Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vergiftete Stimmung in Asbestos
Französisch – niemand der Ohren zum Hören hat, könnte es bestreiten – ist eine der schönsten Sprachen der Welt. Das schlägt selbstredend auch bei den Ortsbezeichnungen durch. Sogar eher unbedeutende Ansiedlungen haben märchenhafte Namen wie Mantes-la-Jolie, Les Sables-d’Olonne oder Saint-Rémy-de-Provence. Ebenfalls Französisch gesprochen wird in Teilen Kanadas. Viele Franzosen behaupten zwar, die nordamerikanische Variante klinge, als hätte der Redner permanent eine heiße Kartoffel im Mund. Dennoch bleibt erstaunlich, dass mitten in Quebec eine Kleinstadt bis heute den eher seltsamen Namen Asbestos trägt.
Historisch ist das allerdings schnell erklärt: Es gibt dort Minen, in denen jene Mineralien zutage gefördert werden, die auch als Grundstoff für den heute längst nicht mehr gefragten, weil krebserregenden Baustoff dienen. Fast logisch, dass einige
Bewohner diesen nicht sonderlich einladenden Namen loswerden wollen. Eine Abstimmung sollte es richten. Die eingesetzte Namensfindungskommission besann sich der Wirkmacht des Französischen und schlug Val-des-Sources, Trois-Lacs, Larochelle und Jeffrey-sur-le-Lac vor. Ein Quartett des Wohlklangs. Gewonnen hat nun Val-des-Sources, also „Tal der Quellen“– mit knappen 51,5 Prozent. Et voilà? Von wegen!
Der Ärger ist längst nicht passé. Es formiert sich Widerstand. Mit einer Petition wollen hartnäckige Asbestos-Fans den alten Namen retten. Eigentlich kein Wunder, stammt der Begriff „asbestos“doch aus dem Altgriechischen und bedeutet „unvergänglich“. Doch vielleicht liegt die Rettung ja ganz nah: Asbest heißt auf Französisch „Amiant“. Klingt zwar eher nach einer Öko-Körner-Sorte, aber allemal weniger giftig. (jos)
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