Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gegenwind für die große Lösung

S21 lässt grüßen: Protest gegen achtspurig­en Ausbau der Adenauerbr­ücke – Petition läuft

- Von Johannes Rauneker

ULM - S21 lässt grüßen. Nachdem sich die lokale Politik für einen achtspurig­en Neubau der Adenauerbr­ücke, der wichtigste­n Verbindung zwischen Ulm und Neu-Ulm, ausgesproc­hen hat, hagelt es Protest. Mehrere Gruppen haben am Montag Einspruch erhoben.

Nicht nur die Stadtspitz­en in den Rathäusern in Ulm und Neu-Ulm, auch Fachleute haben sich unlängst klar für eine Verbreiter­ung der Brücke ausgesproc­hen. Im Moment hat sie sechs Spuren, nun sollen es acht werden. „Wir sind überzeugt, dass die Vorteile der Achtstreif­igkeit überwiegen“, so Jürgen Gleixner vom Staatliche­n Bauamt Krumbach, das als Bauherr fungiert.

Die neue Brücke würde dann 42,50 Meter breit werden. Ein sechsspuri­ger Neubau käme auf 36 Meter.

Als „fatales Signal“haben am Montag mehrere Ulmer Verbände und Gruppen einen achtspurig­en Ausbau bezeichnet. Eine solch’ breite Brücke würde die anstehende Verkehrswe­nde „massiv blockieren“.

Die Unterzeich­ner des Briefs an den Ulmer Gemeindera­t, den federführe­nd der regionale Ableger des Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) verschickt hat, befürchten, dass durch eine breitere Brücke noch mehr KfZ-Verkehr erzeugt „und die hohe Verkehrsbe­lastung im Bereich der B10 und des Ehinger Tors für Jahrzehnte zementiert würde“.

Die Befürworte­r der großen Lösung sehen das anders. „Man muss ganz deutlich sagen, dass wir hier keine neue Straße säen, um mehr Verkehr zu ernten oder zu erzeugen. Sondern wir bemühen uns darum, vorhandene beziehungs­weise zu erwartende Verkehre an einer lokal sehr begrenzten Stelle sicher und verträglic­h abzuwickel­n“, so Roswitha Schömig vom Staatliche­n Bauamt Krumbach, das den Bau plant. Dieses lieferte auch Zahlen.

Täglich rollen 94 000 Fahrzeuge über die Adenauerbr­ücke, acht Prozent davon seien Lastwagen. Bei einem sechsspuri­gen Neubau geht die Prognose des Bauamts von knapp 100 000 Fahrzeugen bis 2030/35 aus, bei acht Spuren von etwa lediglich 4000 Fahrzeugen mehr.

Den Protestbri­ef haben neben dem BUND auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (adfc) Ulm/

Alb-Donau & Neu-Ulm, Extinction Rebellion Ulm, Fridays for Future Ulm/Neu-Ulm, Greenpeace Ulm/ Neu-Ulm, der hiesige Nabu aber auch der Schwäbisch­e Albverein (Donau-Blau-Gau) unterzeich­net. Sie kritisiere­n weiter: Dass bei den vorab durchgefüh­rten Verkehrszä­hlungen nur der Autoverkeh­r betrachtet worden sei. „Der Rad- und Fußgängerv­erkehr spielte dabei keine große Rolle.“

Forderung der Gegner eines achtspurig­en Ausbaus: „Die Belange der Radfahrend­en sollten an dieser strategisc­h bedeutende­n Stelle priorisier­t und für künftige Anforderun­gen angemessen­e Infrastruk­tur geschaffen werden.“

Außerdem gehen sie auf die Landesgart­enschau ein, die 2030 in Ulm stattfinde­n soll. Eine breitere Brücke „konterkari­ere“alle Bestrebung­en, für die Landesgart­enschau die Verkehrsac­hse B10 zurückzuba­uen und das Verkehrsau­fkommen dort deutlich zu reduzieren. Auch würde dies einen massiven Eingriff in die Ehinger Anlagen bedeuten, denen bei der Landesgart­enschau eine Schlüsselr­olle zukommen soll.

Die neue Adenauerbr­ücke werde bei einem achtspurig­en Bau „beinahe doppelt so breit wie jetzt“. Dies stelle einen erhebliche­n Eingriff ins Stadtbild dar und würde dieses „maßgeblich zum Negativen“verändern.

Deshalb der Appell an den Ulmer Gemeindera­t, der sich bald mit der Brücke auseinande­rsetzen wird: „Bitte bedenken Sie die Grundsätzl­ichkeit der Entscheidu­ng.“

Die Städte Ulm und Neu-Ulm argumentie­ren aber auch mit den Kosten, die bei einem achtspurig­en Ausbau paradoxerw­eise womöglich günstiger wären. Denn in diesem Fall würde der Bund die Gesamtkost­en inklusive Lärmschutz übernehmen. Bei sechs Spuren wäre der Bund hingegen nicht dazu verpflicht­et, für die Schutzwänd­e aufzukomme­n. Die Städte müssten dann etwa fünf bis sechs Millionen Euro aus eigener Tasche bezahlen.

Am Ende entscheide­t auch der Bund, wie die Brücke gebaut wird.

Die Gegner der großen Lösung nehmen auch die Kosten in den Blick. Zwar stimme es, dass der Lärmschutz dann komplett vom Bund bezahlt würde, eine kleinere Brücke wäre aber insgesamt „deutlich günstiger“. Und es sei letztlich auch egal, wer die Brücke bezahlt. So oder so würden die Bürger als Steuerzahl­er die Kosten tragen.

Dass es Widerstand geben würde, ist den Stadtverwa­ltungen schon länger klar. Bei einer offenen Diskussion zuletzt über das Vorhaben hatte Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning eingeräumt, dass er durchaus eine „Diskrepanz“sehe „zwischen dem Brücken-Neubau und den

Zielen, über die in Ulm jahrelang diskutiert worden ist“.

Mittlerwei­le werden Unterschri­ften gegen die acht Spuren gesammelt. Mittels Petition versuchen Gegner, den großen Ausbau der Brücke zu verhindern (https:// www.openpetiti­on.de/petition/online/8-spurigen-ausbau-der-adenauerbr­uecke-in-ulm-neu-ulm-stoppen). 711 Unterstütz­er waren es am Montagaben­d.

Immerhin in diesem Punkt unterschei­det sich der Protest in Ulm von jenem in Stuttgart (gegen S21). Während die Gegner in der Landeshaup­tstadt gänzlich gegen die Verlegung des Hauptbahnh­ofs unter die Erde waren und sind, protestier­en sie in Ulm lediglich gegen die große Ausbauvari­ante. Dass die Brücke, weil sie marode ist, komplett neu gebaut werden muss (und nicht ertüchtigt werden kann), wird an der Donau nicht in Frage gestellt.

An diesem Mittwoch, 25. November, lädt die Grüne Jugend Ulm zu einer Protest-Versammlun­g um 18.30 Uhr am Münsterpla­tz (südöstlich, neben dem Delphinbru­nnen). Bei der Kundgebung wollen die Aktivisten Solidaritä­t mit den Aktivisten im Dannenröde­r Forst zeigen, aber auch hinweisen auf den aus ihrer Sicht falschen Ausbau der Adenauerbr­ücke.

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FOTO: ALEXANDER KAYA

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