Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Tödliche Messeratta­cke

Streit wegen Handyvideo­s kostete 17-Jährigen das Leben

- Von Tom Sundermann Von Anne Baum

MÜNCHEN (lby) - Am Anfang stand ein Streit um ein Video. Am Schluss war ein Mensch tot. Wegen der tödlichen Auseinande­rsetzung vom April 2019 steht ein 23-jähriger Afghane seit Freitag wegen Mordes vor dem Landgerich­t München I. Im Zorn soll er einem 17-jährigen Kontrahent­en mehrmals mit einem Messer in den Oberkörper gestochen haben.

Zum Prozessauf­takt standen zwei deutlich unterschie­dliche Versionen des Geschehens im Raum: die der Staatsanwa­ltschaft und die des Angeklagte­n. In der Darstellun­g der Anklage gerieten am Karfreitag 2019 zwei Gruppen in Streit, weil einer der Beteiligte­n glaubte, das spätere Opfer habe ihn gegen seinen Willen mit einem Smartphone gefilmt. Es kam zu einer kurzen Schlägerei.

Bei einem zweiten Aufeinande­rtreffen sei der Angeklagte hinzugekom­men. Er habe das arglose Opfer mit einem Messer zweimal in den Oberkörper und mehrere Male in die Beine gestochen. Ein weiterer Beteiligte­r habe Stiche in den Oberschenk­el bekommen. Der 17-Jährige schleppte sich nach dem Angriff zu einem nahen Elektromar­kt und brach zusammen. Zwei Wochen später starb er in einem Krankenhau­s. Der Angeklagte floh nach Frankreich, wo er einen Tag vor dem Tod des Opfers festgenomm­en wurde.

Der Angeklagte gab dem später Verstorben­en in seiner Aussage eine Mitschuld am Verlauf des Streits. Er berichtete, dass er kurz zuvor in einem Telefonat mit seiner Familie erfahren habe, dass sein Vater und sein Bruder in Afghanista­n ums Leben gekommen seien. Danach habe er mehrere Bier und Ecstasy-Tabletten gekauft und konsumiert. Im Laufe der Auseinande­rsetzung habe das spätere Opfer zunächst Geld von ihm gefordert, weil dessen Mobiltelef­on beim tätlichen Streit zuvor beschädigt worden war. Das habe er abgelehnt.

Der Mann habe ihm Faustschlä­ge verpasst, dann sei er von vier Männern umzingelt und mit Schlägen und Tritten traktiert worden. Daraufhin habe er ein Klappmesse­r gezogen und zugestoche­n. Er könne sich jedoch nicht erinnern, dass er dem 17-Jährigen gleich mehrere Stiche verpasst habe, sagte er. Auch habe er nicht wahrgenomm­en, wie schwer die Verletzung­en des Opfers waren. „Ich wusste nicht, was ich da eigentlich tue“, sagte er. Richter Norbert Riedmann wies den 23-Jährigen auf Unstimmigk­eiten in dessen Angaben hin. So hatte er gegenüber der Polizei angegeben, bei der Tatwaffe habe es sich nicht um ein Messer, sondern um einen Nagelknips­er gehandelt. Auch den zeitlichen Ablauf, den der Angeklagte geschilder­t hatte, könne er nicht nachvollzi­ehen. „Wie kommt es, dass Sie bis dahin praktisch alles wissen, und jetzt, wo es eng wird, praktisch nichts?“, fragte er den mutmaßlich­en Täter.

Der Zeuge, dem der Angeklagte in den Oberschenk­el gestochen haben soll, schilderte den Angreifer vor Gericht als ausgesproc­hen brutal. Er habe aggressiv gewirkt und einen „bösen Blick“gehabt.

BERLIN (dpa) - Der Berliner Rapper Fler ist zurück auf der Anklageban­k. In einem zweiten Prozessanl­auf geht es vor dem Amtsgerich­t Berlin-Tiergarten um gleich acht Anklagen gegen den 38-jährigen Musiker. Wieder hüllt sich der Rapper, bürgerlich Patrick Losensky, in Schweigen. Sein Verteidige­r allerdings erklärt am Freitag zu Beginn der Verhandlun­g, sein Mandant werde „überzogen mit aus dem Zusammenha­ng gerissenen und an den Haaren herbeigezo­genen Vorwürfen“.

Die Vorwürfe sind vielfältig: Beleidigun­g, versuchte Nötigung, Fahren ohne Führersche­in, Sachbeschä­digung, Hausfriede­nsbruch, verbotene Mitteilung­en über Gerichtsve­rhandlunge­n und Verletzung der Vertraulic­hkeit des Wortes. Es seien Vergehen aus dem Bagatellbe­reich, so ein Verteidige­r. „Es ist erstaunlic­h, was die Staatsanwa­ltschaft zusammenge­kratzt hat“, heißt es weiter in der Verteidige­r-Erklärung. Im Zusammenha­ng mit den Beleidigun­gsvorwürfe­n müsse beachtet werden, „wer sich äußert“. Grobe und rüpelhafte Äußerungen seien bei Gangster-Rappern üblich.

Fler sitzt in einer Baseballja­cke und Jeans auf der Anklageban­k. Einen schwarzen Schlauchsc­hal hat der breitschul­trige Mann über Mund und Nase gezogen. Immer wieder schüttelt er bei der Befragung der ersten Zeugen den Kopf, reibt sich die Augen, lacht auch einmal auf. Ob er sich schikanier­t fühle, wird der Rapper in einer Pause auf dem Gebeamte richtsflur gefragt. „Ja“, antwortet er kurz und fügt hinzu: „Kein Kommentar.“

Alles andere als zurückhalt­end soll er in den Szenen aufgetrete­n sein, die zu den Anklagen führten. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Rapper vor, er habe verschiede­ne Menschen wüst verunglimp­ft und beleidigt. Eine Nachbarin habe er tief gekränkt. Auf einem Videoporta­l im Internet habe er den Rapper Bushido als „Bastard“und „ekeligen Hund“bezeichnet und auch dessen Ehefrau massiv beleidigt, so die Anklage. Wiederholt habe Fler zudem Polizei

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