Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Dann sterben die Orte“
Landrat protestiert gegen Entwicklungs-Begrenzung für kleine Gemeinden
REGION - Ein Vorhaben der Verwaltung des Regionalverbandes DonauIller hat deutlichen Protest ausgelöst, vor allem von Alb-Donau-Landrat Heiner Scheffold. Laut Planung soll es 25 kleinen Gemeinden in der Region künftig untersagt werden, größere Wohn- und Gewerbeflächen auszuweisen. Bürgermeister betroffener Gemeinden kritisieren die Planungen ebenfalls. Am größten wäre die Betroffenheit im AlbDonau-Kreis, der Entwicklungsstopp soll aber auch im Kreis Biberach wirksam werden.
Wenn es so kommt, wie es ziemlich sicher kommen wird, dann handele es sich um einen „Eingriff in die Planungshoheit“selbstständiger Kommunen. Dies kritisierte Heiner Scheffold, Landrat des Alb-DonauKreises, bei der Vorstellung des „Entwicklungsstopps“für kleinere Gemeinden am Dienstag in der Sitzung des Planungsausschusses des Regionalverbandes Donau-Iller.
Bei selbigem Termin hatten sich dessen Mitglieder im Landratsamt des Alb-Donau-Kreises auch mit einem möglichen Atommüll-Endlager in der Region beschäftigt (wir berichteten). Dem Regionalverband DonauIller gehören fünf Landkreise (AlbDonau, Biberach, Günzburg, NeuUlm und Unterallgäu) sowie die Städte Ulm und Memmingen an. Er regelt die überregionale Planung in der Region.
Sitzungsleiter war Biberachs Landrat Heiko Schmid. Sein Amtskollege Heiner Scheffold äußerte angesichts der geplanten Einführung des „Entwicklungsstopps“für die 25 kleinen Gemeinden die Sorge: „Dann sterben die Orte.“Doch ist dem wirklich so? Die Spitze der Verwaltung des Verbands – Direktor Markus Riethe und sein Stellvertreter Martin Samain – versuchte, diese Befürchtung zu nehmen.
Was der Entwurf vorsieht: Im Regionalplan sollen 25 kleine Kommunen, in denen oft nur wenige Hundert Einwohner leben, als „Gemeinden mit Eigenentwicklung“festgeschrieben werden. Im Alb-Donau-Kreis unter anderem Emeringen, Grundsheim, Hausen am Bussen, Holzkirch, Lauterach, Nerenstetten, Rechtenstein, Unterwachingen. Und im Landkreis Biberach Alleshausen, Tiefenbach, Seekirch und Oggelshausen. Die restlichen Dörfer liegen im Unterallgäu oder im Kreis Günzburg.
Laut Plan sollen diese Gemeinden neue Flächen für Wohnen und Gewerbe nur noch in einem Umfang ausweisen und erschließen können, um eine eigene Entwicklung im überschaubaren Rahmen weiter zu ermöglichen – größere Firmen von auswärts oder neue Bürger im großen Stil durch ein neues großes Wohngebiet anzulocken, wäre dann aber nicht mehr erlaubt. Martin Samain begründete den geplanten Eingriff: „Wir möchten die Entwicklung steuern, auch hinsichtlich des demografischen Wandels.“Es gehe darum, die bestehende Versorgungs-Struktur im ländlichen Raum, die stellenweise sogar in größeren Gemeinden schon bröckelt (Geschäfte, Ärzte, Schulen), zu erhalten. Dieses Ziel sei jedoch gefährdet, wenn „kleinste Kommunen“, so Samain, nun auf die Idee kämen, große eigene Wohngebiete auszuweisen. Deshalb der „Entwicklungsstopp“, der es jedoch weiter zulasse, dass die betroffenen Dörfer nach wie vor neue Flächen erschließen – jedoch aber eben nur, um der eigenen Bevölkerung notwendige Entwicklungsräume auch in Zukunft zu ermöglichen. Markus Riethe: „Wir stülpen kein Marmeladenglas über die Gemeinden.“Im Übrigen, so sein Kollege Samain, hätte die neue Regelung, würde sie schon gelten, keines der Vorhaben in den betroffenen Kommunen in der Vergangenheit gestoppt. Sie könnten sich auch künftig in dem Maße weiterentwickeln, wie dies zuletzt der Fall war.
Viele der betroffenen Dörfer fühlen sich trotzdem ungerecht behandelt. Zahlreiche Bürgermeister haben laut Sitzungsunterlagen vor der Sitzung des Planungsausschusses einen Verzicht der neuen Festlegungen gefordert.
Darunter war auch Lauterach Bürgermeister Bernhard Ritzler, der die Pläne nicht unterstützen kann. „Warum sollte sich eine Gemeinde wie
Lauterach nicht entwickeln dürfen? Auch kleine Gemeinden sollten eine Möglichkeit bekommen, zu wachsen“, betont Ritzler. Natürlich sollte Wachstum in einem gesunden Maß stattfinden, jedoch nicht streng unterbunden werden. „Wenn so eine Begrenzung für die Entwicklung kommt, dann sollte man als Gemeinde auch die Handhabe erhalten, Auswärtige bei der Bauplatzvergabe rechtlich abweisen zu können“, sagt Ritzler. Trotzdem sollten aber auch Bürger anderer Gemeinden die Chance haben, sich beispielsweise in Lauterach niederlassen zu können, wenn sie es wollen – oder auch einen Betrieb dort gründen. „Natürlich bieten größere Gemeinden da mehr Potenzial, aber ich finde es nicht in Ordnung, dass dort so unterschieden werden soll“, betont er. Dem stimmt auch sein Amtskollege aus Emeringen zu. „Der Bedarf nach Entwicklung ist da. Wir wollen weiter lebensfähig bleiben und mit Augenmaß wachsen“, sagt Josef Renner. Wäre das nicht möglich, dann sei ein Verfall vorprogrammiert. Ein solcher Regionalplan sollte einen angemessenen Rahmen bieten, der nicht zu stark einengt, „was er aber mit diesen Richtlinien tut“, betont Renner und fordert, dass sich die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden nun zusammensetzen und überlegen sollten, wie man hier weiter vorgehen möchte. „Diese Gemeinden entwickeln sich ja schon maßvoll, wenn man ab er so von oben gedeckelt wird, fördert das nicht das Engagement vor Ort“, so der Bürgermeister Emeringens.
Auf ihrer Seite haben die Bürgermeister Landrat Heiner Scheffold. Er argumentierte: Da sich die Gemeinden laut Verbandsverwaltung ja trotzdem so entwickeln könnten, wie bisher auch, sehe er „keinen Regelungsbedarf“. Scheffold: „Irgendwie erschließt sich mir der Sinn nicht.“
Den sehen allerdings die Landesregierungen in Stuttgart und in München. Samain verwies darauf, dass es in einem Staatsvertrag festgehalten sei, dass der länderübergreifende Regionalverband einen „Entwicklungsstopp“, wie nun vorgeschlagen, einführen müsse. Da komme man nicht drum herum. Und dass es nun die 25 besagten Gemeinden treffe, beruhe auf einer eingehenden Untersuchung. Für jede Gemeinde habe die Verbandsgeschäftsstelle nachgeprüft, ob für sie „ausreichend Spielraum“für die zu erwartbare Siedlungsentwicklung zur Verfügung steht. Fazit: „Dies ist der Fall.“
Der Planungsausschuss, der beschließende Funktion hat, sprach sich für die neue Regelung aus. Bei ihrer nächsten Sitzung am 8. Dezember wird die übergeordnete Verbandsversammlung darüber informiert.