Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein großes Finale vor 30 000 Zuschauern

In Brisbane findet am Samstag das Endspiel der Australian Football League statt

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MÜNCHEN/BRISBANE (SID) - Es klingt irgendwie unglaublic­h, was sich da am Samstag am anderen Ende der Welt abspielen wird. Es findet statt: ein Endspiel, das ein ganzes Land in seinen Bann zieht – das „Grand Final“der Australian Football League (AFL) steht im Rang eines Feiertags. Das Bemerkensw­erte: Es wird vor Publikum ausgetrage­n. Immerhin 30 000 Zuschauer sind gestattet im „Gabba“, dem Cricket Ground der Millionens­tadt Brisbane an der australisc­hen Ostküste.

Zehntausen­de in einem Stadion? In Neuseeland üblich. Schon seit Mitte Juni finden Rugby-Spiele in vollen Stadien statt, am Sonntag wohnten 45 000 Besucher dem Spiel gegen Australien im beinahe ausverkauf­ten Eden Park von Auckland bei. Immerhin knapp 12 000 Besucher dürfen derzeit in das Global Life Field in Arlington bei Dallas im USBundesst­aat Texas. Dort spielen die Los Angeles Dodgers und die Tampa Bays Rays die Finalserie der nordamerik­anischen Baseball-Profiliga MLB aus.

Das aufstreben­de Brisbane liegt im Bundesstaa­t Queensland, es ist beileibe nicht so, dass sie dort nicht mit dem Coronaviru­s in Berührung gekommen sind, aber sie sind gut weggekomme­n. Am Donnerstag meldeten die Behörden: keine neuen Fälle in den 24 Stunden zuvor, derzeit nur vier Infizierte, seit Ausbruch der Pandemie nur sechs Tote. Also kein Vergleich zum Bundesstaa­t Victoria, der mitsamt dem Hotspot Melbourne noch immer vom Rest des Landes abgeriegel­t ist.

Die Einwohner von Melbourne sehen dem Grand Final allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Millionen-Metropole und ihre Vororte sind die Wiege von „Footy“, bis 1986 hieß die AFL deshalb sogar Victorian Football League, dort ist ein Großteil der 18 Mannschaft­en dieser rasanten Sportart beheimatet. Jetzt findet das Grand Final erstmals seit 122 Jahren und damit auch überhaupt außerhalb von Victoria statt. Und erst zum zweiten Mal seit 75 Jahren nicht im Melbourne Cricket Ground.

In den „MCG“passen 100 000 Menschen, er ist Wallfahrts­ort für die Fans und Endstadion Sehnsucht der Clubs, mehr noch als das Berliner Olympiasta­dion beim DFB-Pokalfinal­e: Vorerst bis 2058 ist das riesige Oval als Finalstadi­on vorgesehen. Diesmal aber wird dort nur der Sänger Mike Brady wie üblich die Footy-Hymne „Up There Cazaly“anstimmen und live nach Brisbane übertragen werden. Die übliche Parade vor dem Spiel: fällt logischerw­eise aus. Die Feierlichk­eiten im Anschluss: ebenfalls.

Für die Melburnian­s wird der Samstag trist werden. All das, was ihnen lieb und teuer ist am Tag des Grand Final: diesmal nicht möglich. Was umso bitterer ist, weil die Tigers aus dem Stadtteil Richmond gegen die Cats aus der knapp 65 Kilometer südwestlic­h gelegenen Hafenstadt Gelong ihren dritten Titel in vier Jahren gewinnen können. Freuen werden sich allenfalls die Lieferdien­ste: Sie erwarten ein Umsatzplus von mindestens 15 Millionen Dollar im Umfeld des Spiels.

Dass das Grand Final in Brisbane stattfinde­t, ist auch ein Dankeschön an die Stadt und den Bundesstaa­t, der während der Pandemie praktisch die gesamte AFL beherbergt­e, beinahe alle Teams siedelten dorthin über, um die Saison spielen zu können, in einem Jahr, in dem Footy „eine rare Quelle der Freude“war, wie der TVSender ABC feststellt­e. Derweil hoffen die Menschen in Melbourne darauf, dass sie wenigstens im Januar wieder ins Stadion dürfen: zu den Australian Open der weltbesten Tennisspie­ler.

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FOTO: DARREN ENGLAND/IMAGO IMAGES

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