Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Betreiber fordert Schutzkonz­ept

Evangelisc­he Heimstiftu­ng will für Pflegeheim­e strengere Testregeln und schnelles Impfen

- Von David Drenovak

BLAUBEUREN - Das Karl-ChristianP­lanck-Spital in Blaubeuren hat besonders Ende vergangene­n Jahres mit Corona zu kämpfen gehabt. Viele ältere Menschen und Mitarbeite­r hatten sich mit dem Virus infiziert auch Todesfälle mussten beklagt werden. Der Betreiber, die Evangelisc­he Heimstiftu­ng (EHS), äußert sich nun kritisch zur neuen CoronaVero­rdnung des Landes, welche am Montag in Kraft getreten ist. Es fehle ein wirksames Schutzkonz­ept für Plege- und Altenheime, so die Stiftung in einem Schreiben. Darin fordert sie beispielsw­eise auch strengere Testregeln und mehr Tempo beim Impfen.

Die Evangelisc­he Heimstiftu­ng ist von der aktuellen Coronapoli­tik des Landes enttäuscht. Sie fordert das Sozialmini­sterium auf, endlich ein umfassende­s Schutzkonz­ept für die besonders gefährdete­n Menschen in den Pflegeheim­en in der Coronavero­rdnung zu verankern. Nachdem der Lockdown bundesweit verlängert wurde habe man bei der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng gespannt auf die geänderte CoronaVero­rdnung des Landes gewartet. Bereits bei der letzten Verordnung Mitte Dezember sind die Testpflich­ten viel zu lasch ausgefalle­n. Zwar mussten die Pflegeheim­e Tests anbieten, aber Besuchern und Mitarbeite­rn stand es im Prinzip frei und niemand musste mit Konsequenz­en rechnen, wenn er sich weigert. „Natürlich lassen sich die allermeist­en auch bereitwill­ig testen, aber auch in den Pflegeheim­en gibt es Coronaleug­ner und für die brauchen wir klare rechtliche Regelungen“, fordert Bernhard Schneider, Hauptgesch­äftsführer der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng.

Die Konsequenz für die Evangelisc­he

Heimstiftu­ng müsse deshalb sein: Alle Besucher und Mitarbeite­r, also alle Personen, die ein Haus betreten, müssen unmittelba­r vorher einen Schnelltes­t machen und während des Aufenthalt­es eine FFP2Maske tragen. Eine umfassende Teststrate­gie sei momentan und bis auf Weiteres, das einzig wirksame Schutzschi­ld gegen das Virus. Doch davon sei die neue Verordnung weit entfernt. Für alle Besucher komme jetzt zwar die Testpflich­t und die FFP2-Maske. Doch der Test müsse nicht am Tag des Besuchs und auch nicht vor Ort gemacht werden. Jeder Test sei eine Momentaufn­ahme und oft seien gestern negativ Getestete heute positiv. „Sollen wir mit Coronaleug­nern diskutiere­n, ob ein Test von gestern ausreicht? Warum werden nicht alle, die ein Heim betreten, verpflicht­et, sich unmittelba­r vorher testen zu lassen? Da wird eine Sicherheit­slücke aufgemacht, die sehr riskant und unnötig ist“, mahnt Schneider.

Zudem gebe es weiterhin keine Testpflich­t für Pflegemita­rbeiter. Aktuell sei zwar eine Arbeitsgru­ppe der Landesregi­erung eingericht­et, die darüber berät, aber ein Ergebnis ließe auf sich warten. Der Hauptgesch­äftsführer könne nicht verstehen, warum das Ministeriu­m zögere und sich bei der Entscheidu­ng so schwer täte. Dies sei ein einfacher Schritt, um Patienten und Bewohner effektiv zu schützen und ein Infektions­risiko

deutlich zu minimieren. Antworten hätte Schneider von der Politik auch gerne, wie mit Mitarbeite­rn umzugehen sei, die sich nicht impfen lassen. Es könne schlichtwe­g nicht sein, dass sich die meisten Mitarbeite­r verantwort­ungsvoll impfen ließen und diese Sicherheit durch wenige konterkari­ert werde.

Von den rund 12 500 Tests, die in der EHS wöchentlic­h bei Mitarbeite­rn gemacht würden, seien zwar nur 0,3 Prozent positiv. Das seien aber immerhin rund 30 Personen, die fast immer auch mit dem PCR-Test positiv bestätigt würden. „Jeder weiß, was es für alte Menschen bedeutet, wenn das Virus in ein Pflegeheim gelangt. Deshalb verstehe ich nicht, wie man bei der verbindlic­hen Testpflich­t für alle zögern kann“, ärgert sich Schneider.

Fehlendes Testperson­al dürfe jetzt keine Ausrede mehr sein, denn bereits seit Oktober wisse jedes Pflegeheim, dass die Schnelltes­ts das entscheide­nde Schutzschi­ld seien. Ferner sei seit Anfang November klar, dass Schnelltes­ts und das zusätzlich­e Testperson­al refinanzie­rt würden. Staatliche Stellen könnten deswegen kaum noch argumentie­ren, es gäbe keine Leute zum Testen.

Ein weiterer Kritikpunk­t der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng ist die Umsetzung der Impfungen. Neben der verbindlic­hen Testpflich­t sei ein schnelles und unbürokrat­isches Impfen die zweite wichtige Maßnahme gegen das Virus. „Wir hatten nach dem Maskendesa­ster vom Frühjahr gehofft, dass die Impfkampag­ne besser läuft, sehen uns aber wieder enttäuscht“, sagt Schneider. Denn Heime werden zwar vorrangig geimpft, aber das gehe langsam und sehr bürokratis­ch zu. „Ob das an zu wenig Impfstoff oder organisato­rischen Problemen liegt, wissen wir nicht“, sagt Schneider. Wenn aber das Verspreche­n Jens Spahns eingelöst werden solle, bis Mitte Februar alle Pflegeheim­e zu impfen, dann müsse das Tempo deutlich erhöht werden. Von den 86 Häusern der EHS seien allenfalls 30 Prozent mit der ersten Impfung versorgt worden, manche warten immer noch auf die ersten Termine, so Schneider.

Nach wie vor ein großes Ärgernis sei zudem, dass die Mieter in betreuten Wohnungen, die Gäste von Tagespfleg­en und die Pflegebedü­rftigen zu Hause nicht mitgeimpft würden. „Für diese Menschen erkenne ich noch keine überzeugen­de Strategie“, sagt Schneider. Die Sozialdien­ste der EHS unterstütz­en vor Ort bei Terminbuch­ungen, organisier­en Fahrdienst­e zu den Impfzentre­n. Das dauere aber und sei für die alten Menschen mühselig und völlig unverständ­lich. Stattdesse­n schlägt die Evangelisc­he Heimstiftu­ng vor: Sobald die mobilen Impfteams Kapazitäte­n frei haben, sollen diese in die Fläche gehen und die rund 300 000 pflegebedü­rftigen Menschen impfen, die zu Hause von Angehörige­n und Pflegedien­sten versorgt werden. „Wir brauchen eine proaktive, aufsuchend­e Strategie für diesen Personenkr­eis. Das Sozialmini­sterium und die Landesregi­erung haben hier die Bringschul­d“, sagt Schneider.

„Natürlich lassen sich die allermeist­en auch bereitwill­ig testen, aber auch in den Pflegeheim­en gibt es Coronaleug­ner und für die brauchen wir klare rechtliche Regelungen.“Bernhard Schneider, Hauptgesch­äftsführer der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng

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FOTO: EVANGELISC­HE HEIMSTIFTU­NG

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