Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ochs Willibald aus Westerheim darf weiterhin warten
Musikkapelle streicht Veranstaltungen im Frühjahr – Wohl auch kein Osterkonzert – Musiker stecken zwischen Hoffen und Bangen
WESTERHEIM - Zwischen Hoffen und Bangen bewegen sich die Musiker Westerheims zu Beginn des neuen Jahres. Sie hoffen sehr, dass sie bald wieder zu ihren Instrumenten greifen und Musik machen dürfen. Allzu gerne würden sie zu ihrem Osterkonzert einladen. Bangen müssen die Musikanten um die Vorstände Dietmar Ramminger und Gerhard Rehm nicht nur um ihr Traditionskonzert Anfang April, sondern auch um die auf Juli verschobene Jubiläumsfeier. „Die meisten Termine stehen noch in den Sternen“, erklärt Ramminger. Doch eins sei sicher: Die Fasnet und die Maskenprämierung können nicht stattfinden.
„Die Fasnet fällt ins Wasser“, da ist sich das Vorstands-Duo sicher. Das sei schade, aber angesichts der grassierenden Corona-Pandemie unerlässlich. Lieb wäre den beiden Vorstandsmitgliedern der Musikkapelle Westerheim, wenn sie ihr Osterkonzert wieder abhalten könnten. Doch auch da ist die Tendenz eher nein, zumal die Musiker ohnehin nicht gemeinsam proben dürfen, und das wohl noch über eine längere Zeit.
So müssen die Freunde und Fans der Westerheimer Musikkapelle wohl noch geraume Zeit warten, bis sie die Auftragskomposition „Sinfonia Brevis Westerheim“aus der Feder von Markus Götz hören dürfen, die zum 250-jährigen Bestehen der Musikkapelle Westerheim in Auftrag gegeben worden war. Ob das sinfonische und musikalisch anspruchsvolle Werk mit den drei Teilen „Schertelshöhle“, „Trauer und Hoffnung“und „Feiern“in diesem Jahr noch zu hören ist, das ist völlig offen und hängt vor allem von der Entwicklung der Corona-Pandemie ab.
„Die Frühjahrsveranstaltungen 2021 entfallen und auch hinter unserem verschobenen Jubiläumsfest steht ein großes Fragezeichen“, sagt Dietmar Ramminger. Er und sein Team würden allzu gern zu ihrer Geburtstagsfeier mit den „Draufgängern“sowie „Ernst Hutter & die Egerländer Musikanten“im Festzelt auf dem Sellenberg einladen, doch die Vorstandschaft sieht die Veranstaltung mehr als gefährdet, auch wenn sie erst auf Mitte des Jahres angesetzt ist, auf den 8. bis 11. Juli.
Dietmar Ramminger und seine zahlreichen Mitstreiter der Musikkapelle tüfteln bereits an Alternativen. Sie planen in Richtung eines OpenAir-Konzerts – eventuell im ähnlichen Stil des Alb-Sound-Festivals aus früheren Jahren. Und da soll eventuell „Ochs am Spieß“serviert werden, „Ochs Willibald“, wie ihn die Musiker liebevoll nennen. Er ist ein Geschenk der Westerheimer Landwirte an die Musikkapelle zum 250. Geburtstag und durfte länger als geplant am Leben bleiben. Denn
„Ochs am Spieß“hätte es schon zum Jubiläumsfest gegeben.
Was bereits Fakt ist: Der Ausschuss des Vereins hat entschieden, die Generalversammlung 2021 von März auf Samstag, 25. September, zu verschieben. „Wir hoffen, dass bis dahin einigermaßen Normalität im Lande herrscht und die Menschen wieder unbeschwert aufeinander zugehen können“, sagt Ramminger und setzt aber darauf, dass schon früher Begegnungen unter seinen Musikern und den Menschen möglich sind.
„Für 2021 werden die Karten neu gemischt, es werden gemeinsame Anstrengungen nötig werden, um unsere Musikkapelle wieder finanziell abzusichern“, erklärt Ramminger. Die hohen Einnahmen durch Sponsorengelder könne der Verein nicht erneut erwarten.
In seinem Rückblick auf das vergangene Jahr, in dem die Musikkapelle Westerheim ihr 250-jähriges Bestehen feiern und dabei auch das Kreismusikfest ausrichten wollte, sei angesichts der Corona-Pandemie ein hartes mit vielen ungeahnten Herausforderungen gewesen. Der Verein habe sich das Jubiläumsjahr ganz anders vorgestellt und gewünscht: bei viel Blasmusik, vielen Begegnungen unter Gästen und Musikern, bei guter Stimmung im Festzelt auf dem Sellenberg und bei einem farbenprächtigen Umzug durch den Ort. Die weitreichenden Kontaktbeschränkungen seit März 2020 hätten ein geselliges Miteinander größtenteils verhindert, bedauert Dietmar Ramminger und sagt offen und frei: „Es zerreißt mir fast das Herz, dass unser Jubiläumsjahr 2020 so zu Ende gehen musste.“
Zahlreiche Veranstaltungen musste die Musikkapelle Westerheim im zurückliegenden Jahr streichen: Das Osterkonzert mit der geplanten Uraufführung der Auftragskomposition „Sinfonia Brevis Westerheim“musste abgesagt werden, auch ein für Herbst in der Albhalle angesetztes Konzert. Nicht auftreten konnten Westerheims Musiker bei einigen Gastauftritten, etwa beim Jubiläumsfest
der Musikkapelle Zainingen, die ihren 100. Geburtstag im Juni feiern wollte. Nur zwei Musiker – die Posaunisten Mike Baumeister und Richard Rehm – durften bei der Gedenkfeier anlässlich der Dorfzerstörung Westerheims vor 75 Jahren auf dem Friedhof musizieren. Und auch beim Kirchenpatrozinium am Stephanstag in St. Stephanus konnte kein Bläserensemble die Feierstunde musikalisch gestalten.
Stolz konnte der Verein ihre neue CD mit dem Titel „Blasmusik - zeitlos & schea“mit elf Titeln präsentieren, zudem die in neun Kapitel gegliederte Festschrift. Einige Auftritte und Veranstaltungen gab es dennoch für die Aktiven der Musikkapelle Westerheim: Sie musizierten beim Neujahrsempfang in der Marienburg und konnten die Partyfeelings-Disco, eine gelungene Maskenprämierung zum Jubiläumsjahr sowie die Generalversammlung abhalten, bis der große Lockdown kam und alle Vereinsvorhaben durcheinander wirbelte. „Nulle vita sine musica –
Kein Leben ohne Blasmusik!“, hieß es im Februar in der Albhalle bei der 62. Maskenprämierung, als die Musiker gleich zu Beginn die Gründung ihrer Kapelle im Jahr 1770 vor 250 Jahren aufgriffen: Von einer Kanzel wurde da vermeldet: „Habeamus musicorum Westerheim – Wir haben eine Musikkapelle Westerheim.“
Einen Höhepunkt für den Verein gab es noch Mitte des Jahres, als die Musiker bei einem vereinsinternen Jubiläumsständchen schöne Klänge auf dem Sellenberg boten. „Das Jubiläumsständchen im Juli auf dem Sellenberg war ein Lichtblick mit Strahlkraft in unserem Jubiläumsjahr 2020“, sagt Ramminger zurückblickend. Vielseitig und in guter Spiellaune präsentierte sich die Kapelle, die von ihrem Dirigenten Uli Allgaier ein besonderes Geburtstagsgeschenk erhielt: den Konzertmarsch „Der Visionär“von Alexander Stütz.
„Mit viel Verantwortung und unter großer Anstrengung wurde und wird die musikalische Kinder- und Jugendausbildung bestmöglich aufrechterhalten“, sagt der Vereinsboss mit Blick auf die Nachwuchsarbeit im Verein. Ein gemeinsames Proben der Musiker habe 2020 stattgefunden, sofern von den Richtlinien her erlaubt. „Unser Probenbesuch war überdurchschnittlich gut und die in lobenswerter Weise bereitgestellten Locations bei Richard Rehm und der Firma Fenster Kneer passten ausgezeichnet“, erklärt Ramminger zum Übungsbetrieb mit Unterbrechungen. Die Umsetzung der Musikproben sei stets in bester Weise auf Basis der jeweils geltenden Hygienevorschriften vorgenommen worden.
„Finanziell sind wir, dank großzügiger Spender und Sponsoren, im grünen Bereich“, lässt der Musikerchef wissen und zollt allen Wohltätern ein dickes Lob. Ihm und der gesamten Vorstandsschaft liege eine gut funktionierende Musikkapelle Westerheim am Herzen, betont Dietmar Ramminger und weiß, dass viele Westerheimer und auch Freunde von außerhalb ungeduldig weitere Veranstaltungen und Auftritte der Musikkapelle herbeisehnten.
„Unsere junge Mannschaft hat tolle Aussichten, unser musikalisches Leistungsvermögen und der gepflegte respektvolle und menschliche Umgang untereinander lässt uns optimistisch in die Zukunft und in das Jahr 2021 blicken“, fasst der Vereinsvorsitzende zusammen.