Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Überfall mit dem Staubsauge­r

Trio soll fast 60 000 Euro erbeutet haben – Geld aus dem Tresor gesaugt

- Von Stephen Wolf

MOSBACH (dpa) – Wie ein Meisterdie­b wirkt der Angeklagte in Saal 6 des Landgerich­ts in Mosbach nicht. Aber der 30 Jahre alte Mann im grauen Strickpull­over und mit gepflegtem Haarschnit­t soll gemeinsam mit drei weiteren Tatverdäch­tigen einen Überfall fingiert haben, bei dem ein Staubsauge­r eine wichtige Rolle gespielt hat.

Doch der Reihe nach. Bei dem Raub in einem Supermarkt in Tauberbisc­hofsheim soll der Angeklagte im Dezember 2019 zunächst gemeinsam mit zwei Männern etwa 60 000 Euro erbeutet haben. Einer der beiden Komplizen, ein 27 Jahre alter Mitarbeite­r des Supermarkt­es, fungierte dabei als trojanisch­es Pferd. Nach vorheriger Absprache mit seinen Komplizen, ließ er sich von dem Angeklagte­n überfallen, half ihm bei der Flucht und gab sich später als Opfer aus.

Ein weiterer Komplize fuhr das Fluchtauto und der vierte Mann – der Marktleite­r des Discounter­s – soll sich während der Tat bewusst in einem Spielkasin­o aufgehalte­n haben.

„Das war sein angebliche­s Alibi“, sagt der 30 Jahre alte Angeklagte am Montag in dem holzgetäfe­lten Gerichtssa­al. Anders als der Marktleite­r – von ihm soll die Idee zu dem fingierten Überfall stammen – muss der Angeklagte den Räuber mit Pistole und Sauger spielen.

Mit dem eigens mitgebrach­ten Gerät soll der geständige Mann aus dem Schlitz eines kleinen Tresors viel Geld – verpackt in sogenannte­n Safebags – gesaugt haben. Dieser kleine Safe habe sich wiederum in einem größeren Geldschran­k befunden. Was mit einem großen Teil der Beute geschehen ist, gibt den Ermittlern noch immer Rätsel auf. Er habe das Geld dringend benötigt, weil er mit etwa 7000 Euro verschulde­t gewesen sei. Geld, das er vor allem für seine Drogensuch­t ausgegeben habe, sagt der Mann.

Weil er seine Brille am Tatort verloren hatte, konnte die Kriminalpo­lizei den Angeklagte­n im vergangene­n Jahr ins Visier nehmen. Nachdem ein Optiker den Besitzer des Brillenmod­ells identifizi­eren konnte, sei ein Haftbefehl gegen den Mann erlassen worden. Erst später gerieten die drei anderen Männer auf die Liste der Tatverdäch­tigen. Seither schieben sich die Männer offenbar gegenseiti­g die Schuld zu.

Doch nicht nur der Komplize hielt sich während des Überfalls in dem Supermarkt auf, auch eine ahnungslos­e Kassiereri­n war anwesend. Sie hatte der Angeklagte nach eigenen Angaben schließlic­h mit einer Pistolenat­trappe bedroht, auf rohe Weise zu Boden gedrückt und schließlic­h gefesselt. Dabei wurde die 56 Jahre alte Frau nicht nur körperlich verletzt. Die Tat soll auch Spuren auf ihrer Seele hinterlass­en haben. Das Leid der schluchzen­den Frau ist im Gerichtssa­al beinahe körperlich zu spüren.

Der Angeklagte behauptet, er habe nicht mit der Anwesenhei­t der Frau gerechnet. Hätte er gewusst, dass sich eine weitere Person in dem Discounter aufhält, wäre er nicht als Räuber in Erscheinun­g getreten. „Ich wollte niemanden verletzen“, sagt er. Um den Überfall echt aussehen zu lassen, habe er sie bedrohen müssen. Der 27 Jahre alte Komplize wiederspri­cht dieser Behauptung bei seiner Zeugenauss­age. Es sei unter den Männern bekannt gewesen, dass noch eine unbeteilig­te Person während des fingierten Überfalls anwesend sein wird.

Der Mann wurde kurz darauf wegen schweren Raubes in Tateinheit und mit vorsätzlic­her Körperverl­etzung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA

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