Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein Orchester, ein Konzert und drei Aufführungen
Eine genussvolle Wanderung durch mehrere Musikepochen bieten die Sinfoniekonzerte in der Münsinger Martinskirche
MÜNSINGEN - Die Sinfoniekonzerte in der Münsinger Martinskirche waren ein genussreicher Spaziergang durch die Musikepochen des Frühbarock, Barock und der Wiener Klassik und obendrein ein exzellentes Jubiläumsgeschenk von Stefan Lust: Er hat am 1. Oktober vor 30 Jahren seine Aufgabe als Kantor und Bezirkskantor in der Martinskirche aufgenommen. „Betrachten Sie diese Sinfoniekonzerte als kleine Jubiläumskonzerte“, ließ er die Besucher wissen.
Die ausgewählten Werke versprachen einen kurzweiligen Konzertabend, der tatsächlich wie im Flug verging. Alle Musiker überzeugten mit ansteckender Spielfreude und überaus hohem musikalischen Können, was das Konzertvergnügen um so mehr steigerte.
Mit dem Concerto Grosso Opus 6 Nr. 4 des weniger bekannten italienischen Komponisten Arcangelo Corelli setzten Streicher und Basso Continuo die Messlatte gleich zu Beginn sehr hoch – das Niveau wurde das Konzert über bestens gehalten. Das Concerto Grosso als wunderbar abwechslungsreicher Reigen, in welchem die Soloviolinen im Duett kanonartig mit erfrischenden Tremoli wetteifern, kam engelsgleich rüber – die Musiker machten dem Namen des Komponisten, „Erzengel“in der deutschen Übersetzung, alle Ehre. Herrlich die homophonen Passagen im Vivace, in denen die zwei Sologeigen wie mit einem Strich erklangen.
Das Concerto von Georg Philipp
Teleman für Oboen, Violinen und Basso Continuo trat als festlich glänzendes Monumental den musikalischen Wettbewerb gegen die zarten Klänge Corellis an. Oboen und Violinen huschten erfrischend im Frageund Antwortspiel hin und her. Im zweiten Satz flossen die Motive als zartschmelzende Klangmalerei dahin. Im Allegro bewiesen die Musiker noch einmal ein unter die Haut gehendes, homogenes Spiel.
Sprung zurück in die Wende zwischen Renaissance und Barock mit Giovanni Gabrieli. Eine überwältigende Klangpracht zwischen Holz und Blech sowie der Basso Continuo Gruppe mit Oboe, Fagott und Orgel. Die großartige Polyphonie konnte sich in der Akustik der Martinskirche ungehindert den Weg bahnen.
Ein nahezu Unbekannter unter den Komponisten der Sinfoniekonzerte dieses Abends ist Johann Christoph Pezel oder Pezelius. Der Stadtmusiker von Bautzen komponierte unter anderem Suiten für Blechbläser, „fünfstimmige blasende Music“, die bis heute in vielen Kantoreien aufgeführt werden. Die Blechbläser des Orchesters präsentierten die schlicht anmutenden, ruhig gehaltenen Motive der vier Sätze – brillant aufeinander abgestimmt. Nach diesem strahlenden Blechintermezzo zog Stefan Lust, der in allen Stücken die Orgel spielte, an diesem Abend mit der Parthia in G für Holzbläser
und Hörner ein weiteres, großes Register. Als Unterhaltungsmusik für die feine Gesellschaft von dem großen Komponisten der Wiener Klassik einst geschrieben, kam dieses Divertimento dennoch fast majestätisch daher.
Wenn Blech und Holz aufeinander treffen, steht strahlender, lautstarker Klang einem warmen, eher leisen Timbre gegenüber. Das Ensemble wurde dieser Herausforderung mit Bravour gerecht. Gegen die mit famoser Leichtigkeit spielenden Hörner konnten sich Oboen und Flöten ebenso herrlich in Szene setzen.
Mit Johann Bernhard Bach musizierte sich das Ensemble zurück in die Barockzeit – und gab erneut ein
Zeugnis großartiger Klangharmonie. In schöner, fragiler Phrasierung reihten sich die fünf Sätze wie ein sanft schimmerndes Band aneinander.
Als krönendes Ende zierte Mozarts Sinfonie Nr. 8 den sinfonischen Reigen. Im luftig-leichten, losgelösten Duktus des Salzburger Komponisten ging ein kurzweiliges Konzert, gespielt auf äußerst hohem Niveau, zu Ende.
Wegen der Corona-Hygieneregeln brachte Kantor Stefan Lust zusammen mit seinem Orchester die Sinfoniekonzerte gleich drei Mal in der jeweils mit kleinem Publikum ausverkauften Münsinger Martinskirche zur Aufführung.
Wer die wegen Corona für Publikum limitierten Konzerte verpasst hat, kann sich für die nächsten Aufführungen in der Martinskirche bereits anmelden. Zur Geistlichen Abendmusik zum Ende des Kirchenjahres spielt ein Streichquintett des Kantoreiorchesters auf, Christine Müller (Alt und Mezzosopran) singt. Das Konzert wird zwei Mal aufgeführt. Für die Aufführung in der Martinskirche Münsingen am 21. November um 18 Uhr sind Anmeldungen bis 20. November
nötig. Es gibt nur 80 Sitzplätze. Reservierungen per Email an kantorat.muensingen@gmx.de oder telefonisch unter 01520/2102965. Am Sonntag, 22. November, um 17 Uhr in der Stiftskirche Dettingen/Erms ist keine Anmeldung erforderlich.