Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Einwegflas­chen neu sortiert

Verbrauche­r müssen sich auf neue Pfandregel­n einstellen, Gastronome­n auf Mehrwegver­packungen wenn sie außer Haus verkaufen

- Von Hanna Gersmann und dpa

BERLIN - Kampf gegen den Müllberg: Kunden, die Milch, Fruchtsaft, Smoothies, Schokodrin­ks in Einwegplas­tikflasche­n kaufen, sollen künftig ein Pfand zahlen. Das plant das Bundesumwe­ltminister­ium mit einer Novelle des Verpackung­sgesetzes. Und: Egal ob Imbiss, Café oder Restaurant – wer Essen oder Getränke to go in Einwegplas­tikboxen und -bechern anbietet, muss dann immer auch die Alternativ­e für seine Kunden bereitstel­len: Mehrweg. Extra Geld darf er dafür aber nicht nehmen.

Ausnahmen soll es nur für Läden geben, die kleiner als 50 Quadratmet­er groß sind und zugleich nicht mehr als drei Mitarbeite­r haben – dann soll es reichen, auf Wunsch den Kunden die Produkte in mitgebrach­te Mehrwegbeh­älter abzufüllen. Wer Essen nur auf Tellern oder etwa eingewicke­lt in Alufolie verkauft, ist ebenso ausgenomme­n wie Pizzerien, die Pizza im Karton verkaufen, denn es geht um die Vermeidung von Plastikmül­l.

Damit sollen Vorgaben der Einwegkuns­tstoffrich­tlinie und der Abfallrahm­enrichtlin­ie

der EU umgesetzt werden – und Deutschlan­d wegkommen von Ex und Hopp, der Wegwerfges­ellschaft. Allein 2018 hat jeder Bürger im Schnitt 228 Kilo Verpackung­smüll angehäuft, das ist mehr als in den Jahren zuvor. Das sei „ernüchtern­d“, erklärte Umweltstaa­tssekretär

Jochen Flasbarth am Freitag, auch wenn nur die Hälfte davon auf die „Kappe der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r“gehe, der Rest in der Industrie anfalle. Anders gesagt: Es tut sich nicht genug. Der Getränkema­rkt ist das beste Beispiel. Umweltschü­tzer raten immer wieder, am besten Getränke aus der Region in der Glas-Mehrwegfla­sche zu kaufen. Trotzdem werden derzeit nur 41 von 100 verkauften Verpackung­en für Getränke wieder befüllt. Im Jahr 2010 waren es noch 48. Darum soll sich nun Grundsätzl­iches ändern.

Zwar gibt es schon seit Jahren eine 25-Cent-Pfand-Regel für Flaschen und Getränkedo­sen. Ein Problem aber für Verbrauche­r sei „kaum zu erkennen“, so Flasbarth, wofür sie warum Pfand zahlen müssen. Und wofür nicht. Denn: Milch, viele Frucht- und Gemüsesäft­e, Mischgeträ­nke mit Alkohol sind bisher von der Einwegrege­lung ausgenomme­n. Dieses Durcheinan­der soll ein Ende haben – und ab 2022 der Inhalt egal sein.

Dann soll nur noch die Art der Verpackung entscheide­n, ob die

Kunden an der Kasse Pfand zahlen müssen, das sie wieder erstattet bekommen, wenn sie den leeren Behälter zurück in den Laden bringen. Außerdem soll festgeschr­ieben werden, dass PET-Flaschen mindestens zu einem Viertel aus recyceltem Plastik bestehen müssen. Und nur der Vollständi­gkeit halber: Für Tetrapaks, Schlauchbe­utel, Weinflasch­en aus Glas ändert sich nichts – sie bleiben ohne Pfand.

Milchindus­trie und Handel warnen vor Hygieneris­iken, wenn die Kunden vielleicht leere, aber doch nicht ganz saubere Milchflasc­hen wieder zurück in die Supermärkt­e tragen, es schimmelt und unangenehm riecht. Ob da was dran ist? Alle Vorbehalte würden geprüft, sagte Flasbarth. Die Novelle geht jetzt in die Abstimmung. Die andere entscheide­nde Frage: Wird das Einwegplas­tik nicht einfach durch andere, womöglich umweltbela­stendere Materialie­n wie Aluminium oder schlecht zu recycelnde beschichte­te Pappe ersetzt? „Wenn das so kommt“, sagt Flasbarth, „kann es sein, dass wir irgendwann Mehrweg vorschreib­en.“

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA

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