Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wasserversorgung kämpft gegen Klimawandel
Verbandsversammlung spricht darüber, wie es mit der Albwasserversorgungsgruppe II in Zukunft weitergehen soll
LAICHINGER ALB - Die Albwasser Versorgungsgruppe II hat sich am Mittwochabend in Nellingen zur Verbandsversammlung getroffen. Neben dem Jahresabschluss 2019 und den Budgetplanungen für das kommende Jahr stand besonders ein Thema im Mittelpunkt der Gespräche. Der Klimawandel ist nämlich auch auf der Schwäbischen Alb angekommen. Mit den damit verbundenen längeren Trockenphasen, die Forst- und Landwirtschaft zum Teil schon deutlich prägen, ist nun auch die Wasserversorgung betroffen. So erläuterte der Verbandsvorsitzende, Bernd Schaefer, dass die Todtsburgquelle unmittelbar betroffen ist und dass sich der Verband schon jetzt Gedanken machen muss, wie die Wasserversorgung auf zukunftssichere Beine gestellt wird. Investitionen, wie beispielsweise den
Bau einer Enthärtungsanlage, werden somit erneut auf den Prüfstand gestellt und rücken wieder weiter in die Ferne.
Nach sechs Jahren Pause, aufgrund der Autobahn und Bahnbaustellen, hat der Versorgungsverband Anfang des Jahres die Todtsburgquelle wieder in Betrieb nehmen können: ein großer Schritt um die Eigenständigkeit der Albwassergruppe II und eine dezentrale Versorgung mit Trinkwasser zu gewährleisten.
Entsprechend froh waren die Beteiligten. Allerdings wurde bereits im ersten Jahr der Nutzung klar, dass der Verband nun gegen einen neuen, wohl übermächtigen Gegner kämpfen muss, den Klimawandel.
Die Todtsburgquelle ist eine Karstquelle und ist somit (ähnlich wie der Blautopf) von Niederschlagsmengen abhängig, die das Wasserreservoir in den Gesteinsschichten der Schwäbischen Alb regelmäßig auffüllen. Je nachdem, wie voll dieses Reservoir ist, steigt oder sinkt die Ausschüttung der Quelle und je weniger Wasser die Quelle liefert, desto mehr Wasser muss die Albwasser Versorgungsgruppe II von anderen Anbietern, wie beispielsweise der Landeswasserversorgung (LW) einkaufen. Das führt zu weiteren Fragestellungen, denn die LW verteilt Bezugsrechte, welche die Versorgungsgruppen beantragen und bei Mehrbedarf auch aufstocken können. Langfristig stellt sich dann aber die Frage, ob es wirtschaftlich bleibt, die Quelle zu betreiben und möglicherweise Großinvestitionen, wie in die bereits genannte Enthärtungsanlage zu tätigen, wenn man weicheres Fremdwasser in entsprechenden Mengen bezieht.
Bernd Schaefer blickte am Mittwochabend sehr ernst in die Runde. „Der Klimawandel wirkt sich auf alles aus. Veränderungen sind in vielen Bereichen schon spürbar, ob nun die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt oder sich Hitzephasen und Starkregenereignisse etablieren. Bei uns sorgt er dafür, dass wir unsere operative Versorgung mit Trinkwasser überdenken müssen.“Im Normalfall sei es so, dass die Wasserversorgungsgruppe eine Menge an Wasser entnimmt, die durch Niederschläge dann wieder aufgefüllt werde. Paradoxerweise fördert die Quelle im Jahresdurchschnitt gleich viel Wasser wie in den Jahren und Jahrzehnten davor. Und auch die durchschnittlichen Niederschlagsmengen sind laut Statistiken der Wasserversorgungsgruppe gleich geblieben.
Trotzdem haben die örtlichen Experten bemerkt, dass sich die Quellschüttung zu bestimmten Zeiten signifikant verändert hat. Das Quellwasser aus dem Speicher habe sich trotz zeitweiser starker Regenfälle nicht mehr aufgefüllt. „Das ist bei der ganzen Landeswasserversorgung so. Einige Gemeinden mussten dieses Jahr schon Warnungen herausgeben, das Trinkwasser nicht mehr für die Schwimmbeckenbefüllung zu verbrauchen. Soweit sind wir noch nicht“, erklärte Schaefer. Allerdings seien die Beobachtungen beunruhigend genug gewesen, um entsprechende Daten zu erheben. Zudem habe der Verband geprüft, ob die Veränderungen mit der Bahnbaustelle zusammenhängen. Letzteres habe sich aber nicht bestätigt.
Seit 1979 gibt es wöchentliche oder zweiwöchentliche Aufzeichnungen über die Quellausschüttung der Todtsburg. Ab dem Jahr 2015 entsteht besonders im Sommer ein jährlicher Bogen nach unten. In diesem Zeitraum, der immer mehr zunimmt, sinkt die Quellausschüttung auf ihr Minimum. Das resultiert aus langen Trockenphasen. „Die Aufzeichnungen zeigen: Früher hat es relativ konstant geregnet mit geringeren Unterbrechungen.
In den vergangenen Jahren zeigen die Zahlen immer mehr Amplituden beim Niederschlag und Phasen mit Trockenzeiten, die immer länger werden.“Teilweise falle vier bis sechs Wochen lang gar kein Regen. Wenn der Niederschlag dann fällt, bleibt das Wasser oft in den oberen Bodenschichten hängen und sickert nicht mehr ab. Dadurch haben Pflanzen dann die Möglichkeit das Wasser wieder aus dem Boden zu ziehen, denn die Kapillarwirkung sei deutlich stärker als die Versickerung. „Teilweise fällt die Menge der Quellschüttung dann, obwohl Regen gefallen ist“, so Schaefer.
Im Winter und Frühjahr hat die Wasserversorgungsgruppe II durch die saisonal verschobenen Niederschlagsmengen genügend Wasser zur Verfügung. Das große Problem sei der Sommer, hier treffen Trockenheit und steigender Wasserbedarf aufeinander. „Seit zwei, drei Jahren werden die Bezugsrechte bei der Landeswasserversorgung monatlich abgerechnet und durch die trockenen Zeiten, überschreiten wir unsere Rechte. Für dieses und das nächste Jahr ist die Versorgung aber sichergestellt“, erklärte Schaefer und fügte an: „Darüber müssen wir uns jetzt Gedanken machen.“Das entstehende Delta in der benötigten Wassermenge könne über Drittanbieter, gesteigerte Bezugsrechte bei der Landeswasserversorgung oder über die Erschließung neuer Wasservorkommen aufgefüllt werden.
„Dann stellt sich aber die Frage: Brauchen wir eine mehrere Millionen Euro teure Enthärtungsanlage.“Eine von einem Ratsmitglied angeregte Speicherung des Wassers in Überflusszeiten sei technisch nicht machbar. Einerseits sei ein Reservoir durch die schiere Menge von geschätzten 100 000 Kubikmetern utopisch, andererseits müsse das Wasser ja auch in Trinkwasserqualität vorgehalten werden, was technisch nicht realisierbar sei– von der Wirtschaftlichkeit ganz zu schweigen.
Laichingens Bürgermeister Klaus Kaufmann gab zu bedenken, dass eine Einzelbetrachtung der Förderjahre sinnvolle Ergebnisse bringt. „Wir brauchen längerfristige Beobachtungen, wie sich die Quelle verhält, mindestens zwei, drei Jahre, bevor wir sehr viel Geld dann möglicherweise sinnlos ausgeben.“Das sieht auch Bernd Schaefer so. Was die Planungssicherheit der Trinkwasserversorgung angehe, so müsse der Verband jedoch schon im kommenden Jahr Entscheidungen treffen.
Vielleicht reiche eine einfache Versammlung dazu nicht aus und eine fachliche Klausur mit entsprechenden Experten müsse stattfinden. „Wir waren immer stolz, dass wir mit der Albwasser-Versorgungsgruppe II immer eigenständig waren, aber wenn wir mal auf 60 Prozent Fremdwasserbezug oder mehr hoch gehen, müssen wir uns schon ernste Gedanken machen ob das weiterhin wirtschaftlich ist.“
Merklingens Bürgermeister Sven Kneipp betonte nochmals, wie wichtig eine dezentrale Versorgung mit Trinkwasser sei, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Allerdings solle das überlegte Vorgehen der Verbandsversammlung nicht den Eindruck bei den Bürgern erwecken, dass man hier zögerlich agiere. „Wir setzen stark darauf, die Quelle zu erhalten. Aber wir müssen jetzt die Frage klären, wo bekommen wir die nächsten 30 Jahre unser Wasser her. Immerhin handelt es sich hier um das Lebensmittel, das wir alle jeden Tag in großen Mengen brauchen“, sagte Kneipp.
„Wir brauchen längerfristige Beobachtungen, wie sich die Quelle verhält, mindestens zwei, drei Jahre bevor wir sehr viel Geld dann möglicherweise sinnlos ausgeben.“
Klaus Kaufmann Bürgermeister Laichingen
„Wir setzen stark darauf, die Quelle zu erhalten. Aber wir müssen jetzt die Frage klären, wo bekommen wir die nächsten 30 Jahre unser Wasser her.“
Sven Kneipp Bürgermeister Merklingen