Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Ich möchte und muss nach vorne schauen“
Laichingens Schultes Klaus Kaufmann blickt auf das Jahr 2020 sowie Herausforderungen und Wünsche für 2021
Das Jahr 2020 war kein einfaches. Es gab viel zu tun und es gab Veränderungen – mit Blick auf das Coronavirus. Im nun neuen Jahr 2021 nimmt die Pandemie die Menschen weiterhin in Beschlag. Es gibt viele Sorgen, Ängste und Nöte. Dennoch muss es weiter gehen – für und in allen Kommunen. So auch für die Stadt Laichingen. Im Interview mit SZ-Redaktionsleiterin Maike Scholz spricht der Laichinger Schultes Klaus Kaufmann über persönliche Erlebnisse, wichtige Projekte und Herausforderungen.
Welches Projekt war für Ihre Stadt das wichtigste im Jahr 2020 und welches Projekt mit viel Zukunftspotenzial wollen Sie im neuen Jahr 2021 für Ihre Kommune anstoßen?
Jetzt müssen wir erst abwarten, was das neue Jahr bringt, wie sehr dieses Jahr jetzt von CoVid-19 beeinflusst sein wird. Der finanzielle Rahmen der Stadt ist auf jeden Fall sehr eingeengt, weil wir im vergangenen Jahr starke finanzielle Einbußen hinnehmen mussten, die sich in diesem Jahr erst richtig auswirken. Aber die Neuanlage eines zusätzlichen Rasenplatzes beim Waldstadion für unsere Sportlerinnen und Sportler wäre mit ein wichtiges Anliegen. Besonders auch Vereine leiden neben anderen Gruppierungen stark unter der Pandemie. Die Mittel haben wir glücklicherweise schon im vergangenen Jahr im Haushalt verankert, sodass diese vorhanden sind und die Umsetzung der Maßnahme auch möglich ist. Zudem bauen wir dieses Jahr den Park & Ride-Platz am Bahnhof Merklingen – Schwäbische Alb mit der Zufahrt und einem Kreisverkehrsplatz sowie einer ganzen Reihe von Annehmlichkeiten für die zukünftigen Fahrgäste.
Was war das anstrengendste Projekt 2020?
Wir haben ja bereits im Frühjahr vergangenen Jahres zunächst einmal alle Investitionen, die nicht schon begonnen waren, zurückgestellt. Somit ist die Liste der Projekte sehr klein. Aber die Pandemie-Bekämpfung, das ist jetzt zwar kein geplantes „Projekt“, aber in meinem Leben bisher die größte Herausforderung für unsere Gesellschaft und für mich persönlich als Bürgermeister, die hat uns wirklich sehr gefordert und tut es immer noch.
Was wird dann das anstrengendste Projekt 2021?
Bei Projekten sehe ich jetzt nicht wirklich die Anstrengung im Vordergrund, die sie vielleicht mit sich bringen. Eine gute Planung ist das A und O, dann sind die Schwierigkeiten in der Regel auch beherrschbar. Sicher wird uns Corona weiter fordern und wir werden uns alle miteinander hier weiter ins Zeug legen müssen, um der Pandemie hoffentlich endgültig Herr zu werden.
Auf welches Projekt freuen Sie sich dennoch ganz besonders 2021?
Auf den neuen Sportplatz. Die Laichinger Sportlerinnen und Sportler warten schon Jahrzehnte darauf. Und jetzt soll er endlich verwirklicht werden.
Digitalisierung war 2020 ein großes Thema, wie sind Sie und Ihre Kommune an das Thema herangegangen?
Wir haben schon vor Corona eine ganze Reihe wichtiger Maßnahmen umgesetzt. Zuerst nämlich müssen die Grundlagen in der Verwaltung dafür geschaffen werden, dass Digitalisierung überhaupt möglich wird. Dazu gehören zum Beispiel ein Dokumentenmanagementsystem, die
Ausstattung des Personals und der Gemeinderäte mit der erforderlichen Technik. Wir werden von unserem IT-Administrator dazu in einer der kommenden Sitzungen des Gemeinderats einen Vortrag zum aktuellen Stand der Digitalisierung unserer Verwaltung hören und welche weiteren Maßnahmen in Form eines Masterplans bereits geplant sind. Corona hatte uns hier irrsinnigerweise zunächst den Wind aus den Segeln genommen, aber mit den ersten Erfahrungen aus der Pandemie wurde schnell klar, dass es genau umgekehrt sein muss. Die geplanten Maßnahmen werden alle zügig umgesetzt.
Wie beurteilen Sie ganz generell die Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern im Rathaus, 2020 war zu großen Teilen auch sehr fordernd für die Verwaltungen?
Wir alle können stolz sein auf solche Mitarbeiter, denen keine Überstunde – und da sind Pandemiebedingt sehr viele angefallen – und keine noch so schwierige, weil unbekannte, Herausforderung zu viel war. Deshalb haben wir auch über die Jahreswende die Verwaltung etwas heruntergefahren. Die Leute brauchten einfach auch ein paar Tage zum Durchatmen. Wir haben in vielen Bereichen mindestens 50 Prozent mehr Arbeit, aber halt nicht mehr Mitarbeiter und das nun fast seit einem Jahr. Allein diese Zahl beschreibt die Belastung der Mitarbeiter sehr eindrücklich.
Wie wird sich die Verwaltung im Jahr 2021 verändern?
Ich hoffe gar nicht. Zumindest die Mitarbeiterzahl können wir nicht erhöhen. Das lassen unsere Finanzen nicht zu. Aber wir werden deutlich digitaler. Das werden auch die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen, weil es Angebote geben wird, die bequem von zu Hause aus erledigt werden können, soweit dies gesetzlich zulässig ist.
Sie erwähnten, wie wichtig es ist, auch mal durchzuatmen. Veranstaltungen gab es 2020 leider nicht sehr viele. Welche ist Ihnen besonders positiv in Erinnerung geblieben?
Sie haben recht, fast alles war abgesagt. Aber die Verleihung der Staufermedaille an Heinz Rauscher, wenn auch in kleinem Kreis, war schon ein Höhepunkt 2020. Und dann noch meine Wiederwahl und die darauf folgende Amtseinsetzung am 24. November waren natürlich ein sehr bewegendes Erlebnis für mich und meine Frau, das ich liebend gern mit vielen lieben Menschen aus und um Laichingen herum geteilt hätte. Schade, aber wir mussten ja alle Verzicht üben. Wenn ich allein daran denke, wie viele Leute ihre Hochzeit oder ihre Geburtstags- und Jubiläumsfeiern abgesagt haben.
Was war das bedeutendste Ereignis positiv/negativ – abgesehen von Corona und Lockdown – für Ihre Kommune im Jahr 2020?
Da fällt mir jetzt nicht wirklich etwas ein. Ich denke auch nicht in Positiv-/ Negativ-Kategorien. Ich nehme die Dinge, wie sie kommen und kann allem etwas abgewinnen. Das vergangene Jahr war aber praktisch ausschließlich von Corona geprägt. Lassen Sie uns das schnell vergessen. Denn es kommen auch wieder bessere Zeiten.
Corona hat viel Einfluss. Auf alle Lebensbereiche. Bleiben wir noch ein wenig bei diesem Thema. Wie war der Kontakt zu den Bürgern 2020, was war Ihr schönster Moment?
Sehr eingeschränkt. Hauptsächlich über Telefon oder E-Mail. Der schönste Moment war, als ein Bürger auf der Straße auf mich zukam und einfach nur „Danke“gesagt hat. Für einen Moment wusste ich gar nicht, wer er war. Aber dann gab er sich zu erkennen und ich wusste sofort, dass die Stadt ihm aus einer Corona-bedingten Misslage geholfen hatte. Ein aufrichtiges Dankeschön ist doch der schönste Lohn für das, was man täglich tut. Als weiterer schöner Moment möchte ich die große Solidarität in unserer Stadt ansprechen. Dass viele Leute sich gefragt oder ungefragt dazu aufgemacht haben und Menschen, die in der Pandemie Hilfe brauchten, diesen diese Hilfe herzlich gern gewährten – beispielsweise Einkäufe für Personen zu erledigen, die niemand hatten, der das für sie tun konnte und vieles mehr. Allen ein ganz großes Dankeschön, dem Laichinger Helferkreis, kirchlichen Gruppen und allen anderen, die sich hier selbstlos zum Beispiel als Nachbarschaftshilfe zur Verfügung stellten. Das war großartig.
Soziales Engagement und Solidarität also: Welche sozialen Projekte hat Ihre Stadt im vergangenen Jahr besonders weitergebracht?
Das vergangene Jahr war generell kein Jahr, um an Projekte zu denken. Das Virus hat uns zu sehr in Beschlag genommen. Deshalb möchte ich mich mit diesem Jahr auch nicht mehr aufhalten. Ich habe es abgehakt. Ich möchte und muss nach vorne schauen.
Dann schauen wir auf das neue Jahr. Welche sozialen Projekte könnten Sie sich für 2021 vorstellen beziehungsweise sind schon in Planung?
Wir wollen all denjenigen, die nicht in der Lage sind, an einen Impftermin zu kommen, geschweige denn sich selbstständig in ein Impfzentrum zu begeben, eine Unterstützung anbieten. Die Planungen dazu sind bereits angelaufen. Den Bau eines Kindergartens in der Kernstadt halte ich für sehr wichtig. Eltern nehmen derzeit enorme persönliche wie finanzielle Einschränkungen in Kauf, weil es in der Kernstadt zu wenig Betreuungsplätze gibt. Auch in Machtolsheim sehe ich die Notwendigkeit des Anbaus an den bestehenden Kindergarten. Allerdings werden wir finanziell gesehen nicht gleichzeitig alle Wünsche erfüllen können. Wir werden uns zumindest in diesem Jahr für eines der beiden Projekte entscheiden müssen. Die Teilnahme mit unserem Teilort Feldstetten am Wettbewerb „Ortsmitten barrierefrei und lebenswert gestalten“halte ich auch für ein Projekt mit sozialem Charakter.
Denn die Lebensqualität der Menschen hängt stark davon ab, wie wenig oder auch wie sehr die Bundesstraße 28 das Leben der dort lebenden Menschen beeinflusst und wie hoch die dort bestehende Lebensqualität letztlich ist. Und natürlich der Feldstetter Dorfladen wird mit Sicherheit eine Bereicherung für das soziale Leben sein. Davon verspreche ich mir viel für alle Feldstetter aber natürlich auch für alle übrigen Laichinger. Das Angebot wird für alle nützlich sein.
Gegeben dem Fall, dass 2021 wieder Feste oder Veranstaltungen stattfinden könne: Auf welche freuen Sie sich besonders?
Auf ein Fest, mit dem wir das Ende von Corona feiern. Das haben die Menschen in unserer Stadt dringend nötig und auch verdient nach so vielen Einschränkungen und traurigen Erfahrungen, die viele machen mussten. Hoffentlich wird das dieses Jahr noch möglich sein.
Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung im Zusammenhang mit der Pandemie?
Die Motivation in unserer Stadt und natürlich auch der ganzen Verwaltungsmannschaft möglichst hoch zu halten, um der Pandemie etwas entgegenzusetzen.
Wie haben Sie diese schwere Zeit bisher überwunden?
Das klingt vielleicht seltsam, aber ich bin in „Normalzeiten“an Abenden oder Wochenenden selten zu Hause. In gewisser Weise habe ich das ein klein wenig „genossen“, wenn man davon überhaupt sprechen darf und alles andere ausblendet.
Welche großen Aufgaben sehen Sie mit Blick auf die Pandemie auf sich als Stadtoberhaupt noch zukommen?
Alle die Bereiche wieder ins Laufen zu bekommen, die unter der Pandemie stark gelitten haben und dies noch immer tun. Dazu gehören der Einzelhandel, die Gastronomie, die Hotellerie, der Tourismus, die Kultur, die Vereine ...
Corona wird manchmal auch als technologischer Beschleuniger gesehen. Hat die Pandemie dafür gesorgt, dass sich bestimmte Bereiche schneller entwickelt haben als geplant?
Bestimmt hat sie das. Denken Sie doch nur an die Diskussion über den verstärkten Einsatz des Home Office und vieles mehr.
„Auf ein Fest, mit dem wir das Ende von Corona feiern. Das haben die Menschen in unserer Stadt dringend nötig und auch verdient.“Klaus Kaufmann
Noch ein Blick in den persönlichen Bereich: Welche Veranstaltung beziehungsweise welcher Beschäftigung möchten Sie als erstes nach Corona besuchen/nachgehen?
Nichts Bestimmtes, einfach nur wieder Normalität zu haben, alle Optionen der Freizeitgestaltung und der Beschäftigung insgesamt wieder zu haben. Ich denke, das geht jedem so.
„Wir wollen all denjenigen, die nicht in der Lage sind, an einen Impftermin zu kommen, geschweige denn sich selbstständig in ein Impfzentrum zu begeben, eine Unterstützung anbieten.“
Klaus Kaufmann
Haben Sie sich gute Vorsätze für das Jahr 2021 vorgenommen und wenn ja, welche sind das?
Ich nehme mir nie Vorsätze zu einem bestimmten Zeitpunkt oder für ein bestimmtes Ereignis vor. Ich versuche grundsätzlich so zu leben und zu handeln und meine Haltung so zu wahren, dass in allen Situationen gute Vorsätze mich leiten. Zumindest strenge ich mich sehr an, dass mir dies auch gelingt.
Und welche persönlichen Ziele wollen Sie im nun neuen Jahr 2021 verwirklichen?
Klavierspielen lernen, hoffentlich reicht die Zeit dafür.