Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auswärts eine Macht
Der VfB Stuttgart gewinnt das Schwabenderby in Augsburg verdient mit 4:1
AUGSBURG (SID/dpa) - Die Stuttgarter „Auswärtsmeister“lassen sich von den außersportlichen Querelen nicht im Geringsten beeindrucken. Sollen sich doch die Vereinsoberen öffentlich um die Macht streiten – der VfB spielt im gegnerischen Stadion weiterhin taktisch clever und beeindruckend stark, so stark wie keine andere Mannschaft der Fußball-Bundesliga.
Das hochverdiente 4:1 (2:0) im Schwabenderby beim FC Augsburg am Sonntag war für Stuttgart bereits der fünfte Sieg fern der eigenen Arena. Nicolas Gonzalez (10., Foulelfmeter), Silas Wamangituka (29.), Gonzalo Castro (61.) und Daniel Didavi (86.) sicherten dem VfB die Punkte 15 bis 17 für die Auswärtstabelle – dort steht die Mannschaft von Trainer Pellegrino Matarazzo auf dem ersten Platz. In der Gesamtwertung zog Stuttgart am FCA vorbei auf Rang zehn. Nur vier Zähler fehlen zu Platz fünf, bereits zehn Punkte groß ist der Vorsprung auf Rang 16.
„Ich kümmere mich um meine Mannschaft, mein Funktions- und Trainerteam“, sagte Matarazzo, „der Sieg tut uns gut. Ob er dem Verein Ruhe gibt, kann und will ich nicht bewerten.“Eine Erklärung für die Auswärtsstärke hatte er nicht: „Der einzige Unterschied ist, dass wir im Hotel übernachten. Augsburg hat uns überrascht mit einem etwas höheren Pressing, aber ab Mitte der ersten Halbzeit waren wir schlagkräftig.“Der überzeugende Abwehrchef Waldemar Anton hob hervor: „Wir waren giftig und bissig. Wir haben hier wieder mal ein gutes Spiel gemacht, wir hätten vielleicht sogar noch ein Tor mehr schießen können.“
Die Stuttgarter bleiben in dieser Bundesligasaison gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte ungeschlagen. Heiko Herrlichs Ausburger verpassten dagegen den vom Trainer geforderten Sprung nach vorne und sind seit 13 Heimspielen gegen einen Aufsteiger sieglos. „Das ist ein Rückschlag für uns. Wir sind alle enttäuscht, wir versuchen aber wieder aufzustehen“, sagte er.
Nach einer beeindruckenden ersten Halbzeit ließen sich die Stuttgarter 28 Sekunden nach der Pause durch den Anschlusstreffer (46.) des später mit Gelb-Rot vom Platz gestellten
Marco Richter (76.) überrumpeln, sie blieben aber unbeeindruckt und überzeugten durch ihre reifere Spielanlage und vor allem ihr schnörkelloses Direktspiel nach vorne. Der dritte Treffer durch Kapitän Castro bedurfte dabei der Anerkennung durch den „Kölner Keller“– Schiedsrichter Daniel Schlager hatte zunächst auf Abseits entschieden.
Augsburg stellte sich früh selbst ein Bein: Reese Oxford brachte Mateo Klimowicz am Strafraumeck mit einem ungeschickten Tritt auf den Fuß zu Fall, Schiedsrichter Schlager blieb auch nach Rücksprache mit dem Videoassistenten bei seiner ElfmeterEntscheidung – Gonzalez verwandelte sicher. Augsburgs Daniel Caligiuri nannte dies nach dem Abpfiff eine
„klare Fehlentscheidung“. „Knackpunkt war ganz klar der Elfmeter“, kritisierte auch Manager Stefan Reuter. „Aus meiner Sicht war das auf keinen Fall Elfmeter.“
Caligiuri war es auch, dem fünf Minuten später fast der Ausgleich gelungen wäre: Sein Freistoß aus 25 Metern klatschte jedoch ans Tordreieck (14.), nachdem VfB-Torhüter Gregor Kobel noch mit den Fingerspitzen dran war.
Augsburg hatte nun ein paar starke Minuten. Von dieser Phase abgesehen stand der VfB angeleitet von Anton in der Regel gut gegen den meist etwas planlos anrennenden FCA, dem allzu oft der letzte entscheidende Pass und die Durchschlagskraft fehlten. Zudem befreiten sich die Stuttgarter immer wieder durch geschicktes Aufbauspiel und erstklassige Konter, etwa beim Tor von Wamangituka. Nach einem weiten Traumpass von Marc-Oliver Kempf lief Borna Sosa auf der linken Seite davon und bediente perfekt im Rücken der Verteidigung den herangestürmten Wamangituka, der sein achtes Saisontor erzielte, zum 2:0. Ein Lupfer von Gonzalez (43.) blieb zudem an den Händen von Keeper Gikiewicz hängen. Auch nach dem 1:2 hatte der VfB das Spiel über weite Strecken gut im Griff. Vor allem bei ihren schnellen Gegenstößen sorgten die Stuttgarter für große Gefahr. Unermüdlich liefen sie weiter an und belohnten sich erneut. Nach einer perfekten Flanke von Gonzalez war die Augsburger Abwehr erneut geknackt: Castro traf zum 3:1.