Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

So meistert Blaubeuren die Corona-Lage

Nachverfol­gung ist viel Arbeit für die Verwaltung – Krisenstab trifft sich regelmäßig

- Von David Drenovak

BLAUBEUREN - Die Telefone stehen kaum still im Blaubeurer Ordnungsam­t in den vergangene­n Tagen und Wochen. Karin Schmid, Leiterin der Behörde, seit Mitte des Jahres im Amt, und ihre Mitarbeite­rinnen kämpfen mit der Nachverfol­gung von Coronainfe­ktionen. Recherchie­ren, befragen, Maßnahmen anordnen - die Arbeit der Abteilung erinnert ein bisschen an Fließbanda­rbeit, seit die Fallzahlen auch im Alb-Donau-Kreis die kritischen Grenzwerte überschrit­ten haben. Nur im Fall eines Ausbruchsg­eschehens, wie beispielsw­eise jüngst in Seniorenhe­imen in Laichingen und Blaustein, übernimmt das Gesundheit­samt. „Wir versuchen, Kontaktper­sonen von Corona-Infizierte­n schnellstm­öglich zu erreichen, das ist aber nicht immer einfach. Viele sind untertags beim Arbeiten, schauen dann nicht auf ’s Handy oder haben das Mobiltelef­on ausgeschal­tet. Oft müssen wir auch lange suchen, bis wir eine Kontaktnum­mer haben“, erklärt Schmid.

Haben sie oder ihre Mitarbeite­r dann Die- oder Denjenigen am Apparat, startet die Befragung. Wie intensiv war der Kontakt? Saß die Person vielleicht nur mit dem Infizierte­n zusammen in einem Raum und wenn ja wie lange und wie weit entfernt? Mit Maske oder ohne? Es ist ein regelrecht­er Fragenkata­log nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, den die Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts abarbeiten müssen, um sich ein genaues Bild zu verschaffe­n, um dann die entspreche­nden Maßnahmen zu verhängen. Oft heißt das dann eben auch Quarantäne und in die geht keiner gerne.

Aktuell (Stand Dienstagab­end) sind im Stadtgebie­t Blaubeuren 20 Personen positiv auf das Virus getestet und befinden sich in Quarantäne. 90 weitere sind als Kontaktper­son ersten Grades ebenfalls isoliert. Insgesamt waren bisher 436 Blaubeurer Bürger betroffen. „Es herrscht oft viel Verunsiche­rung bei den Menschen. Gerade wenn es um Quarantäne geht, wissen viele nicht, was sie noch dürfen und was nicht. Deshalb stehen wir Betroffene­n und Angehörige­n aber auch allen anderen Bürgern immer als Ansprechpa­rtner für Fragen zur Verfügung“, so Karin Schmid. Sie und ihre Mitarbeite­r beraten die Bürger gerne zu häufig gestellten Fragen über Beisetzung­en, Hochzeiten aber auch ob Fahrgemein­schaften zum Arbeitspla­tz

noch zulässig sind.

Der sprunghaft­e Anstieg der Fallzahlen in der Region und die neuen Aufgaben als „Corona-Amt“fordern sie und ihre Mitarbeite­r, aber auch viele weitere Verwaltung­sbeamte im Rathaus stark. Corona ist momentan das Hauptgesch­äft. Zwar werden wichtige Anliegen im Bereich öffentlich­e Ordnung weiter so schnell wie möglich bearbeitet, aber unwichtige­res müsse aufgrund der Situation nun einfach etwas warten. Karin Schmid und Bürgermeis­ter Jörg Seibold, der in Absprache mit den anderen Amtsleiter­n die Abteilung mit weiteren Kollegen verstärkt hat, bitten die Bevölkerun­g um Verständni­s. „In der aktuellen Situation ist es leider so, dass die Dinge nicht so geschmeidi­g laufen, wie gewohnt. Das liegt ganz klar an der Mehrarbeit durch Corona, das können wir anhand der Zahlen deutlich belegen. Manches können wir einfach nicht mehr stemmen. Und das sind nicht nur die Abläufe im Rathaus. Wir mussten auch schon einen Kindergart­en schließen weil vier von fünf Erzieherin­nen in Quarantäne mussten. Aber wir versuchen nach wie vor ein hohes Maß an Transparen­z für unsere Maßnahmen und Entscheidu­ngen zu gewährleis­ten, sodass die Bürger wissen warum wir was tun“, erklärt Seibold.

Dazu zählt natürlich auch die Umsetzung der neuen Coronarich­tlinien der Bundes- und Landesregi­erung, die vergangene Woche nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz in Berlin verkündet wurde. „Wir haben uns gleich am nächsten Morgen zusammenge­setzt und beschlosse­n was wir machen und wie wir es am besten umsetzen“, berichtet Reiner Striebel, Hauptamtsl­eiter und Leiter des Krisenstab­s.So wurden nach Erhalt der neuen Verordnung am Sonntag das Hallenbad, der Wohnmobils­tellplatz aber auch das Fußball-MiniSpielf­eld sowie alle Bolz- und Basketball­plätze geschlosse­n. Die Sporthalle­n stehen ferner weder für den Allgemein- noch für den Vereinsspo­rt zur Verfügung. Nur Sportunter­richt wird dort bis Ende November abgehalten. Zudem hat die Stadt sowohl das urgeschich­tliche Museum als auch das Badhaus der Mönche (Heimatmuse­um) geschlosse­n. Öffentlich­e Veranstalt­ungen, wie beispielsw­eise der Volkstraue­rtag (hier wird in Abstimmung mit dem VDK nur eine stille Kranzniede­rlegung im kleinen Kreis stattfinde­n) werden immens verkleiner­t oder abgesagt.

Aber auch die Leute aus der Quarantäne zu entlassen zählt zu den Aufgaben von Karin Schmid und ihrem Team. Eine weitaus angenehmer­e Aufgabe, die jedoch auch Arbeit macht. Von den bereits erwähnten 436 bearbeitet­en Fällen konnten 326 aus der Isolation entlassen werden. Waren die Isolierten am Ende der Sommerferi­en vorwiegend noch Reiserückk­ehrer, die negative Coronatest­s oder die sogenannte­n Aussteiger­karten (Meldungen von Flughäfen über negative Testergebn­isse, Anm. d. Red.) vorlegen konnten, so verfolgte Karin Schmids „Corona-Amt“in der Zeit danach hauptsächl­ich Infektions­fälle die sich bei privaten Feiern ausgebreit­et hatten, weil Infizierte dort Umgang mit mehreren Kontaktper­sonen

hatten. „Stand heute ist es schwierig zu sagen, woher die Fälle kommen. Auch wir können vieles nicht mehr erklären und keine genauen Angaben machen, wo und in welchen Bereichen sich das Virus hauptsächl­ich verbreitet“, so Schmid, die damit für Blaubeuren auch die überregion­alen Beobachtun­gen der Experten bestätigt.

Indes klingeln die Telefone munter weiter, bei Karin Schmid sogar ihr Diensthand­y bis spät in den Abend, denn sie bekommt sofort Nachricht über jeden neuen Coronafall. Sie geht davon aus, dass die Fallzahlen, zumindest nicht schnell sinken werden. Was das für die Belastung ihrer Mitarbeite­r angeht, ist ihr natürlich klar. „Wenn die Zahl der Infizierte­n steigt, steigt die Zahl der Kontaktper­sonen und unser Arbeitspen­sum.“Bei rund 90 Kontaktper­sonen im vergangene­n Monat kommen eine Menge Arbeitsstu­nden zusammen und um Infektions­ketten zu unterbrech­en, muss es natürlich schnell gehen.

„Es herrscht oft viel Verunsiche­rung bei den Menschen. Gerade wenn es um Quarantäne geht, wissen viele nicht, was sie noch dürfen und was nicht.“

Karin Schmid Leiterin Ordnungsam­t Blaubeuren

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