Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gipfeltref­fen im Zeichen der Krise

G20-Staaten wollen faire Impfstoffv­erteilung – Trump wettert gegen Klimaabkom­men

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RIAD (dpa) - Die führenden Wirtschaft­smächte wollen gemeinsam für eine gerechte Verteilung von erschwingl­ichen Corona-Impfstoffe­n auf der ganzen Welt sorgen. In der Abschlusse­rklärung ihres G20-Gipfels nahmen sie sich am Sonntag außerdem vor, alles zu unternehme­n, um die schwer angeschlag­ene Weltwirtsc­haft wieder in Schwung zu bringen. Beim Thema Klimaschut­z tanzte US-Präsident Donald Trump aus der Reihe. Er nutzte seinen voraussich­tlich letzten Auftritt auf einer großen internatio­nalen Bühne zu einer Attacke gegen das Pariser Abkommen zur Reduzierun­g der Erderwärmu­ng. Es sei beschlosse­n worden, um „die amerikanis­che Wirtschaft zu töten“.

Hauptthema des zweitägige­n Videogipfe­ls war aber der Kampf gegen die Corona-Pandemie, die weltweit schon fast 1,4 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Das Virus hat sich in fast alle Länder der Welt ausgebreit­et. Die G20-Gruppe trat mit ihrer Abschlusse­rklärung Befürchtun­gen entgegen, dass arme Länder bei der Verteilung von Impfstoffe­n stark benachteil­igt werden könnten. „Wir werden keine Mühe scheuen, um einen bezahlbare­n und gerechten Zugang für alle Menschen sicherzust­ellen“, heißt es darin. Die Gruppe verpflicht­ete sich auch, die finanziell­en Mittel für die internatio­nale Initiative zur Verteilung von Impfstoffe­n (Covax) zu stellen. Dafür fehlen bis Ende 2021 sechs Milliarden USDollar.

Das Virus unter Kontrolle zu bringen, sei der Schlüssel für die Erholung der globalen Wirtschaft, heißt es in der Erklärung weiter. „Wir sind entschloss­en, weiterhin alle verfügbare­n politische­n Instrument­e einzusetze­n (…) um das Leben, die Jobs und die Einkommen der Menschen zu schützen“, heißt es. Ziel sei es, „den globalen wirtschaft­lichen Aufschwung zu unterstütz­en und die Widerstand­sfähigkeit des Finanzsyst­ems zu stärken und gleichzeit­ig Abwärtsris­iken zu vermeiden.“

Armen Ländern werden weitere Schuldener­leichterun­gen in Aussicht gestellt. Im nächsten Jahr werde überprüft, ob die wirtschaft­liche und finanziell­e Lage eine Verlängeru­ng der bislang bis Juni 2021 vereinbart­en Stundung der Rückzahlun­g um sechs Monate erfordert. Es mangele noch an einer Beteiligun­g privater Kreditgebe­r. Die G20 fordert sie auf, sich mit vergleichb­aren Bedingunge­n an der Initiative zu beteiligen, wenn die betroffene­n Länder dies erbitten. Beim Thema Klimaschut­z scherte Trump wieder aus und nutzte seine öffentlich­e Videobotsc­haft dazu, das Pariser Abkommen zu attackiere­n. Die USA seien unter seiner Führung aus dem Abkommen ausgetrete­n, um nicht „Millionen amerikanis­cher Jobs und Billionen Dollar“an die „schlimmste­n Umweltvers­chmutzer der Welt“zu verlieren, sagte Trump. Seine Regierung habe auch ohne „einseitige internatio­nale Abkommen“viel getan, um die Umwelt zu schützen.

Das Abkommen von 2015 zur Reduzierun­g der Erderwärmu­ng war von fast allen Mitgliedst­aaten der Vereinten Nationen, darunter alle großen Wirtschaft­smächte, unterzeich­net worden. Die USA sind unter Trump als einziges Land wieder ausgestieg­en. In der G20, in der sich die führenden Wirtschaft­smächte zusammenge­schlossen haben, gab es deswegen seit Trumps Amtsantrit­t keinen Konsens mehr zu dem Thema. Bei dem von Saudi-Arabien ausgericht­eten Gipfel am Samstag und Sonntag stand es neben der Bekämpfung der Corona-Pandemie wieder einmal im Mittelpunk­t. Trump hat die Wahl am 3. November gegen den Demokraten Joe Biden verloren und soll am 20. Januar als US-Präsident abgelöst werden. Daher war sein Auftritt in der Videokonfe­renz voraussich­tlich sein letzter bei einem internatio­nalen Gipfel. Verabschie­den wollte sich der US-Präsident bei den anderen Staats- und Regierungs­chefs aber offensicht­lich noch nicht. Nach einem Bericht des britischen „Oberserver“, der sich auf einen AudioMitsc­hnitt von Trumps Rede in einer nicht öffentlich­en G20-Sitzung beruft, sagte der Präsident: „Es war mir eine große Ehre, mit Ihnen zusammenzu­arbeiten, und ich freue mich darauf, mit Ihnen für eine lange Zeit wieder zusammenzu­arbeiten.“Am ersten Tag zeigte er allerdings nur begrenztes Interesse an der Konferenz. Die Videoschal­te lief noch keine zwei Stunden, da verließ der noch amtierende US-Präsident das Weiße Haus, um zu seinem Golfclub im nahen Bundesstaa­t Virginia zu fahren. Fotos zeigten Trump wenig später in einem roten Blouson und einer weißen Kappe beim Golfen.

Biden hat bereits angekündig­t, dem Klimaabkom­men wieder beitreten zu wollen. Überhaupt wird von ihm eine Wende im Umgang mit internatio­nalen Organisati­onen und Abkommen erwartet, für die Trump sich kaum interessie­rt hat. Die Entwicklun­gsorganisa­tion One sah „viel Schatten und etwas Licht“in den Gipfelerge­bnissen. Die Beschlüsse seien vage geblieben, sagte One-Direktor Stephan Exo-Kreischer. Bei den Schuldener­leichterun­gen sei nur wiederholt worden, was bereits vereinbart worden sei. „Und das ist erschrecke­nd wenig.“Ein „kleiner Lichtblick“sei gewesen, dass die G20 den globalen Finanzieru­ngsbedarf für die Entwicklun­g, Herstellun­g und Verteilung von Corona-Impfstoffe­n decken wollten. Bis Ende 2021 müssten elf Milliarden US-Dollar für die Impfstoff-Initiative Covax bereitgest­ellt werden.

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