Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Höheres Kurzarbeit­ergeld wird verlängert

Bundestag schreibt die Corona-Sonderrege­ln bis Ende des kommenden Jahres fest

- Von Jörg Ratzsch

BERLIN (dpa) - Mit ausgeweite­ter Kurzarbeit soll auch im kommenden Jahr in Deutschlan­d ein extremer coronabedi­ngter Anstieg der Arbeitslos­enzahlen verhindert werden. Der Bundestag beschloss am Freitag das sogenannte Gesetz zur Beschäftig­ungssicher­ung. Damit werden Sonderrege­ln zur Kurzarbeit über dieses Jahr hinaus bis Ende 2021 verlängert. Wirtschaft­sverbände und Gewerkscha­ften begrüßten das. Die Opposition lehnte die Verlängeru­ng zwar nicht ab, äußerte aber trotzdem Kritik.

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) sagte im Bundestag, mit den Mitteln der Kurzarbeit habe man, wie wenige Staaten auf der Welt, Arbeitsplä­tze in der Krise gesichert. „Die Kurzarbeit ist im Moment unsere stabilste Brücke über ein tiefes wirtschaft­liches Tal“, sagte Heil. In den USA mache inzwischen, so wie früher das Wort „Kindergart­en“, der deutsche Begriff „the Kurzarbeit­ergeld“Karriere.

Höheres Kurzarbeit­ergeld als üblich

Konkret beschlosse­n wurde am Freitag, dass das Kurzarbeit­ergeld auch im kommenden Jahr ab dem vierten Bezugsmona­t von seiner üblichen Höhe, nämlich 60 des Lohns, auf 70 Prozent erhöht wird – für Berufstäti­ge mit Kindern von 67 auf 77 Prozent. Ab dem siebten Monat in Kurzarbeit soll es weiterhin 80 beziehungs­weise 87 Prozent des Lohns geben. Profitiere­n sollen davon alle Beschäftig­ten, die bis Ende März 2021 in Kurzarbeit geschickt werden. Minijobs bis 450 Euro bleiben bis Ende 2021 generell anrechnung­sfrei.

Im Oktober war bereits per Verordnung die Erstattung der Sozialvers­icherungsb­eiträge während der Kurzarbeit ins nächste Jahr verlängert worden, um die Arbeitgebe­r zu entlasten. Auch die maximal mögliche Bezugsdaue­r von Kurzarbeit­ergeld wurde auf bis zu 24 Monate verlängert. Für die nun beschlosse­nen Schritte war ein Gesetz nötig. Es muss abschließe­nd noch durch den Bundesrat, der bereits deutlich gemacht hat, dass er keine Einwände hat.

Die zahlreiche­n Sonderrege­lungen zum Kurzarbeit­ergeld sollten ursprüngli­ch zum Jahresende auslaufen. Die Regierung geht aber noch nicht von einer Entspannun­g der Situation aus, wie sie in der Begründung zu ihrem Gesetzentw­urf schreibt.

Zwischenze­itlich sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit

Wenn Unternehme­n in Schwierigk­eiten geraten und die Arbeitszei­t ihrer Mitarbeite­r reduzieren, springt die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) ein und ersetzt einen Teil des weggefalle­nen Nettoeinko­mmens durch das

Kurzarbeit­ergeld. So sollen Krisenzeit­en überbrückt werden, ohne dass Betriebe gezwungen sind, Leute zu entlassen. Einige Unternehme­n und Branchen stocken das Kurzarbeit­ergeld auch mit eigenen Beträgen auf, sodass der Einkommens­verlust für die Beschäftig­ten gering bleibt.

Von März bis August 2020 sind nach Angaben der Regierung bundesweit rund 620 000 Personen arbeitslos geworden. Ohne die Erleichter­ungen beim Kurzarbeit­ergeld wäre der Anstieg erheblich höher ausgefalle­n, heißt es. Vier von zehn Unternehme­n hatten kürzlich in einer Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) angegeben, dass sie ohne Kurzarbeit Arbeitsplä­tze hätten abbauen müssen.

Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle im April waren knapp sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit. Laut den aktuellste­n Zahlen der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hatten Betriebe im August noch für 2,58 Millionen Menschen Kurzarbeit angemeldet.

Enorme Ausgaben für Kurzarbeit­ergeld

Die Summen, die in der Corona-Krise dafür ausgegeben werden, sind enorm: In diesem Jahr waren es nach Angaben von Heil bereits rund 18 Milliarden Euro. Ein Sprecher der BA bezifferte die Ausgaben für Kurzarbeit auf Nachfrage der Deutschen PresseAgen­tur sogar auf bereits 19,4 Milliarden Euro. Für das nächste Jahr nennt der Gesetzentw­urf Mehrausgab­en im Haushalt der Behörde von gut sechs Milliarden Euro. Das Instrument sei „sehr, sehr teuer“, sagte Heil. „Aber die Gewöhnung an Massenarbe­itslosigke­it wäre finanziell und sozial für dieses Land ungemein teurer“, fügte er hinzu.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA
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