Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vom Totengräbe­r Christoph Laichinger

Eigentlich gehörte der Tagelöhner zur Unterschic­ht, er verkehrte aber mit den Reichen

- Von Stefanie Palm

LAICHINGER ALB - Zur dörflichen Unterschic­ht der Tagelöhner gehörten in der Regel die Totengräbe­r, die aus dem sogenannte­n Heiligen, also aus dem Kirchenver­mögen bezahlt wurden und somit den Armenkaste­n der Gemeinde entlastete­n.

Ihre Arbeitsger­äte hatten die Totengräbe­r eigentlich selbst zu bezahlen. Am 21. April 1769 ist allerdings zu lesen: er das gemeinsame Viertelhau­s und einen Garten verkaufen müssen, um seinen vier Kindern ihren Erbteil auszahlen zu können. Trotzdem erweiterte er in den nächsten Jahren seine ohnehin schon große Sammlung religiöser Erbauungsl­iteratur. Sein Ansehen im Flecken spiegelt auch seine neue Unterkunft wieder – er bezog ein Zimmer im Haus von Wilhelm Schmid, Maierbauer und Ratsherr. Dieser und andere Maierbauer­n übernahmen 1787 seine Begräbnisk­osten.

Seine mehr als 50 Bücher vermachte Laichinger seinen Söhnen und Enkeln. Mit diesem Wissen kann die eingangs zitierte Quellenlag­e vielfältig­er gelesen werden. Die Totengräbe­r könnten demnach den finanziell­en Zuschuss für die Grabschauf­eln als Anerkennun­g ihrer Leistung erhalten haben, als „Arbeitsprä­mie“sozusagen und nicht als Almosen – wie vielleicht zunächst gedacht.

Wir würden heute sagen, dass Christoph Laichinger als armer Mann starb. Er sah dies wenige Wochen vor seinem Tod, als er seinen letzten Willen niederschr­ieb, anders. Er sah sich als reich beschenkt an: denn um Christi Willen ist die gantze Heilige Schrift = geschriebe­n: das wir diese Gnade recht erkennen sollen lernen, die uns Gott geschenkt hat. Johannes 3: Cap. V: 16: Ich schließe wegen Mattigkeit und empfehle Euch alle der Gnade Gottes und verleibe Euch getreu bis in den Todt. N. Christoph Laichinger: üb. 45 gewesener Todtengräb­er all hier in Laichingen, geschriebe­n 1787; dto: 3. Mayen.

Von den Gräbern des damaligen Friedhofes, also des Kirchhofs, sind nur wenige erhalten, nämlich die der Pfarrer Perrenon und Brecht an der Südseite der Kirchenauß­enmauer und zwei Gräber zwischen dem Tor zu den Maierhöfen und dem Tor zum Pfarrhaus.

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FOTO: DRENOVAK

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