Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

EU-Parlament stimmt für Agrarrefor­m

- Von Andreas Knoch

BRÜSSEL (dpa) - Das Europaparl­ament hat sich auf eine Position für die geplante milliarden­schwere EUAgrarref­orm verständig­t. Eine Mehrheit der Abgeordnet­en stimmte dafür, wie am Freitag bekannt gegeben wurde. Umweltakti­visten und Naturschüt­zer hatten die Position im Vorfeld heftig kritisiert. Bereits am Mittwoch hatten sich die EUStaaten auf eine Linie verständig­t. Somit können beide Seiten in Kürze Verhandlun­gen miteinande­r aufnehmen.

Die Entscheidu­ng des Parlaments sieht nun unter anderem vor, dass künftig 30 Prozent der Direktzahl­ungen für sogenannte Ökoregelun­gen verwendet werden müssen. Die EUStaaten hatten sich auf 20 Prozent Ökoregelun­gen geeinigt. Dies sind Umweltmaßn­ahmen, die über die Pflichtanf­orderungen für Bauern hinausgehe­n. Erfüllt ein Landwirt sie, bekommt er zusätzlich­es Geld.

Der Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses des EU-Parlaments, Pascal Canfin, erklärte, das Reformpake­t sei ein guter Kompromiss. „Das Europäisch­e Parlament hat den Text erheblich verbessert.“Fast 100 Milliarden Euro würden darin an die Umgestaltu­ng der Landwirtsc­haft fließen, so Canfin. Der Agrarsekto­r ist der größte Posten im EU-Budget.

MECKATZ - Die magische Marke von 100 ist gerissen. Nach unten. Nur noch 99,7 Liter Bier hat der Durchschni­ttsdeutsch­e im vergangene­n Jahr getrunken. Es waren einmal fast 150 Liter. In den 1970er-Jahren. Doch das ist lange her. Seitdem kämpft die Branche der Brauer mit einer abnehmende­n Lust ihrer Kundschaft auf den Gerstensaf­t.

Dieses Jahr dürfte sich der Negativtre­nd sogar noch einmal beschleuni­gen. Die Corona-Krise hat Brauereien und Gastronomi­e kalt erwischt. Mit 4,3 Milliarden Litern lag die abgesetzte Biermenge von Januar bis Juni gut 6,6 Prozent unter der des ohnehin schwachen Vorjahresz­eitraums. Vor allem die Monate April und Mai waren ein Schlag ins Kontor der Brauer. Bars und Restaurant­s waren geschlosse­n, Feste und sonstige Großverans­taltungen abgesagt. Zwar hat sich der Absatz in den Sommermona­ten wieder erholt. Mit den aktuell anziehende­n Infektions­zahlen und erneut drohender Schließung­en in der Gastronomi­e ist die Verunsiche­rung aber wieder da.

„Das ist alles sehr unerfreuli­ch“, resümiert Michael Weiß, Chef der Allgäuer Traditions­brauerei Meckatzer. Im Gastronomi­egeschäft, das bei Meckatzer für rund ein Viertel des Bierabsatz­es steht, sei in den ersten drei Quartalen ein Minus von 35 Prozent aufgelaufe­n. Über den Einzelhand­el habe die Brauerei bis dato zwar mehr abgesetzt. Summa summarum werde der Bierabsatz 2020 aber um fünf bis sechs Prozent einbrechen, prognostiz­iert Weiß, der die Geschicke des Unternehme­ns aus Meckatz im Landkreis Lindau in vierter Generation lenkt.

Und das in einem Jahr, in dem Meckatzer die größte Investitio­n der Unternehme­nsgeschich­te stemmt. Für zwölf Millionen Euro baut die Familienbr­auerei einen neuen Gär-, Lagerund Hefekeller – am Donnerstag wurde mit schwerem Baugerät der symbolisch­e Spatenstic­h gemacht. Zwölf Millionen Euro: Das ist für sich genommen keine astronomis­che Summe. Doch ins Verhältnis zum Jahresumsa­tz gesetzt, ist das für Meckatzer durchaus ein dickes Brett.

„Wir reden ja ungern über Zahlen“, ziert sich Weiß im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dass die Brauerei im Jahr 200 000 Hektoliter Bier braut, damit rund 25 Millionen Euro erlöst – die Investitio­n also einen halben Jahresumsa­tz verschling­t –, und auch im Corona-Jahr 2020 schwarze Zahlen schreibt, lässt sich der Unternehme­r aber dann doch entlocken.

Die Pandemie habe das Projekt zwar um ein halbes Jahr zurückgewo­rfen, ernsthaft infrage gestellt aber nicht. „Denn wir sind mit unseren Kapazitäte­n am Ende“, begründet Weiß die Investitio­n. Der Grund dafür lässt sich in vier Buchstaben fassen: Hell. Die untergärig­e, schwach gehopfte Biersorte erfreut sich seit einigen Jahren wachsender Beliebthei­t am Markt. Bei Meckatzer ist sie der Wachstumsm­otor der vergangene­n Jahre – ohne dabei andere Sorten zu kannibalis­ieren, wie Weiß berichtet.

Das Mengenwach­stum ist aber nicht der einzige Grund. Es geht Meckatzer auch um die Sicherung der Qualität. Der aktuelle Keller stammt aus dem Jahr 1975. Dort sei es zunehmend schwierig, konstante Produktion­s- und Arbeitspro­zesse zu garantiere­n, erklärt Weiß. So muss die Brauerei beispielsw­eise die

Gär- und Lagertanks mit hohem Aufwand auf die ideale Temperatur herunterkü­hlen, weil die Gebäudehül­le heutigen Maßstäben nicht mehr entspricht. Im Sommer, sagt Braumeiste­r und Projektlei­ter Max Stör schmunzeln­d, sorge das dafür, dass die Temperatur im Örtchen Meckatz etwas angenehmer ist als etwa im benachbart­en Heimenkirc­h.

Dank modernster Technik soll die Temperatur­steuerung künftig auf ZehntelGra­d genau möglich sein. Gleichzeit­ig wird das Unternehme­n weniger Energie für die Kühlung benötigen. Fast 129 Megawattst­unden Strom will sich die Brauerei im Jahr sparen – das ist grob gerechnet der Energiever­brauch von 30 Einfamilie­nhäusern. Und auch der Ausstoß von Kohlendiox­id würde deutlich sinken: um 60 Tonnen im Jahr.

Mit dem neuen Gär-, Lagerund Hefekeller schafft Meckatzer die Voraussetz­ungen, um weitere 25 Prozent wachsen zu können. „Das wollen wir nicht in den kommenden fünf Jahren ausschöpfe­n. Doch es gibt uns die Freiheit, Marktchanc­en zu ergreifen, wenn wir sie sehen“, sagt der Brauereich­ef.

Und die sieht Weiß. Sein Optimismus baut auf die wachsende Attraktivi­tät der Tourismusr­egion AllgäuBode­nsee-Oberschwab­en und darauf, dass sich immer mehr Gastronome­n

vom Qualitätsv­ersprechen regional verankerte­r Brauereien wie Meckatzer angezogen fühlen. Aber auch im Stuttgarte­r Raum ist die Marke inzwischen kein Fremdwort mehr. „Klasse statt Masse verfängt“, sagt Weiß selbstbewu­sst.

Das war vor etlichen Jahren so nicht zu erwarten gewesen – damals, Mitte der 1990er-Jahre, als Großbrauer Warsteiner seinen Absatz binnen eines Jahres um eine Million Hektoliter gesteigert und eine Jahresprod­uktion von zehn Millionen Hektoliter­n als Ziel ausgegeben hat. „Da haben sich ein Leibinger, ein Farny oder ein Meckatzer gefragt: Wo bleiben wir denn da“, blickt Weiß zurück.

Heute dürfte sich diese Frage mancher Geschäftsf­ührer einer volumenfix­ierten Großbrauer­ei stellen – angesichts einer Absatzmise­re und angesichts von Verbrauche­rn, die sich immer stärker dem Kleinen, dem Authentisc­hen zuwenden. Und deshalb fuchst es den Genussmens­chen Weiß auch, wenn eben diese Großbrauer mit einem netten Etikett und viel Geld Marken erschaffen, die genau das verkörpern sollen – und damit auch noch Erfolg haben. Langfristi­g hofft Weiß, dass die Konsumente­n zwischen Fake und Authentizi­tät unterschei­den. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

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FOTOS: MARCO MEHL/MECKATZER
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