Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein knuspriges Stück vom Glück
Immer für eine Überraschung gut: Kleine Kekse enthalten Zettelchen mit positiven Botschaften
BAD ABBACH/KARLSRUHE (epd) „Dieser Keks kann Spuren von Glück enthalten“steht auf dem kleinen Zettel. Oder: „Sie können alle Hürden nehmen“. Ein Glückskeks ist eine Art Überraschungsei für Erwachsene. Bricht man das süße halbmondförmig gefaltete Gebäck auf, findet man einen Spruch oder ein Zitat. Damit ist für Gesprächsstoff nicht nur bei Partys, sondern auch in kleiner Runde gesorgt.
Die meisten Menschen kennen Glückskekse vor allem aus Chinarestaurants. Dabei kommt das Glück in Form des kleinen Gebäckstücks gar nicht aus China. Um die Entstehung des Keks ranken sich viele Mythen. Vermutlich wurde er zuerst von einem Japaner in San Francisco hergestellt, der seine „Fortune Cookies“Anfang des 20. Jahrhunderts in Teehäusern in Kalifornien verteilte.
Glückskeksbäckereien gibt es auch in Deutschland, etwa im niederbayerischen Bad Abbach. Und daran war das Topmodel Naomi Campbell „schuld“, erzählt Werbemittelproduzent Raphael Schäfer. In den 1990erJahren bestellte ein Wäschehersteller bei seinem Vater Ralf Schäfer 1,3 Millionen Glückskekse, die dieser für eine Werbekampagne mit dem Model verpackte.
So wurde eine Geschäftsidee geboren: Seit 2002 backt die Glückskeksbäckerei „Bavarian Lucky Keks“täglich bis zu 20 000 knusprige Werbeträger,
die oft Rabattcoupons enthalten. Schäfer hat auch einen großen Glückskeks mit 50 Gramm im Sortiment und sogar vor einigen Jahren ausnahmsweise „Unglückskekse“produziert, im Auftrag des Satirikers Nico Semsrott.
Beim nach eigenen Angaben größten Glückskekshersteller Europas, „Sweet & Lucky“in Gondelsheim
bei Karlsruhe, rollen die Gebäckstückchen jede Woche gleich millionenfach vom Band. Auf die Idee dazu kamen die Geschwister Brauch 2002 durch ein Weihnachtspaket von Verwandten aus den USA mit „Fortune Cookies“. An die Sprüche darin kann sie sich nicht mehr erinnern, erzählt Viktoria Brauch, „aber geschmeckt haben die amerikanischen Glückskekse überhaupt nicht.“Schnell waren sich die drei Geschwister einig: Eine eigene Glückskeksmaschine muss her. Ganz wichtig: „Wir kommen aus einer Müllerfamilie, da muss der Keks gut schmecken.“Seit 2003 wird in großen Maschinen aus Weizenmehl, Zucker, Glukosesirup, Sojalecithin, Öl, Vanillearoma, Salz und Backpulver ein dickflüssiger Waffelteig zusammengerührt, hell oder bunt gefärbt. Automatisch wird der Zettel auf den ganz frischen, noch weichen runden Keks gelegt. Dann wird dieser halbmondartig zusammengefaltet.
Die Unternehmer und ihre 30 Mitarbeiter backen Glückskekse vor allem für den Lebensmittelgroß- und -einzelhandel sowie für Chinarestaurants
in ganz Europa. Im Auftrag des Bibellesebunds werden aber auch Bibelkekse produziert.
Es sei wichtig, mit positiven Gedanken durchs Leben zu gehen, findet Viktoria Brauch. Vielleicht ein Grund, warum die Glückskekse so beliebt sind. Brauch erzählt vom Inhaber eines Bioladens, der lange gezögert hatte, in eine eigene Käsetheke zu investieren. Als es geschafft war, lud er seine Mitarbeiterinnen zum Chinesen ein, inklusive Glückskeks. Die Botschaft in seinem Keks lautete „Sie haben eine sinnvolle Investition getätigt“. Der Kaufmann bewahrte sie an der Käsevitrine auf und zeigte sie Brauch.
Positive Rückmeldungen gebe es auch per Post, manchmal mit einer Spruchidee: „Wenn es passt, nehmen wir die Sprüche in unser Sortiment auf“, erzählt die Unternehmerin. Sie hat mittlerweile 700 bis 1000 Zitate und Lebensweisheiten gesammelt und in 20 Sprachen übersetzen lassen. Ihr Lieblingsspruch: „Auf der Jagd nach dem Glück sollten wir einfach mal innehalten und nur glücklich sein.“Ein Motto vielleicht auch für die eigene Firma, deren Umsatz in der Corona-Zeit stark zurückgegangen ist.
Extra Sprüche für die turbulenten Zeiten will die Firma nicht anbieten, auch wenn ein Kunde Hygieneregeln in seine Kekse packen ließ. Eine passende Glückskeks-Botschaft hat Viktoria Brauch trotzdem parat: „Bleib gesund“, lautet sie schlicht.