Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Student startet ersten mobilen Unverpackt-Laden
Wie früher im „Tante-Emma-Laden“gibt es hier lose Lebensmittel auch in kleineren Mengen
BLAUBEUREN - Niclas Tritschler ist gerade 21 Jahre jung, studiert Biologie und Chemie auf Lehramt – und fährt neuerdings mit einem mobilen Unverpackt-Laden auf Wochenmärkte in der Region.
Der junge Mann sagt: „Der Ansporn, mich mit der Thematik des Verpackungsmülls auseinanderzusetzen, entstand, als ich für die Uni lernte. Ich saß daheim in Asch an meinem Schreibtisch, schaute aus dem Fenster und sah all die gelben Säcke, die in unserer Straße zum Abholen bereitlagen. Allein unsere vierköpfige Familie füllt mindestens zwei solcher Säcke pro Woche – alles nur Verpackung!“Dazu komme, dass bevor der Kunde seine Ware, beispielsweise eine Packung Kekse, in den Schrank stellt, die Ware im Handel bereits drei bis fünf Mal umoder verpackt wurde. Das müsse doch auch anders gehen, glaubt er.
Deswegen beschließt er, künftig möglichst unverpackt einzukaufen. Aber er findet kein Unverpackt-Geschäft auf der Alb. „Und jedes mal nach Ulm zu fahren, rechnet sich schon allein der CO2-Bilanz wegen nicht“, sagt er. Er nimmt an, dass es noch viele andere Menschen auf der Alb gibt, die unverpackt einkaufen würden, wenn sie denn könnten. Er erklärt: „So entstand die Idee eines mobilen Unverpackt-Ladens, der auch die kleinen Orte anfährt.“
Ein Vorteil eines Unverpackt-Ladens ist die freie Wahl der Mengen. Man ist an keine Packungsgrößen gebunden. „Da kann man auch mal nur 100 Gramm Zucker kaufen. Meine Oma Doris Mutschler meinte, so sei das früher auch in den TanteEmma-Läden gewesen, die sie teilweise noch miterlebt hat“, sagt Tritschler.
Auch das Unverpackt-Konzept kommt nicht ganz ohne Verpackung aus – aber mit deutlich weniger. Tritschler erklärt: „Die lose Ware bekomme ich in Säcken oder in Kartons auf Paletten und fülle sie ab in die entsprechenden Behältnisse in meinem Wagen.“
Noch kommt ein großer Teil der Waren, die er vom Wagen aus verkauft von einem Großhändler, der auf unverpackt spezialisiert ist. Aber es sind bereits einige Erzeuger aus der Region dabei: Die Mühlengenossenschaft Römerstein liefert beispielsweise Getreideprodukte und aus Dapfen bei Münsingen stammen die Seifen und Shampoos in der Auslage des Unverpackt-Vollgepackt-Wagens.
Er wolle nach und nach weitere Lieferanten aus der Region ins Boot holen. Allerdings müssen die „bio“sein. Tritschler erklärt: „Ich bin selbst noch nicht bio-zertifiziert, habe aber ausschließlich Bio-Artikel aus nachhaltiger Landwirtschaft im Sortiment.“Etliche Waren sind zudem vegan, also ohne tierische Bestandteile hergestellt, zum Beispiel die Colafläschchen ohne Gelatine oder Sojahack, was als Alternative zu Fleisch verwendet wird.
Gekauft werden alle diese Produkte kontaktlos. Tritschler demonstriert, wie es geht: „Die Kunden bringen ihren eigenen Behälter mit und stellen ihn auf eine der beiden Waagen, die wir im Wagen haben. Und dann befüllen wir die Behälter mit der gewünschten Menge des gewünschten Produktes, also beispielsweise mit 200 Gramm Nudeln. Welches Gefäß der Kunde uns bringt, ist uns im Prinzip egal, das kann gerne die alte Tupperdose sein, die man noch hinten im Schrank hatte. Einzige Voraussetzung ist, das Gefäß muss zwingend sauber sein.“Wer gerade keinen Behälter zur Hand hat, kann am Wagen auch Jutebeutel für den Transport kaufen.
Niclas Tritschler ist es ernst mit seinem Unverpackt Vollgepackt. Denn er hat sein in den vergangenen Jahren hart erarbeitetes Erspartes in den Wagen investiert. Das Geld hat er unter anderem mit dem Verkauf von Süßwaren auf Märkten verdient, beispielsweise auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt aber auch auf dem Cannstatter Wasen. Er hat also schon jede Menge Markterfahrung gesammelt. Aber natürlich gehe ein solches Projekt ganz ohne Bank auch nicht, sagt er.
Er hofft, der Unverpackt-Idee durch den Marktwagen auch etwas mehr Aufmerksamkeit verschaffen zu können. „Bei mir ist die Hemmschwelle vielleicht etwas geringer als bei einem stationären Laden“, sagt er.
Er möchte außerdem mit dem Vorurteil aufräumen, seine Waren seien teurer als anderswo: „Im Endeffekt ist es sogar günstiger, unverpackt einzukaufen, weil man nur das holt, was man auch braucht und man somit weniger wegwirft. Außerdem ist das hier alles Bio-Qualität.“
Jetzt will er mit seinem Marktwagen durchstarten. Mit Blick auf die Pandemie ist er dahingehend durchaus optimistisch. Denn wie alle Wochenmarktbeschicker
zählt auch sein Wagen zur Nahversorgung und dürfte von eventuell kommenden drastischen Kontaktbeschränkungen nicht betroffen sein.
Seine Premiere wird der Unverpackt-Vollgepackt-Verkaufsanhänger am Freitag, 15 Uhr, beim Wochenmarkt an der Ascher Hüle haben. Eingeplant sind auch Besuche der Märkte in Erbach und Neu-Ulm. Er habe weitere Anfragen, sagt der 21-jährige. Aber die Markttermine müssten natürlich auch mit den Laborzeiten seines Studiums unter einen Hut gebracht werden.
News rund um den UnverpacktWagen gibt es im Netz unter www.unverpackt-vollgepackt.de
sowie auf den entsprechenden Sites von Facebook und Instagram.