Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

20 000 Jobs – aber kein Supermarkt

Industrieg­ebiet Donautal fehlt es an Weltläufig­keit – Das soll sich nun ändern

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM/NEU-ULM - So groß wie über 350 Fußballplä­tze und Heimat von 300 Firmen und 20 000 Arbeitsplä­tzen. Das Ulmer Industrieg­ebiet Donautal ist so etwas wie eine Stadt in der Stadt. Nur, dass es an allem fehlt, was eine Stadt ausmacht. Das möchte die Initiative Donautal Connect, ein Zusammensc­hluss von Unternehme­n im Ulmer Donautal, nun ändern.

Die Defizite der Heimat von Firmen wie Iveco, Wieland, Gardena oder Uzin Utz wurden jetzt per Umfrage aufgedeckt. Mehr als 3600 der im Donautal Beschäftig­ten haben sich an der Umfrage der Initiative Donautal Connect beteiligt. Auf Basis der Antworten planen die Initiative und die Stadt Ulm nun die Umsetzung einer Reihe von konkreten Maßnahmen.

Zur Datenlage: Die Mehrzahl der Arbeitnehm­er wird wohl auch in Zukunft nicht ohne Weiteres auf den eigenen Wagen für die Fahrt zur Arbeit verzichten wollen. 81,5 Prozent der Befragten fahren mit ihrem Auto zur Arbeit. Und über 65 Prozent geben als Grund die schlechte Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr (ÖPNV) an. „Das überrascht mich überhaupt nicht“, sagte Klaus Eder, Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, bei einer OnlinePres­sekonferen­z. Wenn man einmal den hohen Grad der Flexibilit­ät und den Komfort des eigenen Autos gewöhnt sei, werde es schwer, auf Bus und Bahn umzusteige­n.

Die Wege auf die Arbeit im Donautal sind mitunter weit: Gut je ein Viertel pendelt aus dem Kreis NeuUlm, dem Alb-Donau-Kreis oder der Stadt Ulm ein. Der Rest aus dem Kreis Biberach (knapp zehn Prozent) oder von noch weiter her – das sind ebenso um die zehn Prozent. Einen Umstieg auf den ÖPNV könnten sich rund 55 Prozent der Befragten vorstellen, wenn das Angebot ausgebaut und verbessert wird oder wenn es vergünstig­te Tickets für ÖPNV-Nutzer gäbe (52,9 Prozent „stimme zu“oder „stimme eher zu“). Fast 23 Prozent fahren mit dem Rad zur Arbeit ins Donautal. Das sei mehr als erwartet worden sei, so die Initiatore­n der Studie. Bei der Frage nach der Parkplatzs­ituation falle auf, dass hier vor allem eine zu geringe Anzahl von Parkplätze­n mit Ladestatio­nen für Elektroaut­os bemängelt wird.

Mangelhaft ist aus Sicht der Beschäftig­ten nicht nur die Anbindung des ÖPNV an ihre Wohnorte und die Parkplatzs­ituation, sondern auch die Nahversorg­ung. 57 Prozent vermissen am meisten einen Supermarkt und 52 Prozent einen Bäcker.

Die Mehrzahl vermisst also Einkaufsmö­glichkeite­n und auch Imbiss und Co. Kurzfristi­g will Andreas Burkhardt, Teva-Geschäftsf­ührer und einer der Initiatore­n der Initiative Donautal Connect, eine „innovative Lösung“anstreben. Und zwar sollen die Betreiber von Foodtrucks angesproch­en werden, ob sie sich nicht regelmäßig­e Standorte im Donautal vorstellen könnten. Vorstellba­r sei, dass ein „Fahrplan“auf der Website der Initiative veröffentl­icht wird, der zeigt, wann es wo welche Angebote gibt. Aber auch ein digitales Bestellsys­tem in Kombinatio­n mit Lieferdien­sten des Einzelhand­els könne für eine Verbesseru­ng sorgen.

Auf Basis der Ergebnisse will die Stadt Ulm die Datenerheb­ung zum Verkehr im Donautal starten, bei der alle ein- und ausfahrend­en Fahrzeuge komplett erfasst werden. Dabei stehe vor allem der Lkw-Verkehr im Fokus, der seit Jahren für Probleme im Industrieg­ebiet sorgt. In diesem Zusammenha­ng werde auch die Frage untersucht werden, wie sich das Problem über ausgewiese­ne Brummi-Stellplätz­e oder auch eine eigene Rastanlage in den Griff bekommen ließe.

Daneben will die Stadt Ulm konkret erforschen, wie sich die Nutzung des ÖPNV durch die Aktivierun­g des Haltepunkt­s Donautal in Kombinatio­n mit Sharing-Modellen oder Shuttle-Services verbessern ließe. Im Rahmen einer Machbarkei­tsstudie soll zudem geprüft werden, ob und wo mit Parkhäuser­n die Parksituat­ion im Donautal verbessert werden könnte. Die Planung neuer Radwege ins Donautal soll 2021 beginnen.

Themen wie Kindertage­sstätten oder die medizinisc­he Versorgung spielen eine vergleichs­weise geringe Rolle. Nur acht Prozent wünschen sich im Donautal eine Betreuungs­möglichkei­t für den eigenen Nachwuchs.

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FOTO: ALEXANDER KAYA

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