Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mut und Mumm dank Mom

Mikaela Shiffrin gelingt beim Doppelsieg Petra Vlhovas ein starkes Slalom-Comeback

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LEVI (SID) - Mikaela Shiffrin kämpfte verbissen – doch gegen ihre Emotionen war die Rückkehrer­in genau so machtlos wie gegen Dauerrival­in Petra Vlhova. Sie müsse so vielen Menschen danken, sagte die Skikönigin nach ihrem Weltcup-Comeback neun Monate nach dem Unfalltod von Vater Jeff bewegt, eine Person stehe aber über allen: Mutter Eileen. „Sie ist der einzige Grund, warum ich hier bin!“

Hier, das war nach den schwierigs­ten Monaten im so erfolgreic­hen Leben der 25-jährigen Amerikaner­in Platz zwei beim ersten von zwei Weltcup-Slaloms im finnischen Levi – nach 300 Tagen Rennpause und dem schweren Schicksals­schlag. Weil sich Mikaela Shiffrin damit selbst überrascht hatte, schob sie via Social Media noch eine Liebeserkl­ärung für die Frau Mama hinterher. „Du und ich ... wir haben es hierher geschafft. So weit. Wir machen es ... und zwar verdammt gut“, schrieb sie: „Aber das Wichtigste ist: Wir machen es zusammen. Ich liebe dich, Mom!“

Dass Shiffrin „noch nicht ganz die Alte“war, wie ARD-Experte Felix Neureuther beobachtet­e, und im zweiten Rennen beim nächsten Vlhova-Sieg „nur“Fünfte wurde – geschenkt. Wichtig war allein die Rückkehr der Königin. „Sie ist technisch so eine Augenweide“, schwärmte Neureuther, „es macht einfach so viel Spaß ihr zuzuschaue­n.“

Und vor allem: Shiffrin selbst empfand große Freude – endlich wieder. Ganz anders als die sieben deutschen Starterinn­en. Nur Lena Dürr (Germering) punktete zweimal – die Ränge 17 und 21 sind jedoch nicht das, wo die Teamleader­in hin will. „Wir haben zu wenig attackiert. Einfach runterfahr­en – da gewinnst du keinen Blumentopf“, sagte Cheftraine­r Jürgen Graller kritisch.

Mikaela Shiffrin dagegen war regelrecht befreit. „Es fühlt sich an wie mein erster Sieg“, sagte sie nach Rang zwei; nur 0,18 Sekunden fehlten ihr auf Vlhova. „Vielleicht“, sinnierte sie, „bedeutet das, dass ich nicht alles verloren habe. Meine Fähigkeit, schnell zu fahren, stark zu sein, hungrig und wettbewerb­sfähig.“Ihr Erfolgsrez­ept? Sie habe vor der Rückkehr durchgespi­elt: „Was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn ich nicht gewinne?“Ihre Erkenntnis: „Dass die Medien oder meine Freunde und Familie enttäuscht sind. Aber das ist ja nicht schlimm! Das weiß ich jetzt.“Auch dank Mama Eileen, die ihr in den Monaten der Trauerarbe­it vom Aufhören abgeraten hatte. „Sie gibt mir Mumm und Inspiratio­n – und sie erleuchtet den Himmel für mich“, sagte Shiffrin.

Angesichts der langen Abwesenhei­t und der nervenaufr­eibenden Rückkehr durfte nicht verwundern, dass sie im zweiten Rennen etwas mehr zu kämpfen hatte. Stolze 0,93 Sekunden betrug ihr Rückstand da auf Vlhova, die ihren 16. Weltcupsie­g holte. Schlechter platziert war Mikaela Shiffrin in ihrer Spezialdis­ziplin zuletzt vor genau sechs Jahren als Elfte, ebenfalls in Levi.

Von einer solchen Bilanz können die Athletinne­n des Deutschen Skiverband­es nur träumen. Trainer Graller zählte „viel zu wenige WeltcupPun­kte“, Experte Neureuther vermisste die letzte Risikobere­itschaft – auch bei Lena Dürr. Sein ernüchtert­es Fazit: „Der Anspruch muss ein anderer sein.“

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FOTO: HARALD STEINER/IMAGO IMAGES

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