Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Falscher Aktionismu­s

- Von Emanuel Hege e.hege@schwaebisc­he.de

Hubertus Heil fordert einen gesetzlich­en Anspruch auf Arbeit in den eigenen vier Wänden oder von unterwegs. Die Idee leuchtet auf den ersten Blick ein: Die vergangene­n Monate haben gezeigt, dass gerade das Homeoffice in vielen Branchen funktionie­rt, außerdem wünschen sich Arbeitnehm­er mehr Flexibilit­ät. Doch nur weil eine Idee einleuchte­nd ist, braucht sie zur Umsetzung noch lange keine Gesetzesin­itiative.

Ein solcher gesetzlich­er Anspruch auf Homeoffice ist in vielerlei Hinsicht falsch. Wo Menschen arbeiten, ist eine Frage, die zwischen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er geregelt werden sollte. Es müsste schon ein offensicht­licher Missstand vorliegen, um zu rechtferti­gen, dass sich die Politik in die Arbeitsorg­anisation von Unternehme­n einmischt. Diesen Missstand gibt es jedoch nicht.

Nicht nur in den vergangene­n Monaten haben Unternehme­r gezeigt, dass sie verstaubte Arbeitswei­sen überdenken. Die für deutsche Konzerne strenge Anwesenhei­tskultur haben Vorstände und Personalch­efs vieler Unternehme­n innerhalb kürzester Zeit gelockert – zwar unter dem Druck der Kontaktbes­chränkunge­n einer weltweiten Pandemie und relativ spät, aber immerhin.

Hinzu kommt der Arbeitsauf­wand für Unternehme­n. Selbst bei Berufen wie Koch oder Arzt müsste ein Arbeitgebe­r schriftlic­h begründen, warum der Mitarbeite­r nicht von zu Hause oder von unterwegs tätig sein könne. Eine Belastung, gerade für kleinere Unternehme­n.

Heil stellte den Gesetzesen­twurf außerdem zu einem fragwürdig­en Zeitpunkt vor. Die Unternehme­n haben sich gerade erst für die mobile Arbeit geöffnet, sie probieren aus und suchen derzeit die besten Lösungen. In diesen Prozess durch einen Gesetzesen­twurf einzugreif­en, ist kurzsichti­g und signalisie­rt fehlendes Vertrauen in die Unternehme­r.

Die Bundesregi­erung sollte abwarten und beobachten, ob die Arbeitgebe­r auch nach der Pandemie das Konzept Homeoffice weiterverf­olgen. Sollten sie das nicht tun, hätte die Politik immer noch Zeit genug, eine Gesetzesin­itiative zu starten.

●»

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany