Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bar-Betreiber erhält nach Satire-Aktion Drohungen

„Kirche des Heiligen Bieres“bringt manche auf die Palme

- Von Michael Kroha

ULM - Die Satire-Aktion der Vorglühbar in Ulm hat Wellen geschlagen. Der Betreiber der Kneipe wollte mit seinem Facebook-Post Corona-Leugner in die Irre führen, ihnen eins auswischen. Dass ihm das offenbar gelungen ist, zeigen ihm jetzt widerliche Reaktionen. Er habe im Nachgang auch Drohungen erhalten, sagt Oliver Gomez. Unter anderem hätten sich anonyme Anrufer gemeldet: Sie wollen die Bar in Brand setzen.

Für Gomez seien diese Aussagen zwar zum Teil „erschrecke­nd“. Er selbst halte aber nicht viel davon. Die Polizei wolle er deshalb nicht einschalte­n. „Ich nehme das nicht ernst“, sagt er. Ohnehin habe er damit gerechnet. „Die fühlen sich jetzt im Ehrgefühl verletzt.“Auseinande­rsetzen müsse er sich allein damit. Schließlic­h habe er sich die Sache auch allein ausgedacht und ins Rollen gebracht: „Das musste ich, sonst hätte es nicht so funktionie­rt. Ich musste es unter dem Radar halten.“

Sein Antrieb für die Aktion, das gibt er offen zu: „Die Querdenker in Ulm kotzen mich an“, sagt er. Für ihn habe die Bewegung „Züge einer Sekte“, deren Köpfe, wie Anwalt Markus Haintz, „als Messias“gefeiert werden. Demonstrat­ionen der Corona-Kritiker, wie am Wochenende auf dem Ulmer Münsterpla­tz, habe er schon mehrfach beobachtet. Er habe sich daher überlegt, wie er diesen einen Denkzettel verpassen könne.

Auf dem Satire-Portal „Der Postillion“habe er zuvor ähnliche Meldungen entdeckt, die ihn auf die Idee brachten, so zu tun, als würde er die „Kirche des Heiligen Bieres“aufrufen wollen, um den Gastro-Lockdown umgehen zu können. „Das ist simpler Populismus“, sagt er. „Das ist ein gefundenes Fressen für die. Wenn es in ihre Welt passt, dann verbreiten sie es auch.“

Gomez wollte bewusst, dass die Corona-Leugner die Meldung zur „Bier-Messe“in den sozialen Medien liken, teilen und kommentier­en. Er habe in deren „Meinungsbl­ase“einstechen wollen. Und das sei ihm auch gelungen. Bundesweit hätten auch AfD-Kreisverbä­nde seinen Post, aber auch die anschließe­nde Auflösung der Satire-Aktion mit der Kritik an den Corona-Leugnern verbreitet.

Dass die Aktion schwerwieg­endere Folgen für seine Bar haben könnte, glaubt er nicht. „Die Leute, die zu uns kommen, kennen uns“, sagt Gomez. Seit 2009 betreibt er die Vorglühbar, damals noch am Kornhauspl­atz. 2017 zog die Kneipe um in die Pfauengass­e. Ein Großteil der Zielgruppe mache hier die Laufkundsc­haft der Klubs wie Theatro, Myers und Stitz Club aus. Doch mit Corona fiel diese Kundschaft weg. Um mehr im Geschehen des Nachtleben­s zu sein, wechselte die Vorglühbar kürzlich in die Kronengass­e ins Fischervie­rtel.

 ?? FOTO: VORGLÜHBAR ??
FOTO: VORGLÜHBAR

Newspapers in German

Newspapers from Germany