Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zurück in die Zukunft
Die Corona-Pandemie wird nicht das Ende der Globalisierung einleiten. Zu vorteilhaft ist die internationale Arbeitsteilung für Unternehmen und Konzerne, zu eng vernetzt sind weltweit Produktion und Märkte. Um Korrekturen wird die Wirtschaft in der Folge der Krise allerdings nicht herumkommen. Denn die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern oder Ländern kann schnell zu einem Herd der Instabilität werden. Wenn die Lieferketten nicht einwandfrei funktionieren, kommt es generell zu schnell zu kostspieligen Einbußen.
Das jüngste Beispiel liefert – und das übrigens nicht nur hierzulande – die Automobilindustrie. Die Branche ist auf die Halbleiterlieferungen aus Asien angewiesen. Doch die Chips kommen derzeit nicht im benötigten Umfang an, da sich die Hersteller bereits vor Monaten vor allem darauf fokussiert haben, Halbleiter für Unterhaltungselektronikgeräte zu produzieren. Nun fehlen die Kapazitäten für andere Branchen.
Im vergangenen Jahr gab es ähnliche Erfahrungen mit anderen Produkten, etwa den für die Arzneimittelproduktion wichtigen Grundstoffen, die mittlerweile vornehmlich in Indien angemischt werden. Als Antwort auf diese Krise wurde in Deutschland von einigen Politikern schnell die Renationalisierung der gesamten Arzneimittelproduktion gefordert. Doch diese simple Lösung wäre wohl gleichbedeutend mit dem Ende der Globalisierung und würde einen deutlichen Wohlstandsverlust mit sich bringen.
Stattdessen müssen Unternehmen und Politiker einzelne Märkte genau betrachten. Bei einer kritischen Abhängigkeit, wie sie bei Pharmaprodukten oder eben den Vorprodukten von Elektronik entstanden ist, sollte die Fertigung auch in Europa angesiedelt werden. Das ist nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sondern verringert auch das politische Erpressungspotenzial. Die Europäische Union geht bei der Fertigung von Batterien für die E-Mobilität nun exakt diesen Weg. Dies geschieht spät, aber nicht zu spät. Bei Halbleitern wäre es jetzt ebenfalls an der Zeit.
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