Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine Aufgabe, die vor dem Menschen liegt
Ulrich Hemel aus Laichingen beschäftigt sich unter anderem mit der Digitalisierung, Vernunft und Humanität
LAICHINGEN - Es war eine Zeit der Verantwortung und es wird sie auch bleiben: Professor Dr. Dr. Ulrich Hemel aus Laichingen ist als Bundesvorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) bestätigt worden. Die Wahl erfolgte bei der Bundestagung in Würzburg. Der Unternehmer und Theologe aus Laichingen engagiert sich seit 2017 als Vorsitzender des Verbandes. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma Rogg Verbandstoffe GmbH & Co. KG und Direktor des Weltethos-Instituts in Tübingen. Darüber hinaus hat er im „Corona-Jahr“das Buch „Kritik der digitalen Vernunft – Warum Humanität der Maßstab sein muss“geschrieben. Ein Werk, das mehrere Lebensbereiche prüft. Ein Werk, mit dem Hemel fordert und auch kritisiert.
64 Jahre ist Ulrich Hemel alt. Geboren wurde er in Bensheim (Bergstraße, in Hessen). Ulrich Hemel studierte in Mainz und Rom Katholische Theologie, Philosophie sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Im Jahr 1983 wurde er im Fach Religionspädagogik promoviert und habilitierte sich 1988 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg.
1991 wechselte er zur Boston Consulting Group, wo er für Industrieunternehmen und Banken tätig war und zum Recruiting Director und Manager aufstieg. Öffentlich bekannt wurde unter anderem die von ihm beratungsseitig geleitete Sanierung von Carl Zeiss. Ab 1996 wechselte er zur Hartmann AG (Heidenheim), einem Verbandstoffhersteller. Später gründete er unter anderem seine eigene Unternehmensberatungs- und Beteiligungsfirma. Hemel ist mit seiner Frau Amparo Lucia verheiratet, hat drei Kinder und drei Enkelkinder.
Ulrich Hemel ist vielseitig – nicht nur in seinen Interessen. Kirche, Gesellschaft und Politik: Mit der Corona-Krise habe die digitale Transformation an Geschwindigkeit noch gewonnen, durchdringe dabei alle Lebensbereiche. Hemel spricht aufgrund der Intensität von einem „digitalen Epochenbruch“. Einen, den er selbst täglich erlebt. „Jeder Tag ist unterschiedlich“, sagt er. Beispiel: Viele Sitzungen seien Coronageprägt. Vieles laufe online. Doch wie geht es Unternehmen im Digitalisierungstrend?
Damit beschäftigt sich unter anderem auch sein Buch, das er in der Corona-Krise schrieb. Was macht Digitalisierung mit den Menschen und kann der Mensch eben diese steuern? Wie steht es um das digitale Arbeiten, um die digitale Ethik? „Wir müssen lernen, mit Nichtwissen umzugehen“, sagt Hemel und erklärt: „Wir leben alle in der Digitalisierung.“
Seine Beschäftigung mit dem Thema wurde unter anderem durch die Auseinandersetzung mit der ethischen Begleitung von Forschungen zu Künstlicher Intelligenz (KI) im „Cyber Valley“Tübingen/Stuttgart angeregt. Die digitale Transformation habe Auswirkungen auf das Alltagsleben, auf den Beruf, auf die Politik, die Gesellschaft und auf das Selbstverständnis als Mensch. Heißt für Hemel: Der Mensch muss lernen, wie er sich als Mensch nicht nur vom Tier, sondern eben auch von Künstlicher Intelligenz unterscheidet. Deswegen gehöre zur Kritik der digitalen Vernunft auch der Umgang mit dieser Digitalität als neue Wirklichkeitsform.
Fördert oder blockiert die Digitalisierung die Menschlichkeit? Mit der Technik leben, lernen, sie sinnvoll und vernünftig zu steuern: Ulrich Hemel nimmt in seinem Werk auf, dass jede Technik durchaus ambivalent ist, also Missbrauchspotenzial besitzt. Ein Beispiel: Mit einem Hammer können Nägel eingeschlagen oder auch jemand getötet werden. Es komme also ganz darauf an, was der Mensch mit der Technik macht. Das gelte ebenso für die digitale Technik. So geht Ulrich Hemel in seinem neuesten Werk unter anderem der Frage nach der digitalen Identität, der digitalen Arbeit, der digitalen Politik, der digitalen Ethik sowie der digitalen Religion nach. Auf 400 Seiten schaut er, ob es eben jene gibt, wie es um Individual- und Gemeinwohl sowie zwischen Selbstund
Weltverantwortung bestellt ist.
Klar ist für Ulrich Hemel: Die digitale Welt ist und bleibt ambivalent. Sie kann Alltagserleichterung sein, ebenso sozialen Sprengstoff bieten. Deswegen sei wichtig und notwendig, einen Dialog über Chancen und Grenzen digitaler Technik in Betrieben, in Universitäten, in der Politik sowie generell in der lokalen, regionalen und globalen Zivilgesellschaft anzustoßen und zu führen. Eines ist für Ulrich Hemel zudem klar: Die digitale Humanität, also das Ziel, ist wiederum der Anspruch, jene besten Seiten des Menschen hervorzuheben und als Maßstab für eine weitere Entwicklung in der digitalen Welt zu setzen. Ein Drittes: „Die ethisch sinnvolle und menschenfreundliche Gestaltung der digitalen Welt ist eine Aufgabe, die noch vor uns liegt.“