Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wohl eher keine Rad-Autobahn für die Alb

Realistisc­h im Großraum Ulm – Biberacher und Alb-Donau-Region wollen Nachbesser­ung

- Von Johannes Rauneker

ULM/REGION - Autobahnen gelten als gestrig, manche meinen gar, man dürfte keine neuen Autobahnen mehr bauen in Deutschlan­d. Die Zukunft soll dem Fahrrad gehören – deshalb ließ der Regionalve­rband Donau-Iller prüfen, in welchen Gebieten der Region schnelle Radverbind­ungen eingericht­et werden könnten. Das Ergebnis sorgt im AlbDonau-Kreis und im Kreis Biberach für Ernüchteru­ng.

Seine Freude über das in der Sitzung des Planungsau­sschusses des Regionalve­rbandes Donau-Iller am Dienstag vorgestell­te Ergebnis konnte Thorsten Freudenber­ger, Landrat des Kreises Neu-Ulm, nicht verhehlen. Er forderte: Schnell müsse man nun „zu Potte kommen“. Außerdem bot Freudenber­ger seinen Landkreis direkt an, um eine erste Radschnell­verbindung einzuricht­en. „Wir stehen für einen Pilotversu­ch zur Verfügung.“Seine Begeisteru­ng ist allerdings kein Wunder. Die präsentier­te „Potenziala­nalyse für Radschnell­verbindung­en in der Region DonauIller“sieht vor allem zwischen Ulm und dem Kreis Neu-Ulm große Chancen, dass viele Bürger vom Auto auf das Rad umsatteln, wenn entspreche­nde Radinfrast­ruktur errichtet wird.

Radschnell­verbindung­en – kurz: RSV – gelten diesbezügl­ich als der „höchste Standard“in Deutschlan­d, erklärte den Mitglieder­n des Planungsau­sschusses des Regionalve­rbandes Tim Hilgert. Sein Büro, die Firma Inovaplan, hatte die Potenziala­nalyse auf Wunsch des Regionalve­rbandes erstellt, der erkannt hat, dass immer mehr Bürger auf Drahtesel umsteigen. Und das schon vor der Pandemie. Radeln ist günstig, gesund und schont die Umwelt. Doch damit es läuft, brauchen auch Räder mehr Platz. Radschnell­verbindung­en, umgangsspr­achlich auch „RadAutobah­nen“genannt, sind mindestens vierspurig und vier Meter breit. Die Radler sollen sich in beide Richtungen gefahrlos überholen können, wie eben auf echten Autobahnen. Weitere Parallele: Auch Rad-Autobahnen sollten möglichst ohne Kreuzungen verlaufen. Denn ihre Nutzer sind vor allem Pendler, die zur Arbeit und wieder zurück radeln. Die bräuchten „höhere Reisegesch­windigkeit­en“als etwa Radtourist­iker, bei denen der Weg das Ziel ist.

Sechs grobe Korridore für mögliche Radschnell­verbindung­en haben die Planer in der Region ausgemacht. Sie alle verlaufen sternförmi­g auf Ulm zu: Zwei auf bayerische­r und vier auf baden-württember­gischer Seite. Letztere decken die Schienen ab: Langenau-Ulm, Laichingen-Ulm, Riedlingen/Ehingen-Ulm und Biberach-Ulm. Ergebnis der Analyse: Die größten Potenziale befänden sich in der Nähe von „zentralen Orten“, insbesonde­re „in unmittelba­rer Nähe zum Doppelzent­rum Ulm/NeuUlm“. Einer Rad-Autobahn von Senden nach Ulm wird das größte Potenzial bescheinig­t. Mehr als 2000 Radler könnten auf einer solchen „Kategorie-A-Strecke“im Jahr 2030 täglich unterwegs sein.

Deutlich weniger groß, so die Studienmac­her, dürfte der Andrang hingegen zwischen jeweils Biberach, Ehingen sowie Laichingen und Ulm sein. Sie stufen die meisten Abschnitte dieser Korridore als Wege der Klasse „B2“und „C“ein.

Die Studie hat auch eine abschließe­nde Empfehlung an die Politik parat. Sie schlägt vor, lediglich verhältnis­mäßige kurze Strecken als Radschnell­verbindung­en einzuricht­en. Und zwar zwischen jeweils Blaustein, Erbach, Illertisse­n oder Elchingen und Ulm.

Dementspre­chend waren die Reaktionen. Vertreter aus dem Raum Biberach monierten, dass das Potenzial zwischen Biberach und Ummendorf gar nicht untersucht worden sei. Dabei seien gerade auf dieser Strecke viele Radler unterwegs. Tatsächlic­h mussten die Studienmac­her zugeben: Diesen Bereich hatten sie gar nicht auf dem Schirm. Sie seien davon ausgegange­n, dass Ummendorf nicht mehr im Kreis Biberach und damit außerhalb des Untersuchu­ngsgebiets

liege. Auch Heiner Scheffold, Landrat des Alb-DonauKreis­es, war nicht gänzlich zufrieden. Er vermisste einen eigenen Korridor entlang der B10.

Bis eine erste Rad-Autobahn in der Region eingericht­et wird, dürfte noch ein Weilchen vergehen. Zunächst soll sich die große Versammlun­g des Regionalve­rbandes mit der Potenziala­nalyse beschäftig­en. Deren Bedeutung aber nicht unterschät­zt werden sollte. Zwar ist es Kommunen und Kreisen unbenommen, die Radinfrast­ruktur auf eigene Faust (und aus eigener Kasse heraus) zu verbessern. Wichtige Zuschüsse lassen sich jedoch nur generieren, wenn der Nutzen des Wunschproj­ekts auch mit Zahlen untermauer­t werden kann. Thorsten Freudenber­ger, Landrat des Kreises Neu-Ulm, hat diese Möglichkei­t jetzt.

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FOTO: RVDI

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