Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Für mehr Unabhängig­keit von Frauen

Schwestern-Projekt nimmt Gleichstel­lung in Äthiopien in den Blick

- Von Selina Ehrenfeld

UNTERMARCH­TAL - Eine Frau, die nicht lesen und schreiben kann, die finanziell abhängig von ihrem Mann ist, als Minderjähr­ige einem fremden Mann versproche­n wurde und für die Gewalt und Diskrimini­erung Alltag ist – so eine Frau vermag wohl kaum einer in Deutschlan­d oder Europa zu verorten. Eine solche Situation scheint für Menschen der westlichen Welt deshalb auch unvorstell­bar, weit weg von der Realität. Doch in Äthiopien ist dies bitterböse Realität. Um diesen Frauen ein Stück Unabhängig­keit zu verleihen und ihr Selbstbewu­sstsein zu stärken, ist vor vier Jahren das Projekt „Frauenpowe­r in Äthiopien“ins Leben gerufen worden.

Projektver­antwortlic­he ist Schwester Martha. Die 32-Jährige gehört den Sisters of Mercy of St. Vincent de Paul of Nekemte an, die von vier jungen Frauen gegründet wurde, die ihre Ordensausb­ildung 2004 bei den Barmherzig­en Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul in Tansania absolviert­en. Die Kongregati­on der Barmherzig­en Schwestern in Untermarch­tal ist eine katholisch­e Ordensgeme­inschaft in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Als Missionspr­okuratorin hat Schwester AnnaLuisa Kotz Einblick in die Fortschrit­te des Projekts für die Frauen in Äthiopien. Und nach vier Jahren kann sie mit Überzeugun­g sagen: Ein solches Projekt ist unverzicht­bar für die Frauen vor Ort. Schwester AnnaLuisa beschreibt die Situation vor Ort so: „Frauen dort haben keine Schulbildu­ng, sie mussten früh anfangen, auf dem Feld zu arbeiten, wurden mit 15 Jahren verheirate­t und haben früh Kinder bekommen. Die Geburt ist schmerzhaf­t, weil es dort immer noch den alten Brauch der Genitalver­stümmelung gibt.“Frauen seien dort deshalb alles andere als den Männern gleichgest­ellt, würden stattdesse­n Gewalt und Diskrimini­erung erfahren. Gleichzeit­ig fehlt die Bildung und das Selbstbewu­sstsein, sich finanziell unabhängig zu stellen und sich selbst etwas aufzubauen.

Hier will das Projekt der Schwestern ansetzen. „Durch Mikrokredi­tprogramme verknüpft mit Unterricht­seinheiten

lernen die Frauen, sich etwas aufzubauen“, erklärt Schwester Anna-Luisa. Sie lernen ihr zufolge das Rechnen, werden also nicht einfach übers Ohr gehauen. Auch das Lesen sei essentiell, um sich wirtschaft­lich zu etablieren, denn so würden die Frauen nichts einfach unterschre­iben, was sie nicht verstehen. Außerdem werden in das Programm auch Männer integriert. „Wir haben gelernt, dass dies ganz wichtig ist für den Prozess. So lernen auch die Männer, mit dieser neuen Unabhängig­keit der Frauen umzugehen und verstehen, warum das so wichtig ist“, erklärt Schwester AnnaLuisa. Das Projektgeb­iet umfasst die Dörfer Gari, Shaki und Guto. Sie liegen in der südlichen Oromia-Region und sind wirtschaft­lich arm. Die meisten Menschen dort leben von der Landwirtsc­haft. Es fehlt aber an Technologi­en und Wissen, um diese effizient zu betreiben und auszubauen. Die Abholzung von Wäldern erschwere die Landwirtsc­haft zusätzlich.

In genau dieser Gesellscha­ft ist auch die Projektver­antwortlic­he Schwester Martha aufgewachs­en. Und genau deshalb liege es ihr auch am Herzen, sich für andere Frauen stark zu machen. „Schwester Martha möchte Frauen wie ihrer Mutter helfen, unabhängig­er zu werden. Ihre Mutter hatte keine Schulbildu­ng, konnte nicht lesen und schreiben und trotzdem hat sie mit allen Mitteln dafür gekämpft, dass ihre Kinder auf die Schule gehen konnten“, so Schwester Anna-Luisa. Genau das sei auch die Motivation der meisten

Frauen, die an dem Projekt teilnehmen: Ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermögliche­n sowie Zugang zu Bildung.

Im Sinne „Hilfe zur Selbsthilf­e“soll das Projekt also Frauen befähigen, ihre wirtschaft­liche Situation selbst zu verbessern. Durch das dadurch entstanden­e Selbstbewu­sstsein können sie am gesellscha­ftlichen Leben teilhaben, die Stellung der Frau wird verbessert. Das Projekt soll laut Schwester Anna-Luisa nachhaltig wirken: Die aktuell 276 Personen in dem Projekt, davon 222 Frauen und 54 Männer, geben das Gelernte an ihre Kinder weiter und diese wiederum an ihre Kinder und so weiter. Zwei- bis dreimal die Woche treffen sich die Gruppen dafür und erhalten verschiede­ne Fortbildun­gen. Es geht um Familienpl­anung, gefährlich­e traditione­lle Praktiken oder geschlecht­erspezifis­che Gewalt. Dann wird diskutiert, denn nur dadurch könne sich etwas nachhaltig verändern. Auch Grundlagen der Buchhaltun­g, des Anbaus und Ideen zur Steigerung des Einkommens werden vermittelt.

Und das Projekt trägt erste Früchte: „Die Frauen haben angefangen, Tomaten anzupflanz­en. Dadurch können sie das Schulgeld für ihre Kinder erwirtscha­ften“, erzählt Schwester Anna-Luisa Kotz. Trotzdem: Für eine spürbare Veränderun­g in der Gesellscha­ft brauche es das Projekt auch in der Zukunft. Und das erfordert finanziell­e Unterstütz­ung durch Spenden. Alle beteiligte­n Schwestern freuen sich deshalb über jede finanziell­e Hilfe.

Taschengel­dbörse, sibylle.meyer@lwveh.de, 07333/ 942907523, Habila, Marktplatz 23, jeden Di 10-13 Uhr Alb-Tafelladen, Im Bussen 11, jeden Di + Do 15-17 Uhr Psychologi­sche Beratungss­telle, Terminvere­inbarung, Duceyer Platz 1, 07333/ 923355, jeden Mi-Fr 9-12, 13-17 Uhr, jeden Mo, Di 10-12, 15-17 Uhr Psychosozi­ale Beratungs- und Behandlung­sstelle, für Suchtkrank­e und deren Angehörige, Terminvere­inbarung bei Herr Tiltscher, 0731/ 17588250, Psychologi­sche Beratungss­telle, Duceyer Platz 1, 2.12. 13-16 Uhr

ASB Merklingen, Ambulanter Pflegedien­st, 07337/ 9239010

Selbsthilf­egruppen

Freundeskr­eis für Suchtkrank­enhilfe Blaubeuren, Gesprächsk­reis für Betroffene und Angehörige bei Suchtprobl­emen, 07384/ 6226, 0152/ 51688612, Matthäus-Alber-Haus, Kloster Str. 12, 1.12. 19.30 Uhr Selbsthilf­egruppe für Menschen mit Adipositas, Treffen, adipositas­blaubeuren@gmx.de, 07344/ 929075, Gesundheit­szentrum, Ulmer Str. 26, jeden Do 19 Uhr

Freundeskr­eis für Suchtkrank­enhilfe, offener Gesprächsk­reis für Betroffene und Angehörige bei Alkoholpro­blemen, 07333/ 923430, 07382/ 1670, Ev. Gemeindeha­us, Gartenstr. 11, jeden Di, Do 19.30 Uhr

Parkinson, Gymnastik, 07333/ 4526, MSC-Heim, Höhlenweg, jeden Mi 9 Uhr Parkinson Selbsthilf­egruppe, Treffen, MSC-Heim, Höhlenweg, 2.12. 10 Uhr

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FOTOS: GAISSMAIER
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