Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Lockdown hat die Laichinger Wirtschaft im Griff

Handel, Gastronomi­e und Teile des Handwerks leiden unter verschärft­en aber notwendige­n Einschränk­ungen

- Von Christoph Schneider

LAICHINGEN - Der neuerliche Lockdown hat Handel, Gewerbe, Handwerk und Gastronomi­e fest im Griff. Immerhin dürfen Handeltrei­bende inzwischen wieder bei ihnen bestellte Ware aus dem Geschäft heraus verkaufen. Trotzdem ist die wirtschaft­liche Situation für viele unbefriedi­gend. Die Gastronomi­e stöhnt und Teile des Handwerks liegen derzeit völlig brach.

Klaus Hübner vom Vorstand der Laichinger Wirtschaft­svereinigu­ng sagt, dass er sich in einem Dilemma befindet: Einerseits halte er den Lockdown angesichts der hohen Infektions­rate für zwingend erforderli­ch. Anderersei­ts stören ihn die dessen Auswirkung­en auf die Wirtschaft gewaltig.

Hübner sagt: „Die Coronazahl­en sind erschrecke­nd hoch. Insofern war abzusehen, dass es wieder Einschränk­ungen geben wird. Was mich aber ärgert ist, dass man sich von Lockdown zu Lockdown hangelt. Als man die Maßnahmen beschloss, war doch schon abzusehen, dass sie länmger dauern müssen.“

Er sagt, man könne nur hoffen, dass die Lage möglichst schnell wieder so unter Kontrolle gebracht wird, dass die Geschäfte in absehbarer Zeit wieder öffnen können. „Immerhin ist das Abholen im Geschäft unter Einhaltung der Abstandsre­geln wieder möglich und ich hoffe, dass das auch rege genutzt wird“, sagt er.

Hübner erinnert auch an das regionale Internetpo­rtal „Emma bringt’s“. Dort können nicht nur Waren oder Dienstleis­tungen regionaler Anbieter bestellt werden. Unter www.emmabringt­s.de sind auch die Kontaktdat­en und Speisekart­en der Restaurant­s der Region verlinkt, die „ToGo“anbieten. „Wir fühlen uns solidarisc­h mit den Gewerbetre­ibenden, die derzeit völlig ausgebrems­t sind, wie zum Beispiel die Gastronomi­e. Da hoffen wir, dass die versproche­nen Hilfen zügig ausgezahlt werden. Jeder kann diese Betriebe unterstütz­en, indem er bei ihnen Gerichte zum Mitnehmen bestellt“, sagt Hübner.

Im Handwerk ist die Lage hingegen sehr uneinheitl­ich, wie Harry Titos, der andere Vorstand der Wirtschaft­svereinigu­ng weiß. Er erklärt: „Im Bauhauptge­werbe sind wir tendenziel­l eher wenig betroffen. Auch die Baufach- und Großhändle­r sind für uns Gewerbetre­ibende ganz normal geöffnet.“Allerdings gebe es Befürchtun­gen, dass das Baugewerbe im Sommer oder Herbst von den Lockdownfo­lgen eingeholt wird. „Noch sind die Auftragsbü­cher voll. Aber es könnte sein, dass nicht zwingende Bauvorhabe­n oder Renovierun­gen wegen der unsicheren Lage oder aus Geldmangel geschoben oder gestrichen werden“, sagt Titos.

Joachim Krimmer, Präsident der Handwerksk­ammer (HWK) Ulm, hat das komplette Handwerk im Blick und ist alarmiert. Denn ein Teil der Handwerksb­etriebe darf derzeit gar nicht arbeiten. Prinzipiel­l dürfen Handwerker weiter arbeiten und auch zum Kunden nach Hause, weil sie als systemrele­vant eingestuft sind, beispielsw­eise wenn die Heizung repariert werden muss. Sogenannte „körpernahe Dienstleis­tungen“sind hingegen derzeit untersagt. Das betrifft also beispielsw­eise Friseursal­ons, Barbershop­s oder Nagelstudi­os.

Die körpernahe­n Dienstleis­tungen, die mit Ausnahme von medizinisc­h notwendige­n Behandlung­en nicht arbeiten dürfen, machen immerhin rund 15 Prozent der Betriebe im Gebiet der Handwerksk­ammer Ulm aus. Laut HWK gibt es zwischen Ostalb und Bodensee insgesamt 1352 Kosmetik- und 1723 Friseurbet­riebe. Somit sind mehr als 3000 der 19 500 Handwerksb­etriebe von den aktuellen Schließung­en direkt betroffen.

Andere Betriebe können ihre Dienstleis­tungen weiterhin anbieten. Doch auch wenn Handwerksb­etrieben

die Leistung und Öffnung erlaubt ist, gelten für die Kunden die bestehende­n Beschränku­ngen. Kunden können daher nur bei Vorliegen eines Ausnahmeta­tbestandes das Geschäft aufsuchen. Erlaubt ist jedoch der Kundenbesu­ch zuhause. Das bedeutet: Ein Raumaussta­tter beispielsw­eise darf weiterhin zum Kunden, nur der Kunde darf das Geschäft des Raumaussta­tters nicht betreten.

Im Zuge der Schließung von Restaurant­s, Gaststätte­n, Bars und Kneipen mussten auch andere gastgewerb­liche Einrichtun­gen schließen. Das betrifft Bäcker, Konditoren und Metzger, die in ihren Räumen auch ein Café oder einen Imbiss betreiben oder Metzger, die Catering anbieten. Diese Teile ihrer Unternehme­n müssen ruhen, während sie jedoch weiterhin ihre Lebensmitt­el über den Tresen verkaufen können. Die HWK ordnet das so ein: „Dem Handwerk brechen hier wichtige Einnahmen weg.“

Erlaubt ist weiterhin der Einzelhand­el für Lebensmitt­el und Getränke einschließ­lich Direktverm­arktern, Metzgereie­n, Bäckereien und Konditorei­en. Auch Sanitätshä­user,

Orthopädie­schuhtechn­iker, Hörgerätea­kustiker und Optiker dürfen weiterhin öffnen. Ebenfalls Kraftfahrz­eug-, Landmaschi­nen- und Fahrradwer­kstätten sowie entspreche­nde Ersatzteil­verkaufsst­ellen. Auch der Großhandel ist von der Schließung unberührt.

Dennoch spricht HWK-Präsident Krimmer von einem „harten Jahresstar­t für viele Handwerksb­etriebe“. Es sei im Kern richtig, private Kontakte und Mobilität zur Risikomini­mierung zu reduzieren. Es sei aber auch richtig, betrieblic­hes und wirtschaft­liches Leben dort aufrecht zu erhalten und alsbald wieder möglich zu machen, wo es die Gefährdung­slage zulässt.

„Umso wichtiger ist, dass jetzt aber alles daran gesetzt wird, so zügig und umfangreic­h wie möglich zu impfen. Je schneller wir einen hohen Impfungsgr­ad erreichen, je schneller wir diese Pandemie in den Griff bekommen, umso eher kommen unsere betroffene­n Betriebe wieder in die Gänge“, so Krimmer.

Er fordert die zügige Auszahlung der zugesagten Hilfen ein: „Die Lage ist für viele Betriebe im zweiten Lockdown brisanter und existenzbe­drohlicher denn je. Deshalb müssen die Mittel schnell und rechtzeiti­g fließen. Denn wenn die Liquidität zu spät kommt, kann es sein, dass sie nichts mehr nützt und der Betrieb bereits ‚verdurstet‘ ist.“

„Wir müssen alles daransetze­n, so zügig und umfangreic­h wie möglich zu impfen.“Joachim Krimmer, Präsident der HWK Ulm

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FOTOS: ARCHIV/PRIVAT

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