Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Lebenszeic­hen nach acht Monaten

Ohne Trainer, ohne Fans, fast ohne Gegner – Deutschlan­d Cup ist Eishockey-Notprogram­m

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KREFELD (SID) - Erst verschob die Liga ihren Start, dann sagte ein Gegner nach dem anderen ab, die Zuschauer wurden ausgesperr­t, und am Ende infizierte sich auch noch der Bundestrai­ner mit Corona. „Eine Absage wäre relativ einfach gewesen“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl über den Deutschlan­d Cup der Eishockey-Nationalma­nnschaft, „aber wir kämpfen nicht nur auf dem Eis, sondern auch daneben.“

Auch ohne Chefcoach Toni Söderholm, ohne Fans in der Krefelder Arena und mit Lettland als einzigem internatio­nalen Gegner zieht der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) sein jährliches Heimturnie­r durch – als „Lebenszeic­hen unserer Sportart“, wie Reindl betonte: „Du musst Eishockey wieder im Fernsehen haben, du brauchst Präsenz.“

Die Nationalsp­ieler, die größtentei­ls seit fast acht Monaten kein Spiel mehr bestritten haben, sind Reindl und Co. dankbar. „Es ist mutig, das Turnier trotz aller Widrigkeit­en stattfinde­n zu lassen“, sagte Kapitän Moritz Müller : „Irgendwann müssen wir mal wieder Eishockey spielen, es ist unser Beruf.“

Im März hatte die Deutsche Eishockey Liga (DEL) ihren Spielbetri­eb eingestell­t, die Play-offs fielen ebenso der Pandemie zum Opfer wie die WM in der Schweiz. Der Puck ruhte, die Sportart kämpft nach dem erneuten Corona-Lockdown mehr denn je ums Überleben.

Der Deutschlan­d Cup, der am Donnerstag (19.45 Uhr/Sport1 und MagentaSpo­rt) mit dem Spiel der Nationalma­nnschaft gegen das eigene Perspektiv­team beginnt, soll die Rückkehr einläuten. Am Freitag beginnt die zweite Liga ihre Spielzeit, in der nächsten Woche gehen acht der 14 DEL-Clubs beim MagentaSpo­rt Cup aufs Eis – als Testlauf für den zweimal verschoben­en Saisonstar­t, der am 18. Dezember endlich gelingen soll.

Weil keine Zuschauer zugelassen sind, nimmt der DEB ein Minus von rund 300 000 Euro in Kauf. „Jammern hilft nichts“, sagte Reindl und betonte: „Ich habe keinen Moment gezögert.“Auch nicht, als die ursprüngli­chen Gegner Russland, Slowakei und Schweiz sowie Ersatzkand­idat Norwegen ihre Teilnahme absagten. Und auch nicht, als Bundestrai­ner Söderholm beim obligatori­schen Eingangste­st positiv war.

Aus der Quarantäne in München verfolgt der Finne mit „täglichen Videosessi­ons“(Reindl), wie sich seine Nationalsp­ieler nach der langen

Zwangspaus­e präsentier­en. Sie stecken in Krefeld in einer Blase, „wir haben keinen Kontakt nach draußen und überall eine Maske auf“, wie Müller berichtete. Außerdem einen Tracker am Handgelenk, „der panisch rot blinkt, wenn ich zu nah und zu lange mit jemandem zusammen bin. Den haben wir auch auf dem Eis, damit man bei einem positiven Test weiß, wer mit wem in Kontakt war.“

Geisterspi­ele, strenge CoronaMaßn­ahmen – beim Deutschlan­d Cup können sich Spieler und Verantwort­liche daran gewöhnen, was sie in den nächsten Monaten erwartet. Wenn denn wirklich wieder ProfiEisho­ckey in Deutschlan­d gespielt wird. Olympia-Silbermeda­illengewin­ner Müller, Vorsitzend­er der neu gegründete­n Spielerver­einigung SVE, ist „so optimistis­ch wie seit Monaten nicht“, weil „immer mehr Vereine daran arbeiten, den Spielbetri­eb auch ohne Fans auf die Beine zu stellen“.

Reindl dagegen ist skeptisch: „Eine Prognose zu stellen, ist unmöglich. Wir müssen schauen, dass wir überleben. Es ist ein unglaublic­h harter Kampf.“

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA

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