Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Nachbarschaftshilfe funktioniert wie von selbst“
Der Hohenstadter Schultes Günter Riebort sammelte im Sommer Kraft an der Ostsee
HOHENSTADT - Der Hohenstadter Bürgermeister Günter Riebort blickt zurück auf ein ziemlich verrücktes Jahr 2020. Immerhin kann sich die Gemeinde über satte Förderung für den Ausbau von schnellen Datenleitungen freuen – und muss dazu nur einen vergleichsweise geringen Anteil aus den eigenen Finanzmitteln aufwenden. Wie das Jahr so war und was im neuen Jahr so ansteht, darüber spricht Riebort im Interview mit SZ-Redakteur David Drenovak.
Welches Projekt war für Ihre Gemeinde das wichtigste im Jahr 2020 und warum?
Für die Gemeinde war der Beginn der Arbeiten für den Glasfaserausbau mit unserer Nachbargemeinde Drackenstein eines der wichtigsten Projekte. Viele Jahre Vorarbeit waren dazu notwendig, insbesondere auch um den Zuschuss vom Bund mit 50 Prozent und die Kofinanzierung mit 40 Prozent vom Land Baden-Württemberg zu erhalten. Bei Kosten von rund 2,8 Millionen Euro macht das immerhin 2,52 Millionen Euro Förderung aus. Die restlichen Kosten von rund 280 000 Euro werden von kommunaler Seite geleistet. Wenn alles klappt, wird im Laufe des Jahres 2021 eine digitale Versorgung mit bis zu einem Gigabit erreicht. Im Vergleich zur jetzigen Geschwindigkeit von zwei bis sechs Mbit, ist so ein Ergebnis gigantisch. Man könnte sagen: Wir springen von der Steinzeit in die Zukunft.
Welches Projekt mit viel Zukunftspotential wollen Sie im kommenden Jahr für Ihre Gemeinde anstoßen?
Es ist uns gelungen mit Hilfe der Energieagentur des Landkreises Göppingen, die Firma GP Joule aus Buttenwiesen in Bayern für die Realisierung eines Nahwärmeprojekts in unserer Gemeinde zu gewinnen. Mit der vorhandenen Biogasanlage und weiteren Energielieferanten wie beispielsweise Hackschnitzelanlagen, Photovoltaik und ähnlichem wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, dieses Projekt umzusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger dafür begeistern können und sich für einen Nahwärmeanschluss entscheiden.
Wie beurteilen sie ganz generell die Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern im Rathaus, 2020 war zu großen Teilen auch sehr fordernd für die Verwaltungen?
Die Zusammenarbeit war bisher schon sehr gut, aber mit Beginn der Pandemie wurden die neuen Herausforderungen eindrucksvoll gemeistert. Ich freue mich sehr über das vertrauensvolle Miteinander. Wir können uns einfach aufeinander verlassen.
Wie war der Kontakt zu den Bürgern, welches war ihr schönster Moment?
Der Kontakt war natürlich stark eingeschränkt. Unsere Bürger haben auch von sich aus die Besuche auf dem Rathaus auf das Notwendigste eingeschränkt. Es gab auch immer Zuspruch zu unserer Arbeit unter erschwerten Bedingungen. Das freut uns sehr.
Für den Fall, dass in diesem Jahr wieder Feste oder Veranstaltungen in ihrer Gemeinde stattfinden können, auf welche freuen Sie sich besonders?
Letztendlich freue ich mich auf alle Feste wie beispielsweise unser Brunnenfest, unseren Florianhock und unseren kleinen, aber feinen Weihnachtsmarkt.
Veranstaltungen gab es 2020 ja nicht so viele. Welche ist Ihnen besonders positiv in Erinnerung geblieben?
Leider sind viele geplante Veranstaltungen wie bei allen anderen Gemeinden entfallen. Herausragend war für mich die Primiz von unserem Martin Saur. Es kommt sicherlich nicht oft vor, dass ein neuer Pfarrer in seinem Heimatort eingesetzt wird. Unter Einhaltung der Corona-Verordnung gab es einen kleinen Umzug und eine sehr schöne Messe in unserer Kirche St. Margaretha.
Wie haben Sie den Zusammenhalt ihrer Gemeinde in der Coronakrise erlebt?
In unserem Dorf hat die Nachbarschaftshilfe ohne Zutun der Gemeinde wie von selbst funktioniert. Wir hatten in diesem Jahr vereinbart, keinen Maibaum aufzustellen. Es hat sich aber eine Gruppe gefunden,
ANZEIGE die kurz entschlossen unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen einen Ersatzmaibaum aufstellte. Auch zur Weihnachtszeit hat sich eine Gruppe zusammen gefunden und unseren Dorfplatz weihnachtlich geschmückt. Ich bin begeistert über diesen Zusammenhalt in unserer Dorfgemeinschaft.
Was war für Sie persönlich das schönste Ereignis 2020 und warum?
Ich konnte nach längerer Zeit im Sommer einige Tage an der Ostsee bei Kappeln/Schlei verbringen. Dort habe ich als Kind viel Zeit bei meinen Großeltern verbracht. Dort konnte ich viel positive Energie sammeln.
Welche Folgen hat Corona für Vereine und Gruppen in der Kommune?
Für unsere Vereine und die Feuerwehr hat die Pandemie schwerwiegende Folgen, da alle Präsenzveranstaltungen eingeschränkt waren oder auch ganz eingestellt wurden. Ich denke da zum Beispiel an unseren Kirchenchor, der seit dem Beginn der Pandemie bis heute keine Proben oder Auftritte hatten. Unser Sportverein hat Übungsstunden digital angeboten, die sehr gut angenommen werden. Es bleibt zu hoffen, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen und die Vereine und Gruppen sich wieder treffen können. Dieser Aspekt ist für unsere Dorfgemeinschaft sehr wichtig.
Welche Folgen hat Corona auf die örtliche Wirtschaft?
Hohenstadt hat zwar nicht so viele Gewerbebetriebe, aber auch die hat der Lockdown natürlich getroffen. Unsere Gaststätten haben aufgrund der Einschränkungen einen Abholservice eingerichtet, der sehr gut angenommen wird. Auch hier zeigt sich, dass die Bevölkerung die Gastronomie im hohen Maße unterstützt.