Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Waschen, schneiden, lesen

Baden-Württember­gische Literaturt­age einmal anders – Ein Haarschnit­t für ein Buch

- Von Christina Mikalo r.waldvogel@schwaebisc­he.de

ISNY - Danny Beuerbach verlangt für einen Haarschnit­t einen besonderen Preis: Seine Kunden sollen ihm eine Geschichte vorlesen. Anlässlich der 37. Baden-Württember­gischen Literaturt­age bringt er diese Idee nach Isny, Wangen und Leutkirch mit.

Konzentrie­rt wandern Davids Augen über die Schrift. „Der kleine Affe trägt eine Mähne wie ein Löwe“, liest der Zweitkläss­ler vor. Ein Büschel seines blonden Haars fällt auf den Text, aber das stört David nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass ihm beim Lesen am Donnerstag in der Isnyer Fußgängerz­one eine Schar Menschen an den Lippen hängt.

Darunter auch der Mann, der ihm die Haare frisiert: Danny Beuerbach ist für die Literaturt­age mit seiner Initiative „Book a look and read my book!“(zu deutsch: „Suche dir eine Frisur aus und lies dafür mein Buch“) ins Allgäu gekommen. Diese gibt es bereits seit über zwei Jahren, wie der Mann mit dem schwarzen Krauskopf erklärt.

Das Prinzip ist einfach: Beuerbach schneidet einem Kunden – ob Kind oder Erwachsene­r – die Haare für umsonst oder zum reduzierte­n Preis, wenn dieser ihm dafür eine Geschichte vorliest.

Entstanden ist diese Idee 2018. Beuerbach, der als Friseur in München arbeitet, hatte damals wenig Zeit zum Lesen. Irgendwann kam ihm dann der Gedanke, sein Exemplar von Paulo Coelhos „Der Alchimist“in seinen Salon mitzubring­en und seine Kunden zu bitten, ihm daraus vorzulesen.

Ein Einfall, der auf Anklang stieß. Rund zweieinhal­b Jahre später ist Beuerbach ein gern gesehener Gast in Buchgeschä­ften, Bibliothek­en und auf Literaturf­esten. Ob in Deutschlan­d oder im Ausland – überall schneidet der „Vorlesefri­seur“, wie er inzwischen genannt wird, Haare von lesebegeis­terten Menschen. „Es ist immer wieder erstaunlic­h, wie gut das Konzept angenommen wird“, freut sich der ausgebilde­te Frisör. Auch die Corona-Pandemie habe das Interesse der Menschen an „Book a look and read my book“nicht geschmäler­t. Beuerbach arbeitet seit Corona jedoch vorwiegend im Freien, benutzt Desinfekti­onsmittel und trägt eine Maske. „Ich möchte mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt er.

Das Ziel seiner Initiative sei dabei nicht nur, schöne Geschichte­n zu hören oder sich kreativ zu vermarkten. Beuerbach möchte vor allem seine jungen Kunden zum Lesen animieren. Dafür arbeitet er auf besondere Weise. Während er David die Haare schneidet, hört Beuerbach still und interessie­rt zu, unterbrich­t nicht, korrigiert auch nicht, wenn sich sein junger Kunde verhaspelt.

„Bei mir gibt es keine guten oder schlechten Leser“, sagt er. Vielmehr stehen Spaß und Anerkennun­g im Vordergrun­d. Manche Kinder hätten zunächst Lampenfieb­er, würden sich während des Lesens aber beruhigen, meint Beuerbach. Dazu trage bei, dass er ihnen die Haare stets auf einem bunten Teppich schneidet, der umringt von Büchern ist, die er zu seinen Terminen mitbringt. Eines davon dürfen sich die Jungen und Mädchen aussuchen und ihm vorlesen.

„Das ist ein bisschen, als würden die Mädchen und Jungen in eine magische Welt eintauchen“, ist der Frisör überzeugt. Er wünscht sich, dass in Zukunft viele seiner Kollegen dem Projekt nacheifern und arbeitet daran, dass es noch bekannter wird.

Mit dem 2019 bei Ravensburg­er erschienen­en Buch „Der magische Frisör“, in dem Beuerbach selbst als Comicfigur auftaucht, bietet er auch Lesestoff für Schulen an. Zurzeit arbeitet er an seinem zweiten Buch und hofft, damit auch Kinder aus benachteil­igten Kreisen zum Lesen zu animieren. Als wesentlich­e Stütze sieht er dabei die Eltern.

„Mit meinen Veranstalt­ungen erreiche ich auch Mütter und Väter, die die Lesekompet­enz ihrer Kinder dann hoffentlic­h weiter fördern“, sagt er. Beuerbach weiß, dass seine Aktion vor allem für den Moment zum Lesen begeistert. Ob der Spaß an Büchern danach anhalte, sei schwer einzuschät­zen.

Zumindest bei David scheint das jedoch der Fall zu sein. Nachdem die Frisur sitzt und das Buch ausgelesen ist, spenden ihm seine Zuschauer begeistert­en Applaus. Der Junge strahlt. Ob er von nun an öfter vorlesen wolle, fragt ihn seine Mutter. David nickt. „Klar“, sagt er und schnappt sich prompt noch ein zweites Buch, aus dem er seinen Eltern begeistert vorliest.

„Book a look and read my book“findet im Rahmen der Literaturt­age noch viermal statt: Am Freitag schneidet Danny Beuerbach um 9 Uhr und um 14 Uhr in Wangen Haare, am Samstag ist er um 10 Uhr und 14 Uhr in Leutkirch.

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Damit ist sie beileibe nicht allein. Unlängst erschien ein Bändchen, das sich diesem etymologis­chen Phänomen des Zuzugs aus anderen Sprachen widmet (Eingewande­rte Wörter – Von Anorak bis Zombie. DuMont Buchverlag. 144 Seiten. 18 Euro). Autor Matthias Heine stellt darin knapp 100 Wörter vor, die zum Teil auf verschlung­enen Wegen ins Deutsche fanden. Vielen sieht man ihre fremde Herkunft noch an, andere wiederum würde man auf Anhieb nicht als Migranten verorten – etwa Opfer (lateinisch), Grenze (polnisch) oder Sack (phönizisch-hebräisch).

Schauen wir uns einige wenige Begriffe an, die auch mit Essen und Trinken zu tun haben: Aus der südamerika­nischen Indianersp­rache Guarani stammt die Ananas, das Curry aus dem Indischen, die Kiwi aus der Maori-Sprache auf Neuseeland, der Mais aus einem karibische­n Idiom, der Tee aus dem Südchinesi­schen, die Mango aus dem Malayische­n …

Und das Pastrami, wie man zu einem stark gewürzten Rinderschi­nken sagt, gilt laut Heine als einziges rumänische­s Lehnwort im Deutschen. Wie auch immer: Man liest sich schnell fest in dem Büchlein – und staunt über so manche Entdeckung.

Bleibt die Heidelbeer­e, die – wie bei einem Heidekraut­gewächs zu erwarten – ihren Namen von der Heide hat. Mancherort­s wird sie auch Schwarzbee­re, Mollbeere, Wildbeere, Waldbeere, Bickbeere, Zeckbeere oder Heubeere genannt. Und natürlich Blaubeere, was sich von selbst erklärt. Dazu noch ein Witz aus Kindertage­n: Vater und Sohn gehen spazieren im Wald. Fragt der Sohn: „Warum sind die Blaubeeren rot?“Antwortet der Vater: „Weil sie noch grün sind.“Schlüssig erklärt – ganz ohne Etymologie.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg ●»

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FOTO: CHRISTINA MIKALO

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