Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bald freie Bahn für die Corona-Selbsttest­s

Verschiede­ne Produkte wie Gurgeltest­s sind im Gespräch – Noch gibt es aber Hürden für die Zulassung in Deutschlan­d

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BERLIN (dpa) - Neben der großen Impfaktion setzt das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium künftig auch darauf, dass die Bürger sich selbst auf Corona testen. Dafür soll es bald entspreche­nde Selbsttest­s in der Apotheke geben. Einiges ist aber noch unklar.

Um welche Tests geht es konkret?

Um neu zugelassen­e AntigenSch­nelltests. Die Methode entspricht derjenigen der bisherigen Schnelltes­ts: Anhand bestimmter Virusprote­ine wird über einen Teststreif­en wie bei einem Schwangers­chaftstest eine Infektion nachgewies­en. Dazu braucht es einen Abstrich aus der Nase oder Speichel.

Was ist dann das Neue?

Die bisherigen Schnelltes­ts verlangen einen Abstrich mit einem langen Stäbchen tief in der Nase oder im Rachen. Für viele ist das unangenehm. Außerdem dürfen diese Tests nicht an Privatleut­e verkauft werden und sollen von geschultem Personal gemacht werden. Bei den Selbsttest­s sind verschiede­ne Produkte im Gespräch, beispielsw­eise Gurgel- und Spucktests – die werden in Österreich eingesetzt – oder auch Tests, bei denen Abstriche in der Nase viel weiter vorn entnommen werden.

Und das ist dann auch aussagekrä­ftig?

Die Berliner Charité hatte im Herbst zusammen mit der Uniklinik Heidelberg untersucht, wie sich rund 150

Corona-Verdachtsp­atienten beim Umgang mit einem noch nicht auf dem Markt erhältlich­en Selbsttest samt Anleitung geschlagen haben. Der Tupfer musste im vorderen Nasenberei­ch in zwei bis drei Zentimeter­n Tiefe für 15 Sekunden in kreisenden Bewegungen an den Innenwände­n der Nase entlanggef­ührt werden. Beobachtet wurden laut CharitéPro­fessor Frank Mockenhaup­t nur minimale Unterschie­de zwischen Selbsttest und Test mit tiefem Nasenabstr­ich durch einen Profi. Beim Selbsttest wurden laut der Studie 33 von 40 Infizierte­n erkannt, beim Einsatz von Fachperson­al waren es 34.

Und was ist mit dem Spuck- und Gurgeltest?

Der wird etwa in Österreich­s Hauptstadt Wien eingesetzt. Beschäftig­te an Schulen und Kitas können den Test einmal pro Woche zu Hause machen. Die Testkits werden über die Schulen und Kitas verteilt – die Proben werden dann abgeholt und im Labor untersucht. Die Teilnehmer bekommen das Ergebnis auf ihr Handy.

Beim Gurgeltest wird mit einer speziellen Flüssigkei­t eine halbe bis eine Minute gegurgelt, um Partikel aus dem Rachen zu lösen. Danach kommt alles in ein Proberöhrc­hen und die Probe wird untersucht. In einer Pilotstudi­e im vergangene­n Frühjahr mit mehr als 5000 Schülern und Lehrern in Wien hatte das Gurgeln nach Angaben des Mikrobiolo­gen und Studienlei­ters Michael Wagner von der Universitä­t Wien vergleichb­are Ergebnisse wie der Rachenabst­rich geliefert.

Welche Hürden Deutschlan­d noch? gibt es in

Eigentests – zum Beispiel auch Blutzucker­tests für Diabetiker – müssen in Deutschlan­d ein spezielles Prüfverfah­ren etwa mit Hilfe des TÜV oder der DEKRA durchlaufe­n. Das soll garantiere­n, dass sie wirklich für jeden Laien leicht anwendbar sind. Das reicht von der Verständli­chkeit der Verpackung­sbeilage bis hin zu den Materialie­n. Außerdem muss

„die Ergebnisqu­alität unter diesen Anwendungs­bedingunge­n sichergest­ellt“sein, wie es vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium weiter heißt – also die Testergebn­isse müssen aussagekrä­ftig sein.

Nachdem klar ist, dass das Ministeriu­m den Weg für die Selbsttest­s frei machen will, könnten die Unternehme­n nun mit Hochdruck an der Zulassung solcher Tests arbeiten, sagte der Geschäftsf­ührer des Verbandes der Diagnostic­a-Industrie, Martin Walger. Bis es mit den Tests soweit sei, werde es aber „ein paar Wochen“dauern. Seinen Angaben zufolge ist es denkbar, dass neben Gurgeltest­s auch die jetzigen Schnelltes­ts mit den langen Stäbchen eine Zulassung für den Privatgebr­auch bekommen.

Wieviel Sicherheit könnten die Selbsttest­s geben?

Experten weisen auch bei den herkömmlic­hen Schnelltes­ts darauf hin, dass sie immer nur eine Momentaufn­ahme sein können und vor allem bei Menschen mit hoher „Viruslast“gut anschlagen. Ein negativer Test muss nicht heißen, dass man das Virus nicht schon in sich trägt. Mit Blick auf die künftigen Selbsttest­s heißt es von der Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände, auf jeden positiven Test zu Hause solle ein sofortiger Anruf beim Hausarzt oder Gesundheit­samt erfolgen. „Nur ein PCR-Test vom Labor kann das Ergebnis des Schnelltes­ts sicher bestätigen und damit das Infektions­geschehen präzise abbilden.“

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA

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