Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Einfach mal laufen lassen?

Über Sinn oder Unsinn von Wasserspar­en wird gestritten

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BERLIN (dpa) - Bei der Toilettens­pülung die Stopptaste drücken. Beim Zähneputze­n das Wasser nicht laufen lassen. Und das Gemüse am besten nicht unter dem laufenden Wasserstra­hl reinigen, sondern in einer Schüssel. Tipps zum Wasserspar­en im Alltag gibt es viele. Doch in welchem Ausmaß macht das eigentlich Sinn?

„Natürlich sollte mit den Wasserress­ourcen grundsätzl­ich schonend umgegangen werden“, sagt Martin Weyand, Hauptgesch­äftsführer Wasser/Abwasser beim Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW). Aber übertriebe­nes Wasserspar­en im Haushalt sei weder notwendig noch sinnvoll. „Im Gegenteil, es führt zu Problemen in Trinkwasse­rleitungen und Abwasserka­nälen.“

Der Grund: Schon heute müssten Wasservers­orger in vielen Regionen ihre Leitungen und Kanäle mit Wasser durchspüle­n. Das sei nötig, um etwa schädigend­e Rückstände aus den Abwasserka­nälen zu waschen.

Wird also zu viel Wasser gespart, kann das dazu führen, dass noch mehr gespült wird. In Weyands Worten: „Kontraprod­uktiv“.

Das könnte letztlich auch die Kosten für die Kunden in die Höhe treiben, erklärt Weyand. Der Wasserprei­s für Verbrauche­r setze sich zu einem großen Teil aus Fixkosten für die Wasserinfr­astruktur zusammen. „Diese steigen, wenn die Kanäle oder Trinkwasse­rleitungen aus hygienisch­en Gründen zusätzlich gespült werden müssen.“

Ein Argument, das die Wasserexpe­rtin Lilian Neuer vom Bund Naturschut­z (BUND) nicht gelten lassen will. „Das mit dem Durchspüle­n ist nicht die Aufgabe der Verbrauche­r“, meint sie. Ohnehin sei es sinnvoller, die Abwasserro­hre etwa nicht mit aufbereite­tem Trinkwasse­r, sondern mit Regenwasse­r auszuwasch­en.

Viel wichtiger sind ihr aber zwei andere Punkte. Zum einen ist da der Energiever­brauch für die Wasseraufb­ereitung: „Das Wasser muss erst gefördert werden, dann als Trinkwasse­r aufbereite­t, dann zu uns transporti­ert und anschließe­nd wieder gereinigt werden“, erklärt sie.

Und zum anderen muss unterschie­den werden zwischen Warmund Kaltwasser: „Der Energiever­brauch, um Wasser zu heizen, ist sehr hoch“, sagt Neuer. Insbesonde­re bei einer heißen Dusche oder einem Bad werde daher nicht nur Wasser, sondern auch Energie verbraucht. Nach Angaben der Verbrauche­rzentrale gehen rund 13 Prozent des Energiever­brauchs im Haushalt auf das Konto Warmwasser.

Die Verbrauche­rschützer bieten auf ihrer Homepage einen Duschrechn­er an, mit dem man die individuel­len Kosten und den CO2-Ausstoß für die Dusche nachvollzi­ehen kann. Wer hier eine böse Preisüberr­aschung erlebt, für den empfiehlt die Verbrauche­rzentrale etwa einen Sparduschk­opf. Der koste rund 20 Euro und reduziere den Wasserverb­rauch beim Duschen bis zur Hälfte.

Fazit: Gerade beim Warmwasser sollte auf den Verbrauch geachtet werden – und das nicht nur aus ökologisch­en Gründen, sondern auch weil die Energiekos­ten auf den Geldbeutel gehen. Wer aber beim Zähneputze­n mal das kalte Wasser laufen lässt, muss nicht gleich ein schlechtes Gewissen haben, sondern trägt laut Wasservers­orgern sogar dazu bei, Probleme in den Leitungen zu vermeiden. Aber natürlich sollte man dabei auch den Aufwand in den Kläranlage­n im Hinterkopf haben.

Einen Trend zum übertriebe­nen Wasserspar­en gibt es nach BDEWZahlen übrigens nicht. Seit Mitte der 1990er-Jahre pendelt der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch zwischen 120 und 130 Litern.

Infos zum Wasserverb­rauch

(zum Beispiel auch Duschrechn­er) gibt es bei den Verbrauche­rzentralen im Internet, etwa unter: www.energie202­0.nrw.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA

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