Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Keine(r) da für die Bresche
Der Weltcup in Oberhof zeigt: Hinter den Arrivierten klafft bei den deutschen Biathleten eine allzu große Lücke
OBERHOF (SID) - Einfach die Waffe in die Ecke stellen und das ungewohnte Kaiserwetter am Grenzadler genießen, das konnte und wollte Denise Herrmann nach ihren enttäuschenden Auftritten am ersten Oberhofer Weltcup-Wochenende nicht. Stattdessen arbeitete die 32-Jährige akribisch mit Trainer Engelbert Sklorz und modernster Lasertechnik an ihrer Schießleistung. Das ist auch zwingend notwendig, denn das deutsche Biathlon-Team braucht seine Vorzeigeathletin dringend in Topform.
Die Ergebnisse in Oberhof deckten die Probleme im deutschen Biathlon gnadenlos auf: Schwächeln die Arrivierten,
ist keiner da, der in die Bresche springt. „Natürlich würde man sich freuen, wenn man mal so einen Jungen hat, der gleich durchstarten kann. Aber den haben wir nicht“, sagte Bundestrainer Mark Kirchner ernüchtert. „Wir würden schon Anfang 20-Jährige starten lassen, wenn die gut genug wären“, pflichtete ihm Arnd Peiffer bei Sky Sport News bei.
Bei den Frauen sind Janina Hettich und Anna Weidel mit jeweils 24 Jahren die Jüngsten im Weltcupteam, beide sind läuferisch weit von der Weltspitze entfernt. Die „Küken“bei den Männern sind Philipp Horn und Lucas Fratzscher mit 26, Spitzenathleten
wie Peiffer, Benedikt Doll oder Erik Lesser sind alle jenseits der 30.
„Es ist definitiv so, dass wir etwas lange brauchen, um die Junioren dann bei den Senioren in die Weltspitze zu entwickeln“, sagte der Sportliche Leiter Biathlon, Bernd Eisenbichler. Der Deutsche Skiverband habe „die richtigen Schritte“bereits eingeleitet, doch „die greifen natürlich nicht innerhalb eines Jahres“. So wurde der ehemalige polnische Biathlet Zibi Szlufcik als Nachwuchschef geholt, Engelbert Sklorz ist als Schießtrainer des A-Teams auch bei jedem Nachwuchslehrgang dabei. Zudem sollen im IBU-Cup künftig vermehrt 20- bis 24-Jährige eingesetzt werden.
Mark Kirchner aber fürchtet, dass das langfristig alles nichts bringen könnte, wenn die Rahmenbedingungen weiter schlechter werden. Wolle oder könne man – egal, ob finanziell, personell oder materiell – nicht investieren, müsse sich Biathlon-Deutschland langfristig von Top-Ten-Plätzen verabschieden – „das ist der Fakt“.