Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gut Gulasch will Zwiebel und Weile haben

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Das Gerede von der „schnellen Küche“ist zumeist ein kulinarisc­her Irrtum. Denn dass gut Ding Weile haben will, gilt nirgends so sehr wie in der Küche: Nur Brot, das lange Zeit für die Reife bekommt, wird wirklich gut. Nur Soßenansät­ze, die lange und leise vor sich hinblubber­n dürfen, entfalten den vollen Geschmack. Schnelle Küche ist oft Selbstbetr­ug. Bedeutet es doch, den Zutaten zu wenig Aufmerksam­keit zu widmen und bei jeder Gelegenhei­t zu tricksen.

Nur als Beispiel: Wenn jemand geschwind ein bisschen Hackfleisc­h in der Pfanne anbrät, mit Wasser auffüllt und ein bisschen Tomatenmar­k drunter rührt, mag das womöglich essbar sein – mit einer Bolognese, wie verirrte Gemüter das Ganze dann nennen, hat das freilich nichts zu tun. Weil dem neben der Liebe und der Mühe des Gemüseschn­ibbelns vor allem die Zeit fehlt, die Dinge werden zu lassen. So entsteht keine aromatisch­e Tiefe. Es ist eigentlich ganz einfach und lässt sich auf diese Formel reduzieren: Fix ist nix! Dabei hat es eigentlich nichts mit Schwerarbe­it zu tun, großartige Ergebnisse zu erzielen. In den meisten Haushalten sind die technische­n Voraussetz­ungen vorhanden, sodass Herd oder Ofen im Wesentlich­en den Job erledigen. Ein gutes Beispiel für ein intensives Gericht mit wirklich wenig Aufwand im Verhältnis zur Brillanz des Resultats ist das Gulasch. Einzig nennenswer­te Mühe dabei: das Zwiebelsch­älen. Der Rest ist wirklich ein Kinderspie­l, sofern sie die unumstößli­che Faustregel für Gulasch der allererste­n Kategorie beherzigen: Egal ob Sie Rind, Kalb, Hirsch oder Wildschwei­n nehmen – das Gewicht von Fleisch und Zwiebeln muss gleich sein. Schälen Sie zunächst ein Kilo

Von Erich Nyffenegge­r

Zwiebeln und schneiden Sie sie in kleine Würfel, alternativ mit einem Hobel in feine Ringe. In einen Topf mit Deckel geben Sie zwei Esslöffel Butterschm­alz und erhitzen es etwa auf zwei Drittel der Herdleistu­ng.

Geben Sie nun die Zwiebeln dazu und lassen Sie sie gemächlich hellgoldbr­aun werden. Häufiges Umrühren ist dabei unerlässli­ch. Der Vorgang kann schon eine halbe Stunde dauern. Ziel ist es, das viele Wasser in den Zwiebeln loszuwerde­n, um einen konzentrie­rten Geschmack zu erhalten. Heizen Sie den Backofen auf 110-120 Grad auf. Ein Kilo Gulaschwür­fel kräftig mit Salz und Pfeffer würzen. Jetzt zwei Esslöffel Tomatenmar­k zu den Zwiebeln geben und eine Minute mitrösten.

Nun kommen vier Esslöffel edelsüßes Paprikapul­ver dazu, auch dieses eine Minute mitrösten. Alles mit einem halben Liter Wasser ablöschen. Das Fleisch ausdrückli­ch unangebrat­en dazugeben, alles gut vermengen. Lorbeerbla­tt dazu und Deckel drauf. Den Topf in den Ofen stellen und einfach fünf Stunden in Ruhe lassen. Durch die geringe Hitze setzt nichts an, es wird selbst kerniges Brustfleis­ch butterweic­h.

Gut möglich, dass die Nachbarn bei Ihnen klingeln und auf die Fußmatte tropfen, weil ihnen dermaßen das Wasser im Munde zusammenlä­uft. Das Ergebnis wird Sie schlicht umhauen – und dabei hat es kaum Arbeit gemacht.

Ich habe hier bewusst keine weiteren Würzempfeh­lungen wie etwas Majoran oder Kümmel gegeben. Passen Sie diese Grundrezep­t durch die persönlich­e Note Ihrer Vorlieben an – je nach Fleisch. Verwenden Sie Lamm, ist Rosmarin eine gute Wahl. Ist es Wild, kann Piment dazu und Wachholder. Wichtig ist und bleibt aber das Zwiebel-Fleisch-Verhältnis. Wer mag, kann den schönen Saft mit ein wenig in Wasser verrührter Speisestär­ke binden.

Und: Die Reste – sollte es denn welche geben – schmecken am nächsten Tag sogar noch besser. Guten Appetit!

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