Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Betreiber fordert Schutzkonzept
Evangelische Heimstiftung will für Pflegeheime strengere Testregeln und schnelles Impfen
BLAUBEUREN - Das Karl-ChristianPlanck-Spital in Blaubeuren hat besonders Ende vergangenen Jahres mit Corona zu kämpfen gehabt. Viele ältere Menschen und Mitarbeiter hatten sich mit dem Virus infiziert auch Todesfälle mussten beklagt werden. Der Betreiber, die Evangelische Heimstiftung (EHS), äußert sich nun kritisch zur neuen CoronaVerordnung des Landes, welche am Montag in Kraft getreten ist. Es fehle ein wirksames Schutzkonzept für Plege- und Altenheime, so die Stiftung in einem Schreiben. Darin fordert sie beispielsweise auch strengere Testregeln und mehr Tempo beim Impfen.
Die Evangelische Heimstiftung ist von der aktuellen Coronapolitik des Landes enttäuscht. Sie fordert das Sozialministerium auf, endlich ein umfassendes Schutzkonzept für die besonders gefährdeten Menschen in den Pflegeheimen in der Coronaverordnung zu verankern. Nachdem der Lockdown bundesweit verlängert wurde habe man bei der Evangelischen Heimstiftung gespannt auf die geänderte CoronaVerordnung des Landes gewartet. Bereits bei der letzten Verordnung Mitte Dezember sind die Testpflichten viel zu lasch ausgefallen. Zwar mussten die Pflegeheime Tests anbieten, aber Besuchern und Mitarbeitern stand es im Prinzip frei und niemand musste mit Konsequenzen rechnen, wenn er sich weigert. „Natürlich lassen sich die allermeisten auch bereitwillig testen, aber auch in den Pflegeheimen gibt es Coronaleugner und für die brauchen wir klare rechtliche Regelungen“, fordert Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung.
Die Konsequenz für die Evangelische
Heimstiftung müsse deshalb sein: Alle Besucher und Mitarbeiter, also alle Personen, die ein Haus betreten, müssen unmittelbar vorher einen Schnelltest machen und während des Aufenthaltes eine FFP2Maske tragen. Eine umfassende Teststrategie sei momentan und bis auf Weiteres, das einzig wirksame Schutzschild gegen das Virus. Doch davon sei die neue Verordnung weit entfernt. Für alle Besucher komme jetzt zwar die Testpflicht und die FFP2-Maske. Doch der Test müsse nicht am Tag des Besuchs und auch nicht vor Ort gemacht werden. Jeder Test sei eine Momentaufnahme und oft seien gestern negativ Getestete heute positiv. „Sollen wir mit Coronaleugnern diskutieren, ob ein Test von gestern ausreicht? Warum werden nicht alle, die ein Heim betreten, verpflichtet, sich unmittelbar vorher testen zu lassen? Da wird eine Sicherheitslücke aufgemacht, die sehr riskant und unnötig ist“, mahnt Schneider.
Zudem gebe es weiterhin keine Testpflicht für Pflegemitarbeiter. Aktuell sei zwar eine Arbeitsgruppe der Landesregierung eingerichtet, die darüber berät, aber ein Ergebnis ließe auf sich warten. Der Hauptgeschäftsführer könne nicht verstehen, warum das Ministerium zögere und sich bei der Entscheidung so schwer täte. Dies sei ein einfacher Schritt, um Patienten und Bewohner effektiv zu schützen und ein Infektionsrisiko
deutlich zu minimieren. Antworten hätte Schneider von der Politik auch gerne, wie mit Mitarbeitern umzugehen sei, die sich nicht impfen lassen. Es könne schlichtweg nicht sein, dass sich die meisten Mitarbeiter verantwortungsvoll impfen ließen und diese Sicherheit durch wenige konterkariert werde.
Von den rund 12 500 Tests, die in der EHS wöchentlich bei Mitarbeitern gemacht würden, seien zwar nur 0,3 Prozent positiv. Das seien aber immerhin rund 30 Personen, die fast immer auch mit dem PCR-Test positiv bestätigt würden. „Jeder weiß, was es für alte Menschen bedeutet, wenn das Virus in ein Pflegeheim gelangt. Deshalb verstehe ich nicht, wie man bei der verbindlichen Testpflicht für alle zögern kann“, ärgert sich Schneider.
Fehlendes Testpersonal dürfe jetzt keine Ausrede mehr sein, denn bereits seit Oktober wisse jedes Pflegeheim, dass die Schnelltests das entscheidende Schutzschild seien. Ferner sei seit Anfang November klar, dass Schnelltests und das zusätzliche Testpersonal refinanziert würden. Staatliche Stellen könnten deswegen kaum noch argumentieren, es gäbe keine Leute zum Testen.
Ein weiterer Kritikpunkt der Evangelischen Heimstiftung ist die Umsetzung der Impfungen. Neben der verbindlichen Testpflicht sei ein schnelles und unbürokratisches Impfen die zweite wichtige Maßnahme gegen das Virus. „Wir hatten nach dem Maskendesaster vom Frühjahr gehofft, dass die Impfkampagne besser läuft, sehen uns aber wieder enttäuscht“, sagt Schneider. Denn Heime werden zwar vorrangig geimpft, aber das gehe langsam und sehr bürokratisch zu. „Ob das an zu wenig Impfstoff oder organisatorischen Problemen liegt, wissen wir nicht“, sagt Schneider. Wenn aber das Versprechen Jens Spahns eingelöst werden solle, bis Mitte Februar alle Pflegeheime zu impfen, dann müsse das Tempo deutlich erhöht werden. Von den 86 Häusern der EHS seien allenfalls 30 Prozent mit der ersten Impfung versorgt worden, manche warten immer noch auf die ersten Termine, so Schneider.
Nach wie vor ein großes Ärgernis sei zudem, dass die Mieter in betreuten Wohnungen, die Gäste von Tagespflegen und die Pflegebedürftigen zu Hause nicht mitgeimpft würden. „Für diese Menschen erkenne ich noch keine überzeugende Strategie“, sagt Schneider. Die Sozialdienste der EHS unterstützen vor Ort bei Terminbuchungen, organisieren Fahrdienste zu den Impfzentren. Das dauere aber und sei für die alten Menschen mühselig und völlig unverständlich. Stattdessen schlägt die Evangelische Heimstiftung vor: Sobald die mobilen Impfteams Kapazitäten frei haben, sollen diese in die Fläche gehen und die rund 300 000 pflegebedürftigen Menschen impfen, die zu Hause von Angehörigen und Pflegediensten versorgt werden. „Wir brauchen eine proaktive, aufsuchende Strategie für diesen Personenkreis. Das Sozialministerium und die Landesregierung haben hier die Bringschuld“, sagt Schneider.
„Natürlich lassen sich die allermeisten auch bereitwillig testen, aber auch in den Pflegeheimen gibt es Coronaleugner und für die brauchen wir klare rechtliche Regelungen.“Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung