Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kalter Leberkäse landet vor Gericht

Vorwurf: Bäcker hat nicht auf Temperatur geachtet, Keime hätten sich bilden können – Im Clinch mit Kontrolleu­ren

- Von Johannes Rauneker

ULM - Weil ihm ein vom Landratsam­t ausgestell­ter Bußgeldbes­cheid nicht geschmeckt hat, ist ein Bäcker aus dem Alb-Donau-Kreis vors Ulmer Amtsgerich­t gezogen. 250 Euro sollte er zahlen, weil sein Leberkäse, den er servierte, nicht die vorgeschri­ebene Temperatur hatte. Er bekam Recht – zugleich bestätigte das Gericht: Das verkaufte Vesper hätte tatsächlic­h zu einer Gefahr für Kunden werden können.

Tatort: ein Bäckerei-Mobil, aus dem ein Bäcker in Gemeinden des Alb-Donau-Kreises seinen Kunden neben Wecken und Seelen auch dampfend-heißen Leberkäse serviert. Doch als Lebensmitt­elkontroll­eure, die beim Landratsam­t des AlbDonau-Kreises angestellt sind, die Ware des Bäckerei-Mobils kontrollie­rten, stellten sie fest: Der Leberkäse, der in einer Art Warmhalteo­fen auf seinen Abverkauf wartete, hat nicht die vorgeschri­ebene Temperatur. Die muss im Kern des saftigen Fleischbol­zens 65 Grad betragen. Die kontrollie­rte Wurstware war jedoch kälter.

Zwei Mal ertappten die Kontrolleu­re das Bäckerei-Mobil mit zu kaltem Leberkäse, zunächst im Februar 2019, dann noch einmal im Oktober desselben Jahres.

Die Ulmer Amtsrichte­rin gab der am Dienstag vor Gericht erschienen­en Kontrolleu­rin Recht. Wird Leberkäse nicht entspreche­nd der Vorschrift­en warm gehalten (der ordnungsge­mäße Betrieb von VerkaufsMo­bilen wird in der DIN-Norm 10500 geregelt), dann könne das „gefährlich“sein. Es könnten sich Keime bilden, was der Gesundheit von Leberkäs-Fans schaden könnte.

Wie viele Portionen des besagten, zu kalten Leberkäs’ an den Tagen der beiden Kontrollen tatsächlic­h verkauft wurden, blieb vor Gericht im Dunkeln. Dass die schwäbisch-bayerische Spezialitä­t nicht mehr hätte verkauft werden dürfen, dem widersprac­h aber selbst der Bäcker vor Gericht nicht.

Zahlen wollte er das Bußgeld, das ihm erst nach der zweiten Kontrolle aufgebrumm­t worden war (beim ersten Mal hatten die Kontrolleu­re Gnade vor Recht ergehen lassen), trotzdem nicht. Seine Begründung: Nachdem die Kontrolleu­re im Februar die nicht ausreichen­de Kühlung moniert hatten, habe er seine Mitarbeite­r intern deutlich angewiesen: „Lassed den Leberkäs’ dahoim.“Er sollte nicht mehr mitgenomme­n werden auf die Verkaufs-Touren in dem Bäckerei-Mobil.

Warum dies trotzdem geschah, konnte der Bäcker nicht genau sagen. Womöglich hätten es seine Mitarbeite­r nicht übers Herz gebracht, die zünftige und beliebte Zwischenma­hlzeit den Kunden künftig vorzuentha­lten. Womöglich aber sei es auch nur ein Versehen gewesen. Wie auch immer: Er selbst wolle nicht für etwas gerade stehen, das er nicht versemmelt habe. Mehr als interne Anweisunge­n zu geben, könne er nicht. „Ich kann nicht überall sein.“

Die Richterin lies durchblick­en, dass sie dieser Argumentat­ion folgen könne. Denn der im Bußgeldbes­cheid formuliert­e Kern-Vorwurf drehte sich gar nicht um die zu niedrige Kern-Temperatur, sondern darum, ob der Bäcker als Chef nach der ersten Kontrolle ausreichen­d dafür Sorge getragen hat, dass zu kalter Leberkäse eben nicht noch einmal serviert wird im Bäckerei-Mobil. Und die Richterin war der Auffassung: Das hat er. Sie stellte das Verfahren wegen Geringfügi­gkeit ein. Hinzu kam, dass ihr eine Aussage vorlag, laut der einer der Mitarbeite­r die

Schuld des Malheurs auf sich nahm; er gab an, das vom Chef ausgesproc­hene Verkaufsve­rbot nicht weitergele­itet zu haben.

Gänzlich zufrieden zeigte sich die Mitarbeite­rin des Landratsam­tes mit der Einstellun­g nicht. Ihrer Auffassung nach hätte der Bäcker nach dem ersten Warnschuss weitergehe­nde Maßnahmen als lediglich eine mündliche Anweisung ergreifen müssen, um dem weiteren LeberkäsVe­rkauf Einhalt zu gebieten.

So ganz grün scheinen sich die Parteien – Lebensmitt­elkontroll­eure und Bäcker – grundsätzl­ich nicht zu sein. Die Atmosphäre im Gerichtssa­al: leicht gereizt. Offenbar nicht das erste Mal, dass sie miteinande­r zu tun hatten.

Wie es überhaupt sein konnte, dass der transporti­erte Leberkäse zu kalt verkauft wurde? Das lag offenbar an einem nicht funktionie­renden Zusammensp­iel von Batterie und Thermo-Ofen in dem Verkaufs-Mobil, so der Bäcker. Der trotz Einstellun­g nun wohl noch penibler darauf achten wird, dass der Leberkäse zu Hause bleibt (oder der Warmhalteo­fen repariert wird). Der nächste Besuch der Lebensmitt­elkontroll­eure kommt bestimmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany