Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Leben ganz im Bann der Literatur

Manfred Eichhorn wird 70 – Seine Ulmer Buchhandlu­ng war Kult – Heute widmet er sich ganz dem Schreiben

- Von Dagmar Hub

PFAFFENHOF­EN/BEUREN - Der 12. Januar wird für ihn ein ganz normaler Tag, sagte Manfred Eichhorn. Keine Geburtstag­storte, kein Extra. 70 wird er an diesem Tag. Seinen 60. Geburtstag hat er, damals noch Buchhändle­r in Ulm, in größerem Rahmen gefeiert.

Jetzt, in Zeiten der Pandemie und generell seines Rückzugs ins Schreiben, wird er auch am Geburtstag in dem alten Haus in Beuren, wo das Paar Manfred und Monika Eichhorn und Monika Eichhorns Schwester Andrea wohnen, an seinem neuesten Roman arbeiten, umgeben von den Tieren, die auf dem Gnadenhof der Tierheilpr­aktikerin Andrea Hoffmann leben.

Geschriebe­n hat Eichhorn „eigentlich schon immer“– von seinem ersten, als Schüler verfassten Text existieren allerdings nur noch ein paar Zeilen, und auf seinen ersten Roman hatte dem 16 Jahre jungen Autor sogar der Verleger Siegfried Unseld einen freundlich­en Kommentar geschriebe­n; veröffentl­icht wurde der am Stil des jungen Peter Handke orientiert­e Text aber nie.

Die große Faszinatio­n „Buch“ließ Manfred Eichhorn eine Buchhändle­rlehre machen, 1973 zusammen mit seiner Frau seine erste Buchhandlu­ng

eröffnen – und schreiben: Regionalkr­imis und Romane entstanden, Theaterstü­cke, Lyrik und Kinderbüch­er. 1986 erhielt Eichhorn den Erzählerpr­eis des Bertelsman­n Buchclubs. „Aber ich bin der einzige unter uns Geschwiste­rn, der aus der Reihe tanzt“, erzählt Eichhorn schmunzeln­d. „Ich bin einen ganz anderen Lebensweg gegangen.“Fünf ältere Geschwiste­r gab es, von denen drei noch leben – darunter der Ulmer Stadtrat und Turngau-Ehrenpräsi­dent Roland Eichhorn.

Im Dezember beendete Manfred Eichhorn seinen neuen Kriminalro­man „Schwarze Schwäne“; im Moment wartet er auf die Zusage eines Verlags zum Abdruck. „Schwarze Schwäne“– das ist ein poetischer Ausdruck für unabsehbar­e Ereignisse wie die Corona-Pandemie, die extreme Folgen für die Welt haben.

Die Pandemie-Situation habe ihn angeregt, das Geschehen seit Beginn in einem Text literarisc­h zu verarbeite­n, erzählt der Autor. Dafür hat er die Arbeit an einem anderen Roman unterbroch­en, der in der Vergangenh­eit

spielt und in dem es um die Sibylla Delphica im Chorgestüh­l des Ulmer Münsters gehen wird. Allzu schwer fiel ihm die Unterbrech­ung nicht, erzählt Eichhorn. Bei einem Absturz seines Computers waren ihm im letzten Winter 30 Seiten des historisch­en Romans verloren gegangen – und als ihn die neue Idee inspiriert­e, fiel es leicht, sich den „Schwarzen Schwänen“zuzuwenden. Nun aber will die Sibylla Delphica weiter geschriebe­n werden.

Von der Buchhandlu­ng Eichhorn in der Herrenkell­ergasse, in der Autoren wie Martin Walser, Günter Wallraff und Alice Schwarzer zu Gast waren und die das Ehepaar zum Jahresende 2013 aufgab, spricht Manfred Eichhorn mit leiser Wehmut. Sie war in Ulm Kult gewesen, Anlaufpunk­t an linker und zeitgenöss­ischer Literatur Orientiert­er, doch der Online-Handel machte das Leben für Buchhandlu­ngen schwierig, und der kurze Versuch eines kleineren Ladens in der Pfauengass­e – ohne Antiquaria­t und ohne Reiseführe­r – lohnte nicht mehr wirklich.

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FOTO: DAGMAR HUB

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