Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
So meistert Blaubeuren die Corona-Lage
Nachverfolgung ist viel Arbeit für die Verwaltung – Krisenstab trifft sich regelmäßig
BLAUBEUREN - Die Telefone stehen kaum still im Blaubeurer Ordnungsamt in den vergangenen Tagen und Wochen. Karin Schmid, Leiterin der Behörde, seit Mitte des Jahres im Amt, und ihre Mitarbeiterinnen kämpfen mit der Nachverfolgung von Coronainfektionen. Recherchieren, befragen, Maßnahmen anordnen - die Arbeit der Abteilung erinnert ein bisschen an Fließbandarbeit, seit die Fallzahlen auch im Alb-Donau-Kreis die kritischen Grenzwerte überschritten haben. Nur im Fall eines Ausbruchsgeschehens, wie beispielsweise jüngst in Seniorenheimen in Laichingen und Blaustein, übernimmt das Gesundheitsamt. „Wir versuchen, Kontaktpersonen von Corona-Infizierten schnellstmöglich zu erreichen, das ist aber nicht immer einfach. Viele sind untertags beim Arbeiten, schauen dann nicht auf ’s Handy oder haben das Mobiltelefon ausgeschaltet. Oft müssen wir auch lange suchen, bis wir eine Kontaktnummer haben“, erklärt Schmid.
Haben sie oder ihre Mitarbeiter dann Die- oder Denjenigen am Apparat, startet die Befragung. Wie intensiv war der Kontakt? Saß die Person vielleicht nur mit dem Infizierten zusammen in einem Raum und wenn ja wie lange und wie weit entfernt? Mit Maske oder ohne? Es ist ein regelrechter Fragenkatalog nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, den die Mitarbeiter des Ordnungsamts abarbeiten müssen, um sich ein genaues Bild zu verschaffen, um dann die entsprechenden Maßnahmen zu verhängen. Oft heißt das dann eben auch Quarantäne und in die geht keiner gerne.
Aktuell (Stand Dienstagabend) sind im Stadtgebiet Blaubeuren 20 Personen positiv auf das Virus getestet und befinden sich in Quarantäne. 90 weitere sind als Kontaktperson ersten Grades ebenfalls isoliert. Insgesamt waren bisher 436 Blaubeurer Bürger betroffen. „Es herrscht oft viel Verunsicherung bei den Menschen. Gerade wenn es um Quarantäne geht, wissen viele nicht, was sie noch dürfen und was nicht. Deshalb stehen wir Betroffenen und Angehörigen aber auch allen anderen Bürgern immer als Ansprechpartner für Fragen zur Verfügung“, so Karin Schmid. Sie und ihre Mitarbeiter beraten die Bürger gerne zu häufig gestellten Fragen über Beisetzungen, Hochzeiten aber auch ob Fahrgemeinschaften zum Arbeitsplatz
noch zulässig sind.
Der sprunghafte Anstieg der Fallzahlen in der Region und die neuen Aufgaben als „Corona-Amt“fordern sie und ihre Mitarbeiter, aber auch viele weitere Verwaltungsbeamte im Rathaus stark. Corona ist momentan das Hauptgeschäft. Zwar werden wichtige Anliegen im Bereich öffentliche Ordnung weiter so schnell wie möglich bearbeitet, aber unwichtigeres müsse aufgrund der Situation nun einfach etwas warten. Karin Schmid und Bürgermeister Jörg Seibold, der in Absprache mit den anderen Amtsleitern die Abteilung mit weiteren Kollegen verstärkt hat, bitten die Bevölkerung um Verständnis. „In der aktuellen Situation ist es leider so, dass die Dinge nicht so geschmeidig laufen, wie gewohnt. Das liegt ganz klar an der Mehrarbeit durch Corona, das können wir anhand der Zahlen deutlich belegen. Manches können wir einfach nicht mehr stemmen. Und das sind nicht nur die Abläufe im Rathaus. Wir mussten auch schon einen Kindergarten schließen weil vier von fünf Erzieherinnen in Quarantäne mussten. Aber wir versuchen nach wie vor ein hohes Maß an Transparenz für unsere Maßnahmen und Entscheidungen zu gewährleisten, sodass die Bürger wissen warum wir was tun“, erklärt Seibold.
Dazu zählt natürlich auch die Umsetzung der neuen Coronarichtlinien der Bundes- und Landesregierung, die vergangene Woche nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin verkündet wurde. „Wir haben uns gleich am nächsten Morgen zusammengesetzt und beschlossen was wir machen und wie wir es am besten umsetzen“, berichtet Reiner Striebel, Hauptamtsleiter und Leiter des Krisenstabs.So wurden nach Erhalt der neuen Verordnung am Sonntag das Hallenbad, der Wohnmobilstellplatz aber auch das Fußball-MiniSpielfeld sowie alle Bolz- und Basketballplätze geschlossen. Die Sporthallen stehen ferner weder für den Allgemein- noch für den Vereinssport zur Verfügung. Nur Sportunterricht wird dort bis Ende November abgehalten. Zudem hat die Stadt sowohl das urgeschichtliche Museum als auch das Badhaus der Mönche (Heimatmuseum) geschlossen. Öffentliche Veranstaltungen, wie beispielsweise der Volkstrauertag (hier wird in Abstimmung mit dem VDK nur eine stille Kranzniederlegung im kleinen Kreis stattfinden) werden immens verkleinert oder abgesagt.
Aber auch die Leute aus der Quarantäne zu entlassen zählt zu den Aufgaben von Karin Schmid und ihrem Team. Eine weitaus angenehmere Aufgabe, die jedoch auch Arbeit macht. Von den bereits erwähnten 436 bearbeiteten Fällen konnten 326 aus der Isolation entlassen werden. Waren die Isolierten am Ende der Sommerferien vorwiegend noch Reiserückkehrer, die negative Coronatests oder die sogenannten Aussteigerkarten (Meldungen von Flughäfen über negative Testergebnisse, Anm. d. Red.) vorlegen konnten, so verfolgte Karin Schmids „Corona-Amt“in der Zeit danach hauptsächlich Infektionsfälle die sich bei privaten Feiern ausgebreitet hatten, weil Infizierte dort Umgang mit mehreren Kontaktpersonen
hatten. „Stand heute ist es schwierig zu sagen, woher die Fälle kommen. Auch wir können vieles nicht mehr erklären und keine genauen Angaben machen, wo und in welchen Bereichen sich das Virus hauptsächlich verbreitet“, so Schmid, die damit für Blaubeuren auch die überregionalen Beobachtungen der Experten bestätigt.
Indes klingeln die Telefone munter weiter, bei Karin Schmid sogar ihr Diensthandy bis spät in den Abend, denn sie bekommt sofort Nachricht über jeden neuen Coronafall. Sie geht davon aus, dass die Fallzahlen, zumindest nicht schnell sinken werden. Was das für die Belastung ihrer Mitarbeiter angeht, ist ihr natürlich klar. „Wenn die Zahl der Infizierten steigt, steigt die Zahl der Kontaktpersonen und unser Arbeitspensum.“Bei rund 90 Kontaktpersonen im vergangenen Monat kommen eine Menge Arbeitsstunden zusammen und um Infektionsketten zu unterbrechen, muss es natürlich schnell gehen.
„Es herrscht oft viel Verunsicherung bei den Menschen. Gerade wenn es um Quarantäne geht, wissen viele nicht, was sie noch dürfen und was nicht.“
Karin Schmid Leiterin Ordnungsamt Blaubeuren