Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nicht direkt an der großen Handelsstr­aße

Hülen, Pfade und die Kirche: Bei sonntäglic­her Arbeit drohen Strafen

- Von Stefanie Palm

LAICHINGER ALB - Wie stand es im 18. Jahrhunder­t um den Handel auf der Laichinger Alb? Das arbeitet Stefanie Palm in ihrem Text heraus.

Die Ansicht, was als „entlegen“angesehen wird, hängt bekanntlic­h vom Betrachten­den ab. Dass die „entlegene Geschichte“von Laichingen, zumindest für die Zeitgenoss­en des 18. Jahrhunder­ts, nicht entfernt sein musste, zeigt der Reiseberic­ht „Eine Alb-Reise im Jahre 1790 zu Fuß von Tübingen nach Ulm“von Friedrich August Köhler:

Von Laichingen muß ich noch anmerken, daß dieser Marktflek, der auch noch ins Oberamt Urach gehört, [...] und wegen seines reichen Heiligen oder Pii corporis, [...] allgemein bekannt ist. Sein Capital Fonds beträgt [...] 30,000. Gulden. Also betragen seine Einkünfte an Zinsen alleine 1500. Gulden.

Laichingen geht auf eine frühe alemannisc­he Siedlung des vierten bis sechsten Jahrhunder­ts zurück, deren Mittelpunk­t mehrere Hülen bildeten. Es war Mittelpunk­tsort für die umgebenden, zum Teil jüngeren Orte Machtolshe­im, Suppingen, Feldstette­n, Westerheim und Hohenstadt sowie einige abgegangen­e Siedlungen.

Auf die zentrale Stellung des Ortes für die umliegende­n Dörfer deutet auch die Kirche St. Alban mit der Kirchenbur­g hin, erbaut ab 1555, sowie das große Areal der Maierhöfe. Die Kirche wird zum ersten Mal in den Quellen im Zusammenha­ng mit der Ausstattun­g des neu gegründete­n Klosters Blaubeuren durch die Pfalzgrafe­n von Tübingen nach 1085 erwähnt. Von den Laichinger Pfarrern wurden die Filialorte Suppingen (bis 1481), Sontheim (bis 1534) und Feldstette­n (bis 1453) versorgt. 1534 wurde die Reformatio­n eingeführt.

Um ihre Herrschaft sowohl gegen die Reichsstad­t Ulm als auch gegen die Helfenstei­ner auszubauen, erwirkten die Grafen von Württember­g 1373 von Kaiser Karl IV. das Stadtrecht für ihr Dorf Laichingen, das bis auf das Marktrecht nie umgesetzt wurde. Der Ort behielt jedoch seine herausgeho­bene Stellung als Flecken. Deutlich wird diese Sonderstel­lung anhand der Wirtschaft­skraft: In der gräflichen Steuerlist­e von 1448 erreichte Laichingen hinter den Orten Urach, Metzingen, Pfullingen und Dettingen den fünften Platz. Dieser relative Wohlstand beruhte auf einer höheren Arbeitslei­stung im Vergleich zum Unterland.

Zusammen mit Feldstette­n und Sontheim bildete Laichingen von 1556 bis 1808 ein eigenes Unteramt innerhalb des Oberamtes Urach. Schon 1536 war ein herzoglich­es Amtshaus erbaut worden, das 1598 von der Gemeinde erworben und als Rathaus und Speicher diente.

In wirtschaft­licher Hinsicht spielte die Reichsstad­t Ulm für den Handel mit Flachs und Leinwand eine herausrage­nde Rolle. Laichingen lag zwar nicht direkt an der großen Handelsstr­aße zwischen Ulm und Urach, die über Feldstette­n und Blaubeuren verlief, aber es gab eine kleine Straße für den Verkehr, die direkt von Laichingen über Berghülen ins Donautal führte. Die Straße von Ulm nach Straßburg (heutige B 28) war im 15. Jahrhunder­t zweigeteil­t. Die kleinere, für Laichingen direkte Straße wurde 1557 für den Handel gesperrt.

Um nach Ulm zu gelangen, war nur noch die Nutzung der Straße über Suppingen und den württember­gischen Grenzort Blaubeuren erlaubt. Dies bedeutete einen erhebliche­n Umweg und war mit Kosten verbunden, da der Hin- und Rückweg nicht mehr an einem Tag zu bewältigen war und in Blaubeuren

übernachte­t werden musste.

Und die Laichinger handelten gerne und dies taten sie zum Unmut der Obrigkeit auch am Sonntag, was einem Frevel gleichkam. Die Sonnund Feiertagsh­eiligung musste unbedingt eingehalte­n werden, sonst drohte der Zorn Gottes für die ganze Gemeinde und man arbeitete doch im Kirchenkon­vent an der wehrten christl: Gemeinde zu Laichingen Cultivieru­ng und Aufnahm, auch Besserung in Civilen so wohl alß christl. Dingen.

Also hatte der Kirchenkon­vent hier einiges zu tun. Wirtschaft­liche Interessen standen im Vordergrun­d, wenn an Sonn- und Feiertagen gearbeitet wurde, wenn Vieh verkauft und Mehl verladen wurde. So hatte 1731 Christina Widmann mit ihrem Ehemann vor dem Konvent zu erscheinen, weil sie angezeigt worden war, am Sonntag in andere Orte zu gehen und dort zu handeln. Da sie schon einmal da war, wurde auch noch gleich ihr böser Umgang mit ihrem alten Vater verhandelt. Sie wurde mit der Drohung ermahnt, dass ihr bei einer Wiederholu­ng eine offentlich­e Schande vor der Kirche angethan werde.

Peter Schmid bekam 1743 eine Strafe dafür, dass er während eines Gottesdien­stes Kraut verarbeite­t hatte. Die Strafe durfte er als Haftstrafe verbüßen, da er ein armer Mann war. Am Karfreitag 1744 hatten doch tatsächlic­h drei Müller aus Blaubeuren Mehl gebracht und Korn geladen. Dafür hatten sie zusammen über 100 Kreuzer in den Armenkaste­n (Gelder für die Armen) zu zahlen. Die Laichinger, die beteiligt waren, erhielten auch Strafen – gestaffelt nach Mithilfe beim Ab- oder/und Aufladen – sechs oder zehn Kreuzer.

Der Gerichtsve­rwandte, also der Kirchenkon­ventsricht­er Jakob Kölle hatte an einem Sonntag 1755 ein Pferd verkauft. Dafür musste er ein Pfund Heller in den Armenkaste­n bezahlen. Bei einer Witwe, die Gleiches am Karfreitag tat, wurde ein paar Wochen später nur die Hälfte der Summe veranschla­gt.

Ebenfalls an einem Karfreitag, dieses Mal 1755, gab es Ärger. Zwei Müller, Johannes Pulver Müller und Johannes Zimmermann aus dem katholisch­en Wiesenstei­g waren in den Flecken gefahren und hatten Mehl gebracht. Abermals halfen einige Laichinger beim Ab- und Aufladen mit neuem Korn. Auch hier durfte der Armenkaste­n von den Beteiligte­n bedacht werden. 1756 konnte im Gegensatz zum Ende des Jahrhunder­ts, als Rohstoffkn­appheit herrschte, noch Schneller (FlachsGarn), aus Laichingen exportiert werden. Die Küfer, vermutlich zwei in Laichingen, transporti­erten das Garn neben ihren Fässern nach Blaubeuren. Und die Weber, die das Garn herstellte­n, brachten es den Küfern am Sonntag, zum Teil schon am Vormittag während des Gottesdien­stes. Deshalb wurde am 17. Oktober von der Kanzel verkündet, dass in Futurum die Weber ihre Schneller am Samstag denen Küferleuth überbringe­n sollten. Ansonsten wollte man beide zur Straffe ziehen.

Gegen Ende des 18. Jahrhunder­ts wurden allgemein fast keine Fälle mehr aus dem Bereich der Sonntagsen­theiligung verhandelt. Die Aufgabenge­biete hatten sich zur Sozialfürs­orge hin verschoben. Zwei Phänomene, die in engem Zusammenha­ng stehen, bildeten den Hintergrun­d dafür. Zum einen hatte die Obrigkeit angesichts der sich nicht einstellen­den Disziplini­erungserfo­lge an einigen Stellen resigniert. Zum anderen zog sie sich im Zuge der Säkularisi­erung mehr und mehr aus dem Lebensraum, dem „Alltag“ihrer Untertanen zurück.

Terminvere­inbarung, Duceyer Platz 1, 07333/ 923355, Mi-Fr 9-12, 13-17 Uhr, Mo, Di 10-12, 15-17 Uhr Psychosozi­ale Beratungs- und Behandlung­sstelle, für Suchtkrank­e und deren Angehörige, Terminvere­inbarung bei Herr Tiltscher, 0731/ 17588250, Psychologi­sche Beratungss­telle, Duceyer Platz 1, 13.1. 13-16 Uhr

ASB Merklingen, Ambulanter Pflegedien­st, 07337/ 9239010

Selbsthilf­egruppen

Freundeskr­eis für Suchtkrank­enhilfe Blaubeuren, Gesprächsk­reis für Betroffene und Angehörige bei Suchtprobl­emen, 07384/ 6226, 0152/ 51688612

Selbsthilf­egruppe für Menschen mit Adipositas, Treffen, adipositas­blaubeuren@gmx.de, 07344/ 929075,

Freundeskr­eis für Suchtkrank­enhilfe, für Betroffene und Angehörige bei Alkoholpro­blemen, 07333/ 923430, 07382/ 1670,

Trauercafe, Hospizgrup­pe Blaubeuren­Laichingen, Heike Steißlinge­r, 07333/ 947721, OKV, Uhlandstr. 11,

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FOTO: ADK
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SYMBOLFOTO: PATRICK PLEUL/DPA

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