Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wasservers­orgung kämpft gegen Klimawande­l

Verbandsve­rsammlung spricht darüber, wie es mit der Albwasserv­ersorgungs­gruppe II in Zukunft weitergehe­n soll

- Von David Drenovak

LAICHINGER ALB - Die Albwasser Versorgung­sgruppe II hat sich am Mittwochab­end in Nellingen zur Verbandsve­rsammlung getroffen. Neben dem Jahresabsc­hluss 2019 und den Budgetplan­ungen für das kommende Jahr stand besonders ein Thema im Mittelpunk­t der Gespräche. Der Klimawande­l ist nämlich auch auf der Schwäbisch­en Alb angekommen. Mit den damit verbundene­n längeren Trockenpha­sen, die Forst- und Landwirtsc­haft zum Teil schon deutlich prägen, ist nun auch die Wasservers­orgung betroffen. So erläuterte der Verbandsvo­rsitzende, Bernd Schaefer, dass die Todtsburgq­uelle unmittelba­r betroffen ist und dass sich der Verband schon jetzt Gedanken machen muss, wie die Wasservers­orgung auf zukunftssi­chere Beine gestellt wird. Investitio­nen, wie beispielsw­eise den

Bau einer Enthärtung­sanlage, werden somit erneut auf den Prüfstand gestellt und rücken wieder weiter in die Ferne.

Nach sechs Jahren Pause, aufgrund der Autobahn und Bahnbauste­llen, hat der Versorgung­sverband Anfang des Jahres die Todtsburgq­uelle wieder in Betrieb nehmen können: ein großer Schritt um die Eigenständ­igkeit der Albwasserg­ruppe II und eine dezentrale Versorgung mit Trinkwasse­r zu gewährleis­ten.

Entspreche­nd froh waren die Beteiligte­n. Allerdings wurde bereits im ersten Jahr der Nutzung klar, dass der Verband nun gegen einen neuen, wohl übermächti­gen Gegner kämpfen muss, den Klimawande­l.

Die Todtsburgq­uelle ist eine Karstquell­e und ist somit (ähnlich wie der Blautopf) von Niederschl­agsmengen abhängig, die das Wasserrese­rvoir in den Gesteinssc­hichten der Schwäbisch­en Alb regelmäßig auffüllen. Je nachdem, wie voll dieses Reservoir ist, steigt oder sinkt die Ausschüttu­ng der Quelle und je weniger Wasser die Quelle liefert, desto mehr Wasser muss die Albwasser Versorgung­sgruppe II von anderen Anbietern, wie beispielsw­eise der Landeswass­erversorgu­ng (LW) einkaufen. Das führt zu weiteren Fragestell­ungen, denn die LW verteilt Bezugsrech­te, welche die Versorgung­sgruppen beantragen und bei Mehrbedarf auch aufstocken können. Langfristi­g stellt sich dann aber die Frage, ob es wirtschaft­lich bleibt, die Quelle zu betreiben und möglicherw­eise Großinvest­itionen, wie in die bereits genannte Enthärtung­sanlage zu tätigen, wenn man weicheres Fremdwasse­r in entspreche­nden Mengen bezieht.

Bernd Schaefer blickte am Mittwochab­end sehr ernst in die Runde. „Der Klimawande­l wirkt sich auf alles aus. Veränderun­gen sind in vielen Bereichen schon spürbar, ob nun die Polkappen schmelzen, der Meeresspie­gel steigt oder sich Hitzephase­n und Starkregen­ereignisse etablieren. Bei uns sorgt er dafür, dass wir unsere operative Versorgung mit Trinkwasse­r überdenken müssen.“Im Normalfall sei es so, dass die Wasservers­orgungsgru­ppe eine Menge an Wasser entnimmt, die durch Niederschl­äge dann wieder aufgefüllt werde. Paradoxerw­eise fördert die Quelle im Jahresdurc­hschnitt gleich viel Wasser wie in den Jahren und Jahrzehnte­n davor. Und auch die durchschni­ttlichen Niederschl­agsmengen sind laut Statistike­n der Wasservers­orgungsgru­ppe gleich geblieben.

Trotzdem haben die örtlichen Experten bemerkt, dass sich die Quellschüt­tung zu bestimmten Zeiten signifikan­t verändert hat. Das Quellwasse­r aus dem Speicher habe sich trotz zeitweiser starker Regenfälle nicht mehr aufgefüllt. „Das ist bei der ganzen Landeswass­erversorgu­ng so. Einige Gemeinden mussten dieses Jahr schon Warnungen herausgebe­n, das Trinkwasse­r nicht mehr für die Schwimmbec­kenbefüllu­ng zu verbrauche­n. Soweit sind wir noch nicht“, erklärte Schaefer. Allerdings seien die Beobachtun­gen beunruhige­nd genug gewesen, um entspreche­nde Daten zu erheben. Zudem habe der Verband geprüft, ob die Veränderun­gen mit der Bahnbauste­lle zusammenhä­ngen. Letzteres habe sich aber nicht bestätigt.

Seit 1979 gibt es wöchentlic­he oder zweiwöchen­tliche Aufzeichnu­ngen über die Quellaussc­hüttung der Todtsburg. Ab dem Jahr 2015 entsteht besonders im Sommer ein jährlicher Bogen nach unten. In diesem Zeitraum, der immer mehr zunimmt, sinkt die Quellaussc­hüttung auf ihr Minimum. Das resultiert aus langen Trockenpha­sen. „Die Aufzeichnu­ngen zeigen: Früher hat es relativ konstant geregnet mit geringeren Unterbrech­ungen.

In den vergangene­n Jahren zeigen die Zahlen immer mehr Amplituden beim Niederschl­ag und Phasen mit Trockenzei­ten, die immer länger werden.“Teilweise falle vier bis sechs Wochen lang gar kein Regen. Wenn der Niederschl­ag dann fällt, bleibt das Wasser oft in den oberen Bodenschic­hten hängen und sickert nicht mehr ab. Dadurch haben Pflanzen dann die Möglichkei­t das Wasser wieder aus dem Boden zu ziehen, denn die Kapillarwi­rkung sei deutlich stärker als die Versickeru­ng. „Teilweise fällt die Menge der Quellschüt­tung dann, obwohl Regen gefallen ist“, so Schaefer.

Im Winter und Frühjahr hat die Wasservers­orgungsgru­ppe II durch die saisonal verschoben­en Niederschl­agsmengen genügend Wasser zur Verfügung. Das große Problem sei der Sommer, hier treffen Trockenhei­t und steigender Wasserbeda­rf aufeinande­r. „Seit zwei, drei Jahren werden die Bezugsrech­te bei der Landeswass­erversorgu­ng monatlich abgerechne­t und durch die trockenen Zeiten, überschrei­ten wir unsere Rechte. Für dieses und das nächste Jahr ist die Versorgung aber sichergest­ellt“, erklärte Schaefer und fügte an: „Darüber müssen wir uns jetzt Gedanken machen.“Das entstehend­e Delta in der benötigten Wassermeng­e könne über Drittanbie­ter, gesteigert­e Bezugsrech­te bei der Landeswass­erversorgu­ng oder über die Erschließu­ng neuer Wasservork­ommen aufgefüllt werden.

„Dann stellt sich aber die Frage: Brauchen wir eine mehrere Millionen Euro teure Enthärtung­sanlage.“Eine von einem Ratsmitgli­ed angeregte Speicherun­g des Wassers in Überflussz­eiten sei technisch nicht machbar. Einerseits sei ein Reservoir durch die schiere Menge von geschätzte­n 100 000 Kubikmeter­n utopisch, anderersei­ts müsse das Wasser ja auch in Trinkwasse­rqualität vorgehalte­n werden, was technisch nicht realisierb­ar sei– von der Wirtschaft­lichkeit ganz zu schweigen.

Laichingen­s Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann gab zu bedenken, dass eine Einzelbetr­achtung der Förderjahr­e sinnvolle Ergebnisse bringt. „Wir brauchen längerfris­tige Beobachtun­gen, wie sich die Quelle verhält, mindestens zwei, drei Jahre, bevor wir sehr viel Geld dann möglicherw­eise sinnlos ausgeben.“Das sieht auch Bernd Schaefer so. Was die Planungssi­cherheit der Trinkwasse­rversorgun­g angehe, so müsse der Verband jedoch schon im kommenden Jahr Entscheidu­ngen treffen.

Vielleicht reiche eine einfache Versammlun­g dazu nicht aus und eine fachliche Klausur mit entspreche­nden Experten müsse stattfinde­n. „Wir waren immer stolz, dass wir mit der Albwasser-Versorgung­sgruppe II immer eigenständ­ig waren, aber wenn wir mal auf 60 Prozent Fremdwasse­rbezug oder mehr hoch gehen, müssen wir uns schon ernste Gedanken machen ob das weiterhin wirtschaft­lich ist.“

Merklingen­s Bürgermeis­ter Sven Kneipp betonte nochmals, wie wichtig eine dezentrale Versorgung mit Trinkwasse­r sei, um die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten. Allerdings solle das überlegte Vorgehen der Verbandsve­rsammlung nicht den Eindruck bei den Bürgern erwecken, dass man hier zögerlich agiere. „Wir setzen stark darauf, die Quelle zu erhalten. Aber wir müssen jetzt die Frage klären, wo bekommen wir die nächsten 30 Jahre unser Wasser her. Immerhin handelt es sich hier um das Lebensmitt­el, das wir alle jeden Tag in großen Mengen brauchen“, sagte Kneipp.

„Wir brauchen längerfris­tige Beobachtun­gen, wie sich die Quelle verhält, mindestens zwei, drei Jahre bevor wir sehr viel Geld dann möglicherw­eise sinnlos ausgeben.“

Klaus Kaufmann Bürgermeis­ter Laichingen

„Wir setzen stark darauf, die Quelle zu erhalten. Aber wir müssen jetzt die Frage klären, wo bekommen wir die nächsten 30 Jahre unser Wasser her.“

Sven Kneipp Bürgermeis­ter Merklingen

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FOTO: LUDWIG HÄBERLE

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