Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Technische Panne bei zweitem Impftermin

Wie eine 81-Jährige aus Ingerkinge­n vergeblich versucht, sich impfen zu lassen

- Von Andreas Spengler

INGERKINGE­N/ULM - So schnell wie möglich wollte Manuela Christ ihre 81-jährige Mutter gegen das Coronaviru­s impfen lassen. Doch wegen einer technische­n Panne fürchtet sie nun, dass es keinen zweiten Impftermin geben könnte. Und die Ingerkinge­rin ist mit ihrer Sorge offenbar nicht alleine. Beim Sozialmini­sterium ist das Problem bereits bekannt – eine Lösung gibt es bislang nicht.

Angst habe ihre Mutter vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s, erzählt Manuela Christ. Sie unterstütz­t ihre Mutter bei der Impfung. Doch sie habe nicht erwartet, dass das so komplizier­t werde.

Die 81-jährige Anneliese Neubauer leidet unter Diabetes und Bluthochdr­uck, sie gehe regelmäßig zum Arzt und sei gegen alle üblichen Krankheite­n geimpft. Die Impfung gegen Covid-19 sei daher eine Selbstvers­tändlichke­it gewesen. „Meine Mutter war gleich dabei“, erzählt Christ. Zunächst lief alles wie erhofft: Schon am vergangene­n Dienstag hatte die Seniorin einen Termin im Ulmer Impfzentru­m erhalten.

Den Termin gibt es allerdings nur gegen Vorlage eines Zugangscod­es. Der Code für den zweiten Termin funktionie­rte bei Anneliese Neubauer nicht. „Sie kann sich bis zum heutigen Tag nicht damit einloggen“, erzählt ihre Tochter. Zunächst dachte sie, dass sich das Problem in Ulm lösen lasse. Wie wichtig die Zugangscod­es sind, merkte sie schon auf dem Parkplatz am Impfzentru­m. Die Zufahrt ist nur mit Code möglich.

Beim Termin am Dienstag schilderte sie am Empfang die technische­n Probleme. Dort habe ihr das Personal vom Deutschen Roten Kreuz geraten, sich abends an die Hotline zu wenden. Manuela Christ war guter Hoffnung. Das Impfen sei schnell und problemlos gegangen. „Wir mussten nicht anstehen, einige Kabinen waren sogar leer“, erzählt sie. Doch einen zweiten Termin erhielt ihre Mutter nicht.

Als sie sich abends bei der Hotline unter der Nummer 116117 gemeldet habe, habe man ihr nicht weiterhelf­en können. „Normalerwe­ise dürfen nur Leute geimpft werden, die auch bereits einen zweiten Termin vereinbart haben“, habe man ihr gesagt.

Es folgten viele weitere Telefonate. Immer wieder versuchte Christ ihr Glück bei der Hotline. „Die Frauen am anderen Ende der Leitung taten mir fast leid. Die waren selbst überforder­t“, erzählt sie. Eine Hotline-Mitarbeite­rin habe gar im Handbuch nach einer Lösung gesucht.

„Es kann doch nicht sein, dass der erste Impftermin für meine Mutter vergebens war, weil sie jetzt keine zweite Impfung erhält“, sagt Christ.

Eine Erklärung dafür liefert das Baden-Württember­gische Sozialmini­sterium auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Von der

Panne seien nicht nur Impfpatien­ten in Ulm, sondern offenbar überall in Deutschlan­d betroffen. Der Grund dafür sei ein technische­s Problem auf der Anmeldepla­ttform des Betreibers des Bundes, der Firma KV Digital. „Es handelt sich unseres Wissens nach jedoch um Einzelfäll­e“, erklärt das Ministeriu­m. Und fügt hinzu: „Die KV Digital ist bereits dran, das Problem zu lösen.“

Für Christ und ihre Mutter ist dies ein Wettlauf gegen die Zeit: 21 Tage nach der ersten Impfung wollte sie die zweite Dosis erhalten. Sie befürchtet, dass der Impfstoff und die verfügbare­n Termine nochmals knapp werden könnten.

David Richter, der Geschäftsf­ührer des Deutschen Roten Kreuzes in Ulm ist für den Betrieb des Impfzentru­ms in Ulm zuständig. Er beschwicht­igt: „Es ist kein Problem, wenn die zweite Impfung nicht exakt 21 Tage nach der Erstimpfun­g, sondern etwas später stattfinde­t.“Außerdem seien für die Zeit ab dem 29. Januar noch ausreichen­d freie Termine verfügbar. Ein zweiter Impftermin lasse sich „problemlos“über die Hotline vereinbare­n.

Doch Christ hat mit den Experten der Hotline mehrmals schlechte Erfahrunge­n gemacht. „Ihre Mutter muss froh sein, dass sie überhaupt eine Impfung bekommen hat“, soll ein Mitarbeite­r gesagt haben. Eine andere Mitarbeite­rin habe gesagt: „Wenden Sie sich ruhig an die Zeitung,

dann sehen die Leute mal, was hier los ist.“

Bis heute versucht Christ, einen zweiten Termin zu bekommen und hat vor allem die Erfahrung machen müssen, dass die Kommunikat­ion rund um die Impfzentre­n weiterhin hakt. Eine Hotline-Mitarbeite­rin habe ihr geraten, ihre Mutter im Zentrum in Ummendorf impfen zu lassen und dafür die Gemeindeve­rwaltung anzurufen. Offenbar die völlige falsche Adresse: „Es ist unerträgli­ch, wie viele Personen auf der Gemeindeve­rwaltung Ummendorf anrufen, obwohl hinreichen­d bekannt ist, dass der Landkreis das Impfzentru­m betreibt und unter der Nummer 116117 dann Termine vereinbart werden können, sobald der Impfstoff verfügbar ist“, teilt die Gemeinde über ihre Facebook-Seite mit.

Vom Rathaus aus wurde sie an das Gesundheit­samt des Landkreise­s verwiesen. Und dort? Wurde ihr empfohlen, sich an die Hotline zu wenden für die Terminverg­abe. „So schließt sich der Kreis, aber ich fühle mich absolut alleine gelassen“, sagt Christ. Selbst ihre Mutter habe inzwischen resigniert und schon vorgeschla­gen, auf die zweite Impfung zu verzichten. „Wenn es vielen Menschen so ginge, hat die ganze Impfkampag­ne keinen Wert“, sagt Christ. „Ich hoffe nur, dass das Anfangssch­wierigkeit­en sind.“Auch nach unzähligen Telefonate­n will sie noch nicht aufgeben.

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