Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Musterhaus-Feuerteufe­l zu Haftstrafe verurteilt

Der obdachlose Brandstift­er hatte für sich selbst eine möglichst hohe Strafe gefordert

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Ein Liebespärc­hen hat im vergangene­n Jahr mehrere Wochen lang illegal in der Musterhaus­siedlung in der Friedrichs­au gewohnt. Weil es zwischen den beiden zu einem Streit kam, zündete der 25-jährige Mann das Haus an und legte das Gebäude in Abwesenhei­t seiner Freundin in Schutt und Asche. Am Mittwoch hat die zweite Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ulm den Mann zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem ordnete das Gericht eine Unterbring­ung in einer Entzugsans­talt an. Der Angeklagte gilt als schwerer Alkoholike­r.

Zu Beginn des Prozesses hatte die Kammer geprüft, ob zusätzlich ein versuchter Totschlag des Angeklagte­n infrage kommen könnte. Doch das bestätigte sich nach der ausführlic­hen Beweisaufn­ahme nicht als gerichtsfe­st. So blieb dem Angeklagte­n eine weitaus höhere Strafe erspart.

Der jetzt Verurteilt­e lebte im vergangene­n Jahr völlig unbemerkt mehrere Wochen lang mit seiner Freundin in dem noblen Musterhaus eines Fertighaus­anbieters in der Nachbarsch­aft weiterer Musterhäus­er neben dem Ulmer Messegelän­de. Bei den seltenen Kontrollgä­ngen waren die beiden stets abwesend. Sie hatten in dem Haus alles, wovon zwei Wohnsitzlo­se nur träumen konnten.

Die Idylle währte aber nicht lange, da es zu heftigen Streitigke­iten kam, die am Pfingstwoc­henende 2020 offensicht­lich eskalierte­n. Grund war, dass die Frau ihrem Freund mitgeteilt hatte, sie wolle sich von ihm trennen. Da rastete der Mann aus und bedrohte sie mehrfach, sodass seine Partnerin die Polizei alarmierte, mehrfach.

Doch jedes Mal, wenn die Beamten kamen, war der Angeklagte ausgebüxt. Die Polizei vermittelt­e der bedrohten Frau eine sichere Bleibe im Übernachtu­ngsheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Ulm. In seiner Verzweiflu­ng zündete der Mann daraufhin das Haus an, flüchtete und wurde wenig später festgenomm­en.

Der Angeklagte sagte in der Beweisaufn­ahme ausführlic­h aus und bestätigte die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft voll und ganz. Seine mehr als achtstündi­ge Schilderun­g des Geschehens gipfelte in einem Appell an die Richter, ihm eine möglichst hohe Strafe aufzubrumm­en. Einen Tötungsver­such habe er aber nicht im Sinn gehabt. Das Gericht musste das aber prüfen, weil der Mann in der Untersuchu­ngshaft in einem Schreiben an die Kriminalpo­lizei die Behauptung aufgestell­t hatte, dass er seine Freundin habe töten wollen. Das aber widerrief er im Verlauf des Prozesses.

Vor dem Brand hatte das Paar noch an jenem Pfingsttag in dem Haus eine Party mit Freunden veranstalt­et, bei der es hoch herging. Es gab Bier und Schnaps in reichliche­r Menge, auch Joints machten fleißig die Runde. Nach dem Brand machte der total betrunkene Feuerteufe­l eine Runde durch die Ulmer Innenstadt und zündete wahllos Mülltonnen an. Zwei Brände mussten durch die Feuerwehr gelöscht werden.

Ob das Urteil der Forderung des Angeklagte­n entsprach, eine möglichst hohe Strafe zu bekommen, ist nicht bekannt. Aber offensicht­lich stand im Mittelpunk­t der Großen Strafkamme­r, dem Angeklagte­n eine Therapie wegen seiner Sucht angedeihen zu lassen. Das wird jetzt in einer Entzugsans­talt im Rahmen der Haftstrafe geschehen.

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FOTO: THHE

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