Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein bisschen Leidenscha­ft darf sein

Basketball, Bundesliga: Gegen Bamberg reagierte Per Günther sehr emotional

- Von Pit Meier

ULM - Per Günther platzte irgendwann der Kragen. Als sich am Mittwoch im letzten Viertel der Partie der Basketball-Bundesliga zwischen Ratiopharm Ulm und Brose Bamberg abzeichnet­e, dass es für die Ulmer trotz einer Sechspunkt­e-Führung Mitte des letzten Viertels eine weitere knappe Niederlage setzen würde, da schmiss der Kapitän einen Stuhl mit Vehemenz hinter die Spielerban­k. So viel Emotion darf mindestens sein. Einige von Günthers Ulmer Teamkolleg­en zeigten auf und neben dem Parkett deutlich weniger Herz und Leidenscha­ft. Gerade diese Tugenden werden aber nötig sein bei der Auswärtsau­fgabe am Samstag (20.30

Uhr) gegen Tabellenfü­hrer Ludwigsbur­g. Andernfall­s droht gegen die Riesen die fünfte Niederlage im sechsten Spiel und das Abrutschen ins noch grauere Mittelmaß der Tabelle.

Zwei Tage danach hatte Günther seinen Frust verarbeite­t. In der Pressekonf­erenz vor dem Ludwigsbur­gSpiel sagte er immerhin: „Ich glaube schon, dass wir ein bisschen verärgert sind. Wir hatten uns mehr aus den letzten Spielen erwartet.“Die Selbstkrit­ik des Kapitäns: „Wenn du ein Spiel mit einem 0:13-Lauf beendest, kannst du nur auf dich selbst wütend sein.“Es wäre ein Heimsieg drin gewesen im Spiel gegen die Bamberger, das aufgrund der vielen großen Duelle zwischen beiden Mannschaft­en für

Günther eine noch größere emotionale Bedeutung hat als das Derby gegen Ludwigsbur­g. Bamberg gegen Ulm – so lautete etwa in den vergangene­n neun Jahren zweimal die Ansetzung in der Endspielse­rie um die deutsche Meistersch­aft.

Die Kräfteverh­ältnisse haben sich verändert. Der neunmalige deutsche Meister und sechsfache Pokalsiege­r aus Oberfranke­n ist in der Bundesliga ebenso wie die Ulmer nur noch Mittelmaß. Vorneweg marschiere­n derzeit die Ludwigsbur­ger mit ihren acht Siegen nacheinand­er, unter anderem gegen andere Topmannsch­aften wie Berlin, Crailsheim und Hamburg. Was alles andere als eine Momentaufn­ahme ist: Schon beim Saisonabsc­hlussturni­er im Juni im Münchener

Audi-Dome bewies die Mannschaft von Trainer John Patrick mit Platz zwei, dass sie zusammen mit Oldenburg wahrschein­lich am ehesten dazu in der Lage ist, die deutschen Überfliege­r Alba Berlin und Bayern München zu ärgern.

Was die Ulmer mitnehmen nach Ludwigsbur­g, das ist die Gewissheit, dass sie diesen Gegner schlagen können. Ende Oktober fertigten sie im Pokal die allerdings durch eine Corona-Quarantäne geschwächt­e Mannschaft aus der Barockstad­t mit 92:72 ab und schafften unter anderem damit die Qualifikat­ion für das TopFour-Turnier. Seitdem hat es ein paar personelle Veränderun­gen gegeben: Unter anderem hat Elias Harris die Ludwigsbur­ger verlassen und beim spanischen Erstligist­en Saragossa unterschri­eben. Herausrage­nder Spieler bei den Riesen ist damit jetzt erst recht Jaleen Smith: bester Werfer, bester Rebounder, die meisten direkten Korbvorlag­en, Ballgewinn­e und Blocks. Eigentlich ein Fall für John Petrucelli, den wahrschein­lich besten Verteidige­r bei den Ulmern. Aber der fehlt seit ein paar Spielen wegen Rückenbesc­hwerden. Nach der Einschätzu­ng von Per Günther hat aber seine Mannschaft Probleme in erster Linie im Angriff: „Ich würde deswegen diese Personalie nicht allzu hoch hängen.“

Der Pokalsieg gegen Ludwigsbur­g stellt für Per Günther einen gewissen Wert dar: „Wenn du in Ludwigsbur­g gewinnen willst, musst du auch davon überzeugt sein, die Qualität dazu zu haben. Das haben wir uns durch den Sieg bewiesen.“Wenn jetzt noch alle Ulmer Spieler so viel Herz und Leidenscha­ft an den Tag legen, wie ihr Kapitän das gegen Bamberg bei seinem Stuhlwurf getan hat ...

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FOTO: HORST HÖRGER

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