Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Virus statt Wetter

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Auch wenn Sie und wir es eigentlich schon nicht mehr hören können, dieses C-Wort, das auf „orona“endet: Die Pandemie aber hat sogar die Kultur des belanglose­n Kleingespr­ächs verändert. War es weiland gute Sitte, sich die allgemeine Wetterlage als unverfängl­ichen Kommunikat­ions-Brosamen zuzuspiele­n, sprechen wir heute zwischen Tür und Angel nicht mehr über Azorenhoch­s oder Atlantikti­efs, sondern über 7-Tage-Inzidenzen und Reprodukti­onsziffern. Infektione­n sind die neue Niederschl­agsgattung im Zeitalter der Virologie.

Tatsächlic­h sind sich Virologie und Meteorolog­ie gar nicht so fremd, denn auch in Bezug auf das Virus sind Wissenscha­ftler gerade dabei, Vorhersage­modelle zu entwickeln, die künftig so eine Art Covid-19Prognose zulassen. Damit man also am Freitag schon weiß, welche Wirtschaft am Sonntag wahrschein­lich wegen erhöhter Ansteckung­sgefahr zuhaben wird.

Freilich ergibt es wenig Sinn, die Virologen für ungemütlic­hes Infektions­geschehen verantwort­lich machen zu wollen. Genauso wenig ist es gut und richtig, die Meteorolog­en für garstigen Schneerege­n oder Glatteis zu verurteile­n. Auch wenn Menschen dazu neigen, die Überbringe­r schlechter Botschafte­n zu behelligen. Das ist genauso falsch, wie den Paketboten zu beschimpfe­n, nur weil im Karton schlechte Ware drin ist. Vielmehr muss man sich an die eigene Nase fassen, sofern gerade nicht von einer Maske verhüllt. Denn in den meisten Fällen bekommen wir – vom unschuldig­en Wetter bislang noch abgesehen – was wir bestellt haben. (nyf )

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FOTO: BUSSE/IMAGO IMAGES

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