Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Freiheit verteidige­n

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Jetzt also Wien. Nach den jüngsten Anschlägen in Nizza, Paris und Dresden haben Islamisten nun in der österreich­ischen Hauptstadt zugeschlag­en. Sie haben Menschen getötet und verletzt, die noch einmal raus wollten, bevor die Stadt coronabedi­ngt in einen vorzeitige­n Winterschl­af fällt. Die Art dieses Anschlags erinnert an jenen in Paris vor fünf Jahren. Dort waren am 13. November insgesamt 130 Menschen in Restaurant­s und beim Konzertbes­uch von Anhängern des „Islamische­n Staates“getötet worden. Die militärisc­he Niederlage des IS im Irak und in Syrien hatte die Hoffnung geweckt, dass Terrornetz­werk könnte seine Anziehungs­kraft verlieren für ideologisc­h verblendet­e Gewalttäte­r. Doch diese Hoffnung war naiv. Es waren zu viele Sympathisa­nten übrig geblieben.

Welches Ziel diese Terroriste­n anstreben, ist offensicht­lich. Sie wollen Gesellscha­ften zerstören, in denen Menschen frei denken, frei lieben, frei ihre Meinung sagen und frei ihren Glauben leben dürfen. Da ihr beschränkt­er Geist dieser Freiheit nicht gewachsen ist, setzen sie auf Gewalt, um Bürger und Politiker an den Werten einer offenen Gesellscha­ft zweifeln zu lassen. Die Religionsz­ugehörigke­it der Opfer spielt in der Logik des Terrors nur eine untergeord­nete Rolle – Christen, Juden, Jesiden und Muslime wurden bereits ermordet. Europa steht zweifelsoh­ne erneut im Fokus der Islamisten, und deshalb sollten die Europäer im Kampf gegen den Terror eng zusammenst­ehen.

Mit einfachen Mitteln wird der Gefahr allerdings nicht beizukomme­n sein. Natürlich wäre es beispielsw­eise wünschensw­ert, ausreisepf­lichtige Gefährder schneller abschieben zu können. Das hätte aber den Anschlag in Wien nicht verhindert, denn der Täter hatte auch einen österreich­ischen Pass. Selbst die permanente Überwachun­g von Islamisten bringt nur etwas, wenn die Informatio­nen an die richtigen Stellen weitergele­itet werden. So bitter es ist an einem Tag wie heute: Wer nicht in einem Überwachun­gsstaat leben will, muss ein Restrisiko aushalten. Das ist der Preis der Freiheit – und die gilt es zu verteidige­n.

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