Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Lockdown hat die Laichinger Wirtschaft im Griff
Handel, Gastronomie und Teile des Handwerks leiden unter verschärften aber notwendigen Einschränkungen
LAICHINGEN - Der neuerliche Lockdown hat Handel, Gewerbe, Handwerk und Gastronomie fest im Griff. Immerhin dürfen Handeltreibende inzwischen wieder bei ihnen bestellte Ware aus dem Geschäft heraus verkaufen. Trotzdem ist die wirtschaftliche Situation für viele unbefriedigend. Die Gastronomie stöhnt und Teile des Handwerks liegen derzeit völlig brach.
Klaus Hübner vom Vorstand der Laichinger Wirtschaftsvereinigung sagt, dass er sich in einem Dilemma befindet: Einerseits halte er den Lockdown angesichts der hohen Infektionsrate für zwingend erforderlich. Andererseits stören ihn die dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft gewaltig.
Hübner sagt: „Die Coronazahlen sind erschreckend hoch. Insofern war abzusehen, dass es wieder Einschränkungen geben wird. Was mich aber ärgert ist, dass man sich von Lockdown zu Lockdown hangelt. Als man die Maßnahmen beschloss, war doch schon abzusehen, dass sie länmger dauern müssen.“
Er sagt, man könne nur hoffen, dass die Lage möglichst schnell wieder so unter Kontrolle gebracht wird, dass die Geschäfte in absehbarer Zeit wieder öffnen können. „Immerhin ist das Abholen im Geschäft unter Einhaltung der Abstandsregeln wieder möglich und ich hoffe, dass das auch rege genutzt wird“, sagt er.
Hübner erinnert auch an das regionale Internetportal „Emma bringt’s“. Dort können nicht nur Waren oder Dienstleistungen regionaler Anbieter bestellt werden. Unter www.emmabringts.de sind auch die Kontaktdaten und Speisekarten der Restaurants der Region verlinkt, die „ToGo“anbieten. „Wir fühlen uns solidarisch mit den Gewerbetreibenden, die derzeit völlig ausgebremst sind, wie zum Beispiel die Gastronomie. Da hoffen wir, dass die versprochenen Hilfen zügig ausgezahlt werden. Jeder kann diese Betriebe unterstützen, indem er bei ihnen Gerichte zum Mitnehmen bestellt“, sagt Hübner.
Im Handwerk ist die Lage hingegen sehr uneinheitlich, wie Harry Titos, der andere Vorstand der Wirtschaftsvereinigung weiß. Er erklärt: „Im Bauhauptgewerbe sind wir tendenziell eher wenig betroffen. Auch die Baufach- und Großhändler sind für uns Gewerbetreibende ganz normal geöffnet.“Allerdings gebe es Befürchtungen, dass das Baugewerbe im Sommer oder Herbst von den Lockdownfolgen eingeholt wird. „Noch sind die Auftragsbücher voll. Aber es könnte sein, dass nicht zwingende Bauvorhaben oder Renovierungen wegen der unsicheren Lage oder aus Geldmangel geschoben oder gestrichen werden“, sagt Titos.
Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Ulm, hat das komplette Handwerk im Blick und ist alarmiert. Denn ein Teil der Handwerksbetriebe darf derzeit gar nicht arbeiten. Prinzipiell dürfen Handwerker weiter arbeiten und auch zum Kunden nach Hause, weil sie als systemrelevant eingestuft sind, beispielsweise wenn die Heizung repariert werden muss. Sogenannte „körpernahe Dienstleistungen“sind hingegen derzeit untersagt. Das betrifft also beispielsweise Friseursalons, Barbershops oder Nagelstudios.
Die körpernahen Dienstleistungen, die mit Ausnahme von medizinisch notwendigen Behandlungen nicht arbeiten dürfen, machen immerhin rund 15 Prozent der Betriebe im Gebiet der Handwerkskammer Ulm aus. Laut HWK gibt es zwischen Ostalb und Bodensee insgesamt 1352 Kosmetik- und 1723 Friseurbetriebe. Somit sind mehr als 3000 der 19 500 Handwerksbetriebe von den aktuellen Schließungen direkt betroffen.
Andere Betriebe können ihre Dienstleistungen weiterhin anbieten. Doch auch wenn Handwerksbetrieben
die Leistung und Öffnung erlaubt ist, gelten für die Kunden die bestehenden Beschränkungen. Kunden können daher nur bei Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes das Geschäft aufsuchen. Erlaubt ist jedoch der Kundenbesuch zuhause. Das bedeutet: Ein Raumausstatter beispielsweise darf weiterhin zum Kunden, nur der Kunde darf das Geschäft des Raumausstatters nicht betreten.
Im Zuge der Schließung von Restaurants, Gaststätten, Bars und Kneipen mussten auch andere gastgewerbliche Einrichtungen schließen. Das betrifft Bäcker, Konditoren und Metzger, die in ihren Räumen auch ein Café oder einen Imbiss betreiben oder Metzger, die Catering anbieten. Diese Teile ihrer Unternehmen müssen ruhen, während sie jedoch weiterhin ihre Lebensmittel über den Tresen verkaufen können. Die HWK ordnet das so ein: „Dem Handwerk brechen hier wichtige Einnahmen weg.“
Erlaubt ist weiterhin der Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke einschließlich Direktvermarktern, Metzgereien, Bäckereien und Konditoreien. Auch Sanitätshäuser,
Orthopädieschuhtechniker, Hörgeräteakustiker und Optiker dürfen weiterhin öffnen. Ebenfalls Kraftfahrzeug-, Landmaschinen- und Fahrradwerkstätten sowie entsprechende Ersatzteilverkaufsstellen. Auch der Großhandel ist von der Schließung unberührt.
Dennoch spricht HWK-Präsident Krimmer von einem „harten Jahresstart für viele Handwerksbetriebe“. Es sei im Kern richtig, private Kontakte und Mobilität zur Risikominimierung zu reduzieren. Es sei aber auch richtig, betriebliches und wirtschaftliches Leben dort aufrecht zu erhalten und alsbald wieder möglich zu machen, wo es die Gefährdungslage zulässt.
„Umso wichtiger ist, dass jetzt aber alles daran gesetzt wird, so zügig und umfangreich wie möglich zu impfen. Je schneller wir einen hohen Impfungsgrad erreichen, je schneller wir diese Pandemie in den Griff bekommen, umso eher kommen unsere betroffenen Betriebe wieder in die Gänge“, so Krimmer.
Er fordert die zügige Auszahlung der zugesagten Hilfen ein: „Die Lage ist für viele Betriebe im zweiten Lockdown brisanter und existenzbedrohlicher denn je. Deshalb müssen die Mittel schnell und rechtzeitig fließen. Denn wenn die Liquidität zu spät kommt, kann es sein, dass sie nichts mehr nützt und der Betrieb bereits ‚verdurstet‘ ist.“
„Wir müssen alles daransetzen, so zügig und umfangreich wie möglich zu impfen.“Joachim Krimmer, Präsident der HWK Ulm