Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Musterhaus-Feuerteufel zu Haftstrafe verurteilt
Der obdachlose Brandstifter hatte für sich selbst eine möglichst hohe Strafe gefordert
ULM - Ein Liebespärchen hat im vergangenen Jahr mehrere Wochen lang illegal in der Musterhaussiedlung in der Friedrichsau gewohnt. Weil es zwischen den beiden zu einem Streit kam, zündete der 25-jährige Mann das Haus an und legte das Gebäude in Abwesenheit seiner Freundin in Schutt und Asche. Am Mittwoch hat die zweite Große Strafkammer des Landgerichts Ulm den Mann zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem ordnete das Gericht eine Unterbringung in einer Entzugsanstalt an. Der Angeklagte gilt als schwerer Alkoholiker.
Zu Beginn des Prozesses hatte die Kammer geprüft, ob zusätzlich ein versuchter Totschlag des Angeklagten infrage kommen könnte. Doch das bestätigte sich nach der ausführlichen Beweisaufnahme nicht als gerichtsfest. So blieb dem Angeklagten eine weitaus höhere Strafe erspart.
Der jetzt Verurteilte lebte im vergangenen Jahr völlig unbemerkt mehrere Wochen lang mit seiner Freundin in dem noblen Musterhaus eines Fertighausanbieters in der Nachbarschaft weiterer Musterhäuser neben dem Ulmer Messegelände. Bei den seltenen Kontrollgängen waren die beiden stets abwesend. Sie hatten in dem Haus alles, wovon zwei Wohnsitzlose nur träumen konnten.
Die Idylle währte aber nicht lange, da es zu heftigen Streitigkeiten kam, die am Pfingstwochenende 2020 offensichtlich eskalierten. Grund war, dass die Frau ihrem Freund mitgeteilt hatte, sie wolle sich von ihm trennen. Da rastete der Mann aus und bedrohte sie mehrfach, sodass seine Partnerin die Polizei alarmierte, mehrfach.
Doch jedes Mal, wenn die Beamten kamen, war der Angeklagte ausgebüxt. Die Polizei vermittelte der bedrohten Frau eine sichere Bleibe im Übernachtungsheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Ulm. In seiner Verzweiflung zündete der Mann daraufhin das Haus an, flüchtete und wurde wenig später festgenommen.
Der Angeklagte sagte in der Beweisaufnahme ausführlich aus und bestätigte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft voll und ganz. Seine mehr als achtstündige Schilderung des Geschehens gipfelte in einem Appell an die Richter, ihm eine möglichst hohe Strafe aufzubrummen. Einen Tötungsversuch habe er aber nicht im Sinn gehabt. Das Gericht musste das aber prüfen, weil der Mann in der Untersuchungshaft in einem Schreiben an die Kriminalpolizei die Behauptung aufgestellt hatte, dass er seine Freundin habe töten wollen. Das aber widerrief er im Verlauf des Prozesses.
Vor dem Brand hatte das Paar noch an jenem Pfingsttag in dem Haus eine Party mit Freunden veranstaltet, bei der es hoch herging. Es gab Bier und Schnaps in reichlicher Menge, auch Joints machten fleißig die Runde. Nach dem Brand machte der total betrunkene Feuerteufel eine Runde durch die Ulmer Innenstadt und zündete wahllos Mülltonnen an. Zwei Brände mussten durch die Feuerwehr gelöscht werden.
Ob das Urteil der Forderung des Angeklagten entsprach, eine möglichst hohe Strafe zu bekommen, ist nicht bekannt. Aber offensichtlich stand im Mittelpunkt der Großen Strafkammer, dem Angeklagten eine Therapie wegen seiner Sucht angedeihen zu lassen. Das wird jetzt in einer Entzugsanstalt im Rahmen der Haftstrafe geschehen.