SARSCoV-2 hemmt. Noch deutlicher zeigte sich der Effekt von ZAP, wenn die Forschenden Interferone zu den Zellen gaben. Diese Proteine stellen eine zentrale Komponente des angeborenen Immunsystems dar. Sie kurbeln Abwehrmechanismen an – zum Beispiel die Herstellung von ZAP, wie das Team beobachtete. Reduzierten sie die Produktion von ZAP hingegen, so konnte sich das Virus wieder besser in den Zellkulturen vermehren. Dies spricht dafür, dass ZAP eine wichtige Rolle in der körpereigenen Immunantwort spielt. Ganz neu ist der Ansatz nicht: Interferone werden bereits als Medikamente gegen Virusinfektionen, etwa gegen Hepatitis B und C, eingesetzt. Es war bereits bekannt, dass SARS-CoV-2 empfindlich auf Interferone reagiert. Welcher Typ das Virus am effektivsten bekämpft und welche Faktoren daran beteiligt sind, war bislang allerdings unklar.