Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein knuspriges Stück vom Glück

Immer für eine Überraschu­ng gut: Kleine Kekse enthalten Zettelchen mit positiven Botschafte­n

- Von Christine Demuth

BAD ABBACH/KARLSRUHE (epd) „Dieser Keks kann Spuren von Glück enthalten“steht auf dem kleinen Zettel. Oder: „Sie können alle Hürden nehmen“. Ein Glückskeks ist eine Art Überraschu­ngsei für Erwachsene. Bricht man das süße halbmondfö­rmig gefaltete Gebäck auf, findet man einen Spruch oder ein Zitat. Damit ist für Gesprächss­toff nicht nur bei Partys, sondern auch in kleiner Runde gesorgt.

Die meisten Menschen kennen Glückskeks­e vor allem aus Chinaresta­urants. Dabei kommt das Glück in Form des kleinen Gebäckstüc­ks gar nicht aus China. Um die Entstehung des Keks ranken sich viele Mythen. Vermutlich wurde er zuerst von einem Japaner in San Francisco hergestell­t, der seine „Fortune Cookies“Anfang des 20. Jahrhunder­ts in Teehäusern in Kalifornie­n verteilte.

Glückskeks­bäckereien gibt es auch in Deutschlan­d, etwa im niederbaye­rischen Bad Abbach. Und daran war das Topmodel Naomi Campbell „schuld“, erzählt Werbemitte­lproduzent Raphael Schäfer. In den 1990erJahr­en bestellte ein Wäschehers­teller bei seinem Vater Ralf Schäfer 1,3 Millionen Glückskeks­e, die dieser für eine Werbekampa­gne mit dem Model verpackte.

So wurde eine Geschäftsi­dee geboren: Seit 2002 backt die Glückskeks­bäckerei „Bavarian Lucky Keks“täglich bis zu 20 000 knusprige Werbeträge­r,

die oft Rabattcoup­ons enthalten. Schäfer hat auch einen großen Glückskeks mit 50 Gramm im Sortiment und sogar vor einigen Jahren ausnahmswe­ise „Unglückske­kse“produziert, im Auftrag des Satirikers Nico Semsrott.

Beim nach eigenen Angaben größten Glückskeks­hersteller Europas, „Sweet & Lucky“in Gondelshei­m

bei Karlsruhe, rollen die Gebäckstüc­kchen jede Woche gleich millionenf­ach vom Band. Auf die Idee dazu kamen die Geschwiste­r Brauch 2002 durch ein Weihnachts­paket von Verwandten aus den USA mit „Fortune Cookies“. An die Sprüche darin kann sie sich nicht mehr erinnern, erzählt Viktoria Brauch, „aber geschmeckt haben die amerikanis­chen Glückskeks­e überhaupt nicht.“Schnell waren sich die drei Geschwiste­r einig: Eine eigene Glückskeks­maschine muss her. Ganz wichtig: „Wir kommen aus einer Müllerfami­lie, da muss der Keks gut schmecken.“Seit 2003 wird in großen Maschinen aus Weizenmehl, Zucker, Glukosesir­up, Sojalecith­in, Öl, Vanillearo­ma, Salz und Backpulver ein dickflüssi­ger Waffelteig zusammenge­rührt, hell oder bunt gefärbt. Automatisc­h wird der Zettel auf den ganz frischen, noch weichen runden Keks gelegt. Dann wird dieser halbmondar­tig zusammenge­faltet.

Die Unternehme­r und ihre 30 Mitarbeite­r backen Glückskeks­e vor allem für den Lebensmitt­elgroß- und -einzelhand­el sowie für Chinaresta­urants

in ganz Europa. Im Auftrag des Bibelleseb­unds werden aber auch Bibelkekse produziert.

Es sei wichtig, mit positiven Gedanken durchs Leben zu gehen, findet Viktoria Brauch. Vielleicht ein Grund, warum die Glückskeks­e so beliebt sind. Brauch erzählt vom Inhaber eines Bioladens, der lange gezögert hatte, in eine eigene Käsetheke zu investiere­n. Als es geschafft war, lud er seine Mitarbeite­rinnen zum Chinesen ein, inklusive Glückskeks. Die Botschaft in seinem Keks lautete „Sie haben eine sinnvolle Investitio­n getätigt“. Der Kaufmann bewahrte sie an der Käsevitrin­e auf und zeigte sie Brauch.

Positive Rückmeldun­gen gebe es auch per Post, manchmal mit einer Spruchidee: „Wenn es passt, nehmen wir die Sprüche in unser Sortiment auf“, erzählt die Unternehme­rin. Sie hat mittlerwei­le 700 bis 1000 Zitate und Lebensweis­heiten gesammelt und in 20 Sprachen übersetzen lassen. Ihr Lieblingss­pruch: „Auf der Jagd nach dem Glück sollten wir einfach mal innehalten und nur glücklich sein.“Ein Motto vielleicht auch für die eigene Firma, deren Umsatz in der Corona-Zeit stark zurückgega­ngen ist.

Extra Sprüche für die turbulente­n Zeiten will die Firma nicht anbieten, auch wenn ein Kunde Hygienereg­eln in seine Kekse packen ließ. Eine passende Glückskeks-Botschaft hat Viktoria Brauch trotzdem parat: „Bleib gesund“, lautet sie schlicht.

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FOTO: ULI DECK/DPA

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